Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Rasen stand und den Rest in die Gläser ein¬
schenkte. "Auf eine glückliche Ankunft!" rief er aus, sie
stießen mit den Gläsern zusammen, es gab einen schö¬
nen Klang. Darauf schleuderte Leonhard die leere
Flasche hoch ins Morgenroth, daß es lustig in der Luft
funkelte.

Endlich setzten sie sich auf ihre Pferde, und ich
marschirte frisch wieder neben her. Gerade vor uns
lag ein unübersehliches Thal, in das wir nun hinun¬
ter zogen. Da war ein Blitzen und Rauschen und
Schimmern und Jubiliren! Mir war so kühl und
fröhlich zu Muthe, als sollt' ich von dem Berge in die
prächtige Gegend hinausfliegen.


Viertes Kapitel.

Nun Ade, Mühle und Schloß und Portier! Nun
ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und
links flogen Dörfer, Städte und Weingärten vorbei,
daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die
beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit
einem prächtigen Postillon, ich hoch oben auf dem
Kutschbock, daß ich oft Ellenhoch in die Höhe flog.

Das war so zugegangen: Als wir vor B. ankom¬
men, kommt schon am Dorfe ein langer, dürrer, gräm¬
licher Herr im grünen Flauschrock uns entgegen, macht
viele Bücklinge vor den Herrn Malern und führt uns
in das Dorf hinein. Da stand unter den hohen Lin¬

dem Raſen ſtand und den Reſt in die Glaͤſer ein¬
ſchenkte. „Auf eine gluͤckliche Ankunft!“ rief er aus, ſie
ſtießen mit den Glaͤſern zuſammen, es gab einen ſchoͤ¬
nen Klang. Darauf ſchleuderte Leonhard die leere
Flaſche hoch ins Morgenroth, daß es luſtig in der Luft
funkelte.

Endlich ſetzten ſie ſich auf ihre Pferde, und ich
marſchirte friſch wieder neben her. Gerade vor uns
lag ein unuͤberſehliches Thal, in das wir nun hinun¬
ter zogen. Da war ein Blitzen und Rauſchen und
Schimmern und Jubiliren! Mir war ſo kuͤhl und
froͤhlich zu Muthe, als ſollt' ich von dem Berge in die
praͤchtige Gegend hinausfliegen.


Viertes Kapitel.

Nun Ade, Muͤhle und Schloß und Portier! Nun
ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und
links flogen Doͤrfer, Staͤdte und Weingaͤrten vorbei,
daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die
beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit
einem praͤchtigen Poſtillon, ich hoch oben auf dem
Kutſchbock, daß ich oft Ellenhoch in die Hoͤhe flog.

Das war ſo zugegangen: Als wir vor B. ankom¬
men, kommt ſchon am Dorfe ein langer, duͤrrer, graͤm¬
licher Herr im gruͤnen Flauſchrock uns entgegen, macht
viele Buͤcklinge vor den Herrn Malern und fuͤhrt uns
in das Dorf hinein. Da ſtand unter den hohen Lin¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0062" n="52"/>
dem Ra&#x017F;en &#x017F;tand und den Re&#x017F;t in die Gla&#x0364;&#x017F;er ein¬<lb/>
&#x017F;chenkte. &#x201E;Auf eine glu&#x0364;ckliche Ankunft!&#x201C; rief er aus, &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;tießen mit den Gla&#x0364;&#x017F;ern zu&#x017F;ammen, es gab einen &#x017F;cho&#x0364;¬<lb/>
nen Klang. Darauf &#x017F;chleuderte Leonhard die leere<lb/>
Fla&#x017F;che hoch ins Morgenroth, daß es lu&#x017F;tig in der Luft<lb/>
funkelte.</p><lb/>
          <p>Endlich &#x017F;etzten &#x017F;ie &#x017F;ich auf ihre Pferde, und ich<lb/>
mar&#x017F;chirte fri&#x017F;ch wieder neben her. Gerade vor uns<lb/>
lag ein unu&#x0364;ber&#x017F;ehliches Thal, in das wir nun hinun¬<lb/>
ter zogen. Da war ein Blitzen und Rau&#x017F;chen und<lb/>
Schimmern und Jubiliren! Mir war &#x017F;o ku&#x0364;hl und<lb/>
fro&#x0364;hlich zu Muthe, als &#x017F;ollt' ich von dem Berge in die<lb/>
pra&#x0364;chtige Gegend hinausfliegen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Viertes Kapitel.</hi><lb/>
          </head>
          <p>Nun Ade, Mu&#x0364;hle und Schloß und Portier! Nun<lb/>
ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und<lb/>
links flogen Do&#x0364;rfer, Sta&#x0364;dte und Weinga&#x0364;rten vorbei,<lb/>
daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die<lb/>
beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit<lb/>
einem pra&#x0364;chtigen Po&#x017F;tillon, ich hoch oben auf dem<lb/>
Kut&#x017F;chbock, daß ich oft Ellenhoch in die Ho&#x0364;he flog.</p><lb/>
          <p>Das war &#x017F;o zugegangen: Als wir vor B. ankom¬<lb/>
men, kommt &#x017F;chon am Dorfe ein langer, du&#x0364;rrer, gra&#x0364;<lb/>
licher Herr im gru&#x0364;nen Flau&#x017F;chrock uns entgegen, macht<lb/>
viele Bu&#x0364;cklinge vor den Herrn Malern und fu&#x0364;hrt uns<lb/>
in das Dorf hinein. Da &#x017F;tand unter den hohen Lin¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0062] dem Raſen ſtand und den Reſt in die Glaͤſer ein¬ ſchenkte. „Auf eine gluͤckliche Ankunft!“ rief er aus, ſie ſtießen mit den Glaͤſern zuſammen, es gab einen ſchoͤ¬ nen Klang. Darauf ſchleuderte Leonhard die leere Flaſche hoch ins Morgenroth, daß es luſtig in der Luft funkelte. Endlich ſetzten ſie ſich auf ihre Pferde, und ich marſchirte friſch wieder neben her. Gerade vor uns lag ein unuͤberſehliches Thal, in das wir nun hinun¬ ter zogen. Da war ein Blitzen und Rauſchen und Schimmern und Jubiliren! Mir war ſo kuͤhl und froͤhlich zu Muthe, als ſollt' ich von dem Berge in die praͤchtige Gegend hinausfliegen. Viertes Kapitel. Nun Ade, Muͤhle und Schloß und Portier! Nun ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und links flogen Doͤrfer, Staͤdte und Weingaͤrten vorbei, daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit einem praͤchtigen Poſtillon, ich hoch oben auf dem Kutſchbock, daß ich oft Ellenhoch in die Hoͤhe flog. Das war ſo zugegangen: Als wir vor B. ankom¬ men, kommt ſchon am Dorfe ein langer, duͤrrer, graͤm¬ licher Herr im gruͤnen Flauſchrock uns entgegen, macht viele Buͤcklinge vor den Herrn Malern und fuͤhrt uns in das Dorf hinein. Da ſtand unter den hohen Lin¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/62
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/62>, abgerufen am 21.11.2024.