dem Rasen stand und den Rest in die Gläser ein¬ schenkte. "Auf eine glückliche Ankunft!" rief er aus, sie stießen mit den Gläsern zusammen, es gab einen schö¬ nen Klang. Darauf schleuderte Leonhard die leere Flasche hoch ins Morgenroth, daß es lustig in der Luft funkelte.
Endlich setzten sie sich auf ihre Pferde, und ich marschirte frisch wieder neben her. Gerade vor uns lag ein unübersehliches Thal, in das wir nun hinun¬ ter zogen. Da war ein Blitzen und Rauschen und Schimmern und Jubiliren! Mir war so kühl und fröhlich zu Muthe, als sollt' ich von dem Berge in die prächtige Gegend hinausfliegen.
Viertes Kapitel.
Nun Ade, Mühle und Schloß und Portier! Nun ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und links flogen Dörfer, Städte und Weingärten vorbei, daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit einem prächtigen Postillon, ich hoch oben auf dem Kutschbock, daß ich oft Ellenhoch in die Höhe flog.
Das war so zugegangen: Als wir vor B. ankom¬ men, kommt schon am Dorfe ein langer, dürrer, gräm¬ licher Herr im grünen Flauschrock uns entgegen, macht viele Bücklinge vor den Herrn Malern und führt uns in das Dorf hinein. Da stand unter den hohen Lin¬
dem Raſen ſtand und den Reſt in die Glaͤſer ein¬ ſchenkte. „Auf eine gluͤckliche Ankunft!“ rief er aus, ſie ſtießen mit den Glaͤſern zuſammen, es gab einen ſchoͤ¬ nen Klang. Darauf ſchleuderte Leonhard die leere Flaſche hoch ins Morgenroth, daß es luſtig in der Luft funkelte.
Endlich ſetzten ſie ſich auf ihre Pferde, und ich marſchirte friſch wieder neben her. Gerade vor uns lag ein unuͤberſehliches Thal, in das wir nun hinun¬ ter zogen. Da war ein Blitzen und Rauſchen und Schimmern und Jubiliren! Mir war ſo kuͤhl und froͤhlich zu Muthe, als ſollt' ich von dem Berge in die praͤchtige Gegend hinausfliegen.
Viertes Kapitel.
Nun Ade, Muͤhle und Schloß und Portier! Nun ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und links flogen Doͤrfer, Staͤdte und Weingaͤrten vorbei, daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit einem praͤchtigen Poſtillon, ich hoch oben auf dem Kutſchbock, daß ich oft Ellenhoch in die Hoͤhe flog.
Das war ſo zugegangen: Als wir vor B. ankom¬ men, kommt ſchon am Dorfe ein langer, duͤrrer, graͤm¬ licher Herr im gruͤnen Flauſchrock uns entgegen, macht viele Buͤcklinge vor den Herrn Malern und fuͤhrt uns in das Dorf hinein. Da ſtand unter den hohen Lin¬
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dem Raſen ſtand und den Reſt in die Glaͤſer ein¬
ſchenkte. „Auf eine gluͤckliche Ankunft!“ rief er aus, ſie
ſtießen mit den Glaͤſern zuſammen, es gab einen ſchoͤ¬
nen Klang. Darauf ſchleuderte Leonhard die leere
Flaſche hoch ins Morgenroth, daß es luſtig in der Luft
funkelte.
Endlich ſetzten ſie ſich auf ihre Pferde, und ich
marſchirte friſch wieder neben her. Gerade vor uns
lag ein unuͤberſehliches Thal, in das wir nun hinun¬
ter zogen. Da war ein Blitzen und Rauſchen und
Schimmern und Jubiliren! Mir war ſo kuͤhl und
froͤhlich zu Muthe, als ſollt' ich von dem Berge in die
praͤchtige Gegend hinausfliegen.
Viertes Kapitel.
Nun Ade, Muͤhle und Schloß und Portier! Nun
ging's, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und
links flogen Doͤrfer, Staͤdte und Weingaͤrten vorbei,
daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die
beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit
einem praͤchtigen Poſtillon, ich hoch oben auf dem
Kutſchbock, daß ich oft Ellenhoch in die Hoͤhe flog.
Das war ſo zugegangen: Als wir vor B. ankom¬
men, kommt ſchon am Dorfe ein langer, duͤrrer, graͤm¬
licher Herr im gruͤnen Flauſchrock uns entgegen, macht
viele Buͤcklinge vor den Herrn Malern und fuͤhrt uns
in das Dorf hinein. Da ſtand unter den hohen Lin¬
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/62>, abgerufen am 03.07.2024.
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