Es schienen so golden die Sterne, Am Fenster ich einsam stand Und hörte aus weiter Ferne Ein Posthorn im stillen Land. Das Herz mir im Leib entbrennte, Da hab' ich mir heimlich gedacht: Ach wer da mitreisen könnte In der prächtigen Sommernacht!
Zwei junge Gesellen gingen Vorüber am Bergeshang, Ich hörte im Wandern sie singen Die stille Gegend entlang: Von schwindelnden Felsenschlüften, Wo die Wälder rauschen so sacht, Von Quellen, die von den Klüften Sich stürzen in die Waldesnacht.
Sie sangen von Marmorbildern, Von Gärten, die über'm Gestein In dämmernden Lauben verwildern, Palästen im Mondenschein, Wo die Mädchen am Fenster lauschen, Wann der Lauten Klang erwacht Und die Brunnen verschlafen rauschen In der prächtigen Sommernacht. --
3 *
Sehnſucht.
Es ſchienen ſo golden die Sterne, Am Fenſter ich einſam ſtand Und hoͤrte aus weiter Ferne Ein Poſthorn im ſtillen Land. Das Herz mir im Leib entbrennte, Da hab' ich mir heimlich gedacht: Ach wer da mitreiſen koͤnnte In der praͤchtigen Sommernacht!
Zwei junge Geſellen gingen Voruͤber am Bergeshang, Ich hoͤrte im Wandern ſie ſingen Die ſtille Gegend entlang: Von ſchwindelnden Felſenſchluͤften, Wo die Waͤlder rauſchen ſo ſacht, Von Quellen, die von den Kluͤften Sich ſtuͤrzen in die Waldesnacht.
Sie ſangen von Marmorbildern, Von Gaͤrten, die uͤber'm Geſtein In daͤmmernden Lauben verwildern, Palaͤſten im Mondenſchein, Wo die Maͤdchen am Fenſter lauſchen, Wann der Lauten Klang erwacht Und die Brunnen verſchlafen rauſchen In der praͤchtigen Sommernacht. —
3 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0053"n="35"/></div><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Sehnſucht</hi><hirendition="#b">.</hi><lb/></head><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">E</hi>s ſchienen ſo golden die Sterne,</l><lb/><l>Am Fenſter ich einſam ſtand</l><lb/><l>Und hoͤrte aus weiter Ferne</l><lb/><l>Ein Poſthorn im ſtillen Land.</l><lb/><l>Das Herz mir im Leib entbrennte,</l><lb/><l>Da hab' ich mir heimlich gedacht:</l><lb/><l>Ach wer da mitreiſen koͤnnte</l><lb/><l>In der praͤchtigen Sommernacht!</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Zwei junge Geſellen gingen</l><lb/><l>Voruͤber am Bergeshang,</l><lb/><l>Ich hoͤrte im Wandern ſie ſingen</l><lb/><l>Die ſtille Gegend entlang:</l><lb/><l>Von ſchwindelnden Felſenſchluͤften,</l><lb/><l>Wo die Waͤlder rauſchen ſo ſacht,</l><lb/><l>Von Quellen, die von den Kluͤften</l><lb/><l>Sich ſtuͤrzen in die Waldesnacht.</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Sie ſangen von Marmorbildern,</l><lb/><l>Von Gaͤrten, die uͤber'm Geſtein</l><lb/><l>In daͤmmernden Lauben verwildern,</l><lb/><l>Palaͤſten im Mondenſchein,</l><lb/><l>Wo die Maͤdchen am Fenſter lauſchen,</l><lb/><l>Wann der Lauten Klang erwacht</l><lb/><l>Und die Brunnen verſchlafen rauſchen</l><lb/><l>In der praͤchtigen Sommernacht. —</l><lb/></lg></lg><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="sig">3 *<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[35/0053]
Sehnſucht.
Es ſchienen ſo golden die Sterne,
Am Fenſter ich einſam ſtand
Und hoͤrte aus weiter Ferne
Ein Poſthorn im ſtillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab' ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreiſen koͤnnte
In der praͤchtigen Sommernacht!
Zwei junge Geſellen gingen
Voruͤber am Bergeshang,
Ich hoͤrte im Wandern ſie ſingen
Die ſtille Gegend entlang:
Von ſchwindelnden Felſenſchluͤften,
Wo die Waͤlder rauſchen ſo ſacht,
Von Quellen, die von den Kluͤften
Sich ſtuͤrzen in die Waldesnacht.
Sie ſangen von Marmorbildern,
Von Gaͤrten, die uͤber'm Geſtein
In daͤmmernden Lauben verwildern,
Palaͤſten im Mondenſchein,
Wo die Maͤdchen am Fenſter lauſchen,
Wann der Lauten Klang erwacht
Und die Brunnen verſchlafen rauſchen
In der praͤchtigen Sommernacht. —
3 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/53>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.