Es war ein zartes Vögelein, Das saß in Lieb' gefangen, Ein Knabe hegt' und pflegt' sich's fein Wohl hinter gold'nen Stangen.
Und draußen hört's auf grünem Plan Verschied'ner Vögel Weisen, Sah Tag und Nacht den Knaben an, Mocht' nicht mit ihnen reisen.
Und als der Frühling weit und breit Von neuem schien und schwärmte, Da that dem Knaben 's Vöglein leid, Daß es kein Strahl erwärmte.
Da nahm er aus dem stillen Haus Das Vöglein fromm und treue, Und schweift' mit ihm durch's Feld hinaus In's himmelblaue Freie.
Er setzt' es vor sich auf die Hand, Da wend't und putzt sich's feine, In bunten Farben spielt' und brannt' Sein Kleid im Sonnenscheine.
Doch aus dem Wald ein Singen rief, Bunt' Vöglein zieh'n und reisen, Das lockt so hell, das lockt so tief In wundersüßen Weisen.
Der Knabe.
Es war ein zartes Voͤgelein, Das ſaß in Lieb' gefangen, Ein Knabe hegt' und pflegt' ſich's fein Wohl hinter gold'nen Stangen.
Und draußen hoͤrt's auf gruͤnem Plan Verſchied'ner Voͤgel Weiſen, Sah Tag und Nacht den Knaben an, Mocht' nicht mit ihnen reiſen.
Und als der Fruͤhling weit und breit Von neuem ſchien und ſchwaͤrmte, Da that dem Knaben 's Voͤglein leid, Daß es kein Strahl erwaͤrmte.
Da nahm er aus dem ſtillen Haus Das Voͤglein fromm und treue, Und ſchweift' mit ihm durch's Feld hinaus In's himmelblaue Freie.
Er ſetzt' es vor ſich auf die Hand, Da wend't und putzt ſich's feine, In bunten Farben ſpielt' und brannt' Sein Kleid im Sonnenſcheine.
Doch aus dem Wald ein Singen rief, Bunt' Voͤglein zieh'n und reiſen, Das lockt ſo hell, das lockt ſo tief In wunderſuͤßen Weiſen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0285"n="267"/></div><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Der Knabe</hi><hirendition="#b">.</hi><lb/></head><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">E</hi>s war ein zartes Voͤgelein,</l><lb/><l>Das ſaß in Lieb' gefangen,</l><lb/><l>Ein Knabe hegt' und pflegt' ſich's fein</l><lb/><l>Wohl hinter gold'nen Stangen.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Und draußen hoͤrt's auf gruͤnem Plan</l><lb/><l>Verſchied'ner Voͤgel Weiſen,</l><lb/><l>Sah Tag und Nacht den Knaben an,</l><lb/><l>Mocht' nicht mit ihnen reiſen.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Und als der Fruͤhling weit und breit</l><lb/><l>Von neuem ſchien und ſchwaͤrmte,</l><lb/><l>Da that dem Knaben 's Voͤglein leid,</l><lb/><l>Daß es kein Strahl erwaͤrmte.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Da nahm er aus dem ſtillen Haus</l><lb/><l>Das Voͤglein fromm und treue,</l><lb/><l>Und ſchweift' mit ihm durch's Feld hinaus</l><lb/><l>In's himmelblaue Freie.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Er ſetzt' es vor ſich auf die Hand,</l><lb/><l>Da wend't und putzt ſich's feine,</l><lb/><l>In bunten Farben ſpielt' und brannt'</l><lb/><l>Sein Kleid im Sonnenſcheine.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Doch aus dem Wald ein Singen rief,</l><lb/><l>Bunt' Voͤglein zieh'n und reiſen,</l><lb/><l>Das lockt ſo hell, das lockt ſo tief</l><lb/><l>In wunderſuͤßen Weiſen.</l><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[267/0285]
Der Knabe.
Es war ein zartes Voͤgelein,
Das ſaß in Lieb' gefangen,
Ein Knabe hegt' und pflegt' ſich's fein
Wohl hinter gold'nen Stangen.
Und draußen hoͤrt's auf gruͤnem Plan
Verſchied'ner Voͤgel Weiſen,
Sah Tag und Nacht den Knaben an,
Mocht' nicht mit ihnen reiſen.
Und als der Fruͤhling weit und breit
Von neuem ſchien und ſchwaͤrmte,
Da that dem Knaben 's Voͤglein leid,
Daß es kein Strahl erwaͤrmte.
Da nahm er aus dem ſtillen Haus
Das Voͤglein fromm und treue,
Und ſchweift' mit ihm durch's Feld hinaus
In's himmelblaue Freie.
Er ſetzt' es vor ſich auf die Hand,
Da wend't und putzt ſich's feine,
In bunten Farben ſpielt' und brannt'
Sein Kleid im Sonnenſcheine.
Doch aus dem Wald ein Singen rief,
Bunt' Voͤglein zieh'n und reiſen,
Das lockt ſo hell, das lockt ſo tief
In wunderſuͤßen Weiſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/285>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.