Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Herrmanns Enkel. Altdeutsch! -- Altdeutsch? -- Nun, das ist,
Was man so in Büchern liest: -- Kluge Rosse -- prächt'ge Decken, Händel, Kruzifixe, Recken -- O, wie herrlich strahlt dies Leben! Göttlich! -- Doch mit Unterschied. Es versteht sich, daß man's deute -- 'S wär' doch gar zu unbequem, Wenn man Alles wörtlich nähm', Wie's da durcheinander blüht! -- Diese Ritter -- gute Leute, Ehrlich, tapfer, brave Reiter -- Gegen uns doch Bärenhäuter! Eigentlich sind wir wohl weiter. Lehnstreu -- Klöster -- Barbarei -- Davon machen wir uns frei. -- Fangen wir so an zu sichten: Fürcht' ich, bleibt es bei Gedichten -- Nein doch! Eines, geht mir bei, Eines bleibt doch: Dies Vernichten Aller Mode-Sklaverei! -- Hohe Vaterländerei! Schnittst Du los nicht Herrmanns Söhne Von des Halstuchs schnöden Schlingen, In den'n, sonder Kraft und Schöne, Unsre Väter schmählich hingen? Gabst Du nicht dem Löwen Mähne, Die ihm frech die Zeit gestohlen? Herrmanns Enkel. Altdeutſch! — Altdeutſch? — Nun, das iſt,
Was man ſo in Buͤchern lieſt: — Kluge Roſſe — praͤcht'ge Decken, Haͤndel, Kruzifixe, Recken — O, wie herrlich ſtrahlt dies Leben! Goͤttlich! — Doch mit Unterſchied. Es verſteht ſich, daß man's deute — 'S waͤr' doch gar zu unbequem, Wenn man Alles woͤrtlich naͤhm', Wie's da durcheinander bluͤht! — Dieſe Ritter — gute Leute, Ehrlich, tapfer, brave Reiter — Gegen uns doch Baͤrenhaͤuter! Eigentlich ſind wir wohl weiter. Lehnstreu — Kloͤſter — Barbarei — Davon machen wir uns frei. — Fangen wir ſo an zu ſichten: Fuͤrcht' ich, bleibt es bei Gedichten — Nein doch! Eines, geht mir bei, Eines bleibt doch: Dies Vernichten Aller Mode-Sklaverei! — Hohe Vaterlaͤnderei! Schnittſt Du los nicht Herrmanns Soͤhne Von des Halstuchs ſchnoͤden Schlingen, In den'n, ſonder Kraft und Schoͤne, Unſre Vaͤter ſchmaͤhlich hingen? Gabſt Du nicht dem Loͤwen Maͤhne, Die ihm frech die Zeit geſtohlen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0205" n="187"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Herrmanns Enkel</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">A</hi>ltdeutſch! — Altdeutſch? — Nun, das iſt,</l><lb/> <l>Was man ſo in Buͤchern lieſt: —</l><lb/> <l>Kluge Roſſe — praͤcht'ge Decken,</l><lb/> <l>Haͤndel, Kruzifixe, Recken —</l><lb/> <l>O, wie herrlich ſtrahlt dies Leben!</l><lb/> <l>Goͤttlich! — Doch mit Unterſchied.</l><lb/> <l>Es verſteht ſich, daß man's deute —</l><lb/> <l>'S waͤr' doch gar zu unbequem,</l><lb/> <l>Wenn man Alles woͤrtlich naͤhm',</l><lb/> <l>Wie's da durcheinander bluͤht! —</l><lb/> <l>Dieſe Ritter — gute Leute,</l><lb/> <l>Ehrlich, tapfer, brave Reiter —</l><lb/> <l>Gegen uns doch Baͤrenhaͤuter!</l><lb/> <l>Eigentlich ſind wir wohl weiter.</l><lb/> <l>Lehnstreu — Kloͤſter — Barbarei —</l><lb/> <l>Davon machen wir uns frei. —</l><lb/> <l>Fangen wir <hi rendition="#g">ſo</hi> an zu ſichten:</l><lb/> <l>Fuͤrcht' ich, bleibt es bei Gedichten —</l><lb/> <l>Nein doch! Eines, geht mir bei,</l><lb/> <l>Eines bleibt doch: Dies Vernichten</l><lb/> <l>Aller Mode-Sklaverei! —</l><lb/> <l>Hohe Vaterlaͤnderei!</l><lb/> <l>Schnittſt Du los nicht Herrmanns Soͤhne</l><lb/> <l>Von des Halstuchs ſchnoͤden Schlingen,</l><lb/> <l>In den'n, ſonder Kraft und Schoͤne,</l><lb/> <l>Unſre Vaͤter ſchmaͤhlich hingen?</l><lb/> <l>Gabſt Du nicht dem Loͤwen Maͤhne,</l><lb/> <l>Die ihm frech die Zeit geſtohlen?</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0205]
Herrmanns Enkel.
Altdeutſch! — Altdeutſch? — Nun, das iſt,
Was man ſo in Buͤchern lieſt: —
Kluge Roſſe — praͤcht'ge Decken,
Haͤndel, Kruzifixe, Recken —
O, wie herrlich ſtrahlt dies Leben!
Goͤttlich! — Doch mit Unterſchied.
Es verſteht ſich, daß man's deute —
'S waͤr' doch gar zu unbequem,
Wenn man Alles woͤrtlich naͤhm',
Wie's da durcheinander bluͤht! —
Dieſe Ritter — gute Leute,
Ehrlich, tapfer, brave Reiter —
Gegen uns doch Baͤrenhaͤuter!
Eigentlich ſind wir wohl weiter.
Lehnstreu — Kloͤſter — Barbarei —
Davon machen wir uns frei. —
Fangen wir ſo an zu ſichten:
Fuͤrcht' ich, bleibt es bei Gedichten —
Nein doch! Eines, geht mir bei,
Eines bleibt doch: Dies Vernichten
Aller Mode-Sklaverei! —
Hohe Vaterlaͤnderei!
Schnittſt Du los nicht Herrmanns Soͤhne
Von des Halstuchs ſchnoͤden Schlingen,
In den'n, ſonder Kraft und Schoͤne,
Unſre Vaͤter ſchmaͤhlich hingen?
Gabſt Du nicht dem Loͤwen Maͤhne,
Die ihm frech die Zeit geſtohlen?
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