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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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sich zu ihnen, und, eh' ich's mich versehe, hat er
Händel unter ihnen angestiftet, und hat dann keine
Courage sie auszufechten. Wenn er recht vergnügt ist,
zieht er gar seine verfluchte Geige hervor, und spielt
tolles Zeug auf. Hol' der Teufel alle Phantasten!

Hiermit kehrte der Wirth wieder in seine Höhle
zurück, und die beiden Freunde bemerkten bei dem
hellen Mondschein, wie der unbekannte Musikus so
eben zum Stadtthor hinauswanderte. Ein herrlicher
Narr! rief Fortunat aus, dem Wanderer noch immer
nachsehend. Laß' die Fledermäuse, erwiederte Walter,
sie gerathen uns sonst noch in die Haare. Komm'
nun nach Haus, es ist schon spät, und ich habe noch
alle Hände voll zu thun für morgen.

Auf Walters Stube ging nun ein fröhliches Ru¬
moren an. Die alte Aufwärterin wurde herbeigerufen,
Befehle wurden ertheilt, Briefe versiegelt, und Akten
und Wäsche gepackt, wobei Fortunat, in der Vor¬
freude der bevorstehenden unerwarteten Fahrt, zur
Verwunderung der Alten wüthend half. Der weitge¬
stirnte Himmel sah indeß durch die offenen Fenster
herein, der Brunnen rauschte vom einsamen Markte,
während die Nachtigallen in den Gärten schlugen,
und Fortunaten war es dazwischen, als ginge draußen
das Geigenspiel des wunderlichen Musikanten noch ein¬
mal fern über die stillen Höhen.


ſich zu ihnen, und, eh' ich's mich verſehe, hat er
Haͤndel unter ihnen angeſtiftet, und hat dann keine
Courage ſie auszufechten. Wenn er recht vergnuͤgt iſt,
zieht er gar ſeine verfluchte Geige hervor, und ſpielt
tolles Zeug auf. Hol' der Teufel alle Phantaſten!

Hiermit kehrte der Wirth wieder in ſeine Hoͤhle
zuruͤck, und die beiden Freunde bemerkten bei dem
hellen Mondſchein, wie der unbekannte Muſikus ſo
eben zum Stadtthor hinauswanderte. Ein herrlicher
Narr! rief Fortunat aus, dem Wanderer noch immer
nachſehend. Laß' die Fledermaͤuſe, erwiederte Walter,
ſie gerathen uns ſonſt noch in die Haare. Komm'
nun nach Haus, es iſt ſchon ſpaͤt, und ich habe noch
alle Haͤnde voll zu thun fuͤr morgen.

Auf Walters Stube ging nun ein froͤhliches Ru¬
moren an. Die alte Aufwaͤrterin wurde herbeigerufen,
Befehle wurden ertheilt, Briefe verſiegelt, und Akten
und Waͤſche gepackt, wobei Fortunat, in der Vor¬
freude der bevorſtehenden unerwarteten Fahrt, zur
Verwunderung der Alten wuͤthend half. Der weitge¬
ſtirnte Himmel ſah indeß durch die offenen Fenſter
herein, der Brunnen rauſchte vom einſamen Markte,
waͤhrend die Nachtigallen in den Gaͤrten ſchlugen,
und Fortunaten war es dazwiſchen, als ginge draußen
das Geigenſpiel des wunderlichen Muſikanten noch ein¬
mal fern uͤber die ſtillen Hoͤhen.


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[14/0021] ſich zu ihnen, und, eh' ich's mich verſehe, hat er Haͤndel unter ihnen angeſtiftet, und hat dann keine Courage ſie auszufechten. Wenn er recht vergnuͤgt iſt, zieht er gar ſeine verfluchte Geige hervor, und ſpielt tolles Zeug auf. Hol' der Teufel alle Phantaſten! Hiermit kehrte der Wirth wieder in ſeine Hoͤhle zuruͤck, und die beiden Freunde bemerkten bei dem hellen Mondſchein, wie der unbekannte Muſikus ſo eben zum Stadtthor hinauswanderte. Ein herrlicher Narr! rief Fortunat aus, dem Wanderer noch immer nachſehend. Laß' die Fledermaͤuſe, erwiederte Walter, ſie gerathen uns ſonſt noch in die Haare. Komm' nun nach Haus, es iſt ſchon ſpaͤt, und ich habe noch alle Haͤnde voll zu thun fuͤr morgen. Auf Walters Stube ging nun ein froͤhliches Ru¬ moren an. Die alte Aufwaͤrterin wurde herbeigerufen, Befehle wurden ertheilt, Briefe verſiegelt, und Akten und Waͤſche gepackt, wobei Fortunat, in der Vor¬ freude der bevorſtehenden unerwarteten Fahrt, zur Verwunderung der Alten wuͤthend half. Der weitge¬ ſtirnte Himmel ſah indeß durch die offenen Fenſter herein, der Brunnen rauſchte vom einſamen Markte, waͤhrend die Nachtigallen in den Gaͤrten ſchlugen, und Fortunaten war es dazwiſchen, als ginge draußen das Geigenſpiel des wunderlichen Muſikanten noch ein¬ mal fern uͤber die ſtillen Hoͤhen.

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/21>, abgerufen am 26.04.2024.