Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte sich nemlich in ihrer Abwesenheit niedergesezt,
um ein Waldhornecho zu dichten. Zum Unglück fiel
es zu gleicher Zeit einem von Leontins Jägern
ein, nicht weit davon wirklich auf dem Waldhorn
zu blasen. Faber störte die nahe Musik, er rief
daher ungeduldig dem Jäger zu, stille zu seyn.
Dieser aber, der sich, wie fast alle Leute Leon¬
tins
, über Herrn Faber von jeher ärgerte, weil
er immer mit der Feder hinter'm Ohr so erbärmlich
aussah, gehorchte nicht. Da sprang Faber auf
und überhäufte ihn mit Schimpfreden. Der Jäger,
um ihn zu übertäuben, schüttelte nun statt allen
Antwort einen ganzen Schwall von verworrenen und
falschen Tönen aus seinem Horne, während Fa¬
ber
, im Gesichte überroth vor Zorn, vor ihm stand
und gestikulirte. Als der Jäger jezt seinen Herrn
erblickte, endigte er seinen Spaß und gieng fort.
Faber'n aber hatte indeß, so boshaft er auch aus¬
sah, schon längst der Zorn verlassen; denn es wa¬
ren ihm mitten in der Wuth eine Menge witziger
Schimpfwörter und komischer Grobheiten in den
Sinn gekommen, und er schimpfte tapfer fort, ohne
mehr an den Jäger zu denken, und brach end¬
lich in ein lautes Gelächter aus, in das Leontin
und Friedrich von Herzen mit einstimmten.

Am Abend sassen Leontin, Friedrich und
Faber zusammen an einem Feldtische auf der Wie¬
se am Jägerhause und aßen und tranken. Das
Abendroth schaute glühend durch die Wipfel des
Tannenwaldes, welcher die Wiese ringsumher ein¬

hatte ſich nemlich in ihrer Abweſenheit niedergeſezt,
um ein Waldhornecho zu dichten. Zum Unglück fiel
es zu gleicher Zeit einem von Leontins Jägern
ein, nicht weit davon wirklich auf dem Waldhorn
zu blaſen. Faber ſtörte die nahe Muſik, er rief
daher ungeduldig dem Jäger zu, ſtille zu ſeyn.
Dieſer aber, der ſich, wie faſt alle Leute Leon¬
tins
, über Herrn Faber von jeher ärgerte, weil
er immer mit der Feder hinter'm Ohr ſo erbärmlich
ausſah, gehorchte nicht. Da ſprang Faber auf
und überhäufte ihn mit Schimpfreden. Der Jäger,
um ihn zu übertäuben, ſchüttelte nun ſtatt allen
Antwort einen ganzen Schwall von verworrenen und
falſchen Tönen aus ſeinem Horne, während Fa¬
ber
, im Geſichte überroth vor Zorn, vor ihm ſtand
und geſtikulirte. Als der Jäger jezt ſeinen Herrn
erblickte, endigte er ſeinen Spaß und gieng fort.
Faber'n aber hatte indeß, ſo boshaft er auch aus¬
ſah, ſchon längſt der Zorn verlaſſen; denn es wa¬
ren ihm mitten in der Wuth eine Menge witziger
Schimpfwörter und komiſcher Grobheiten in den
Sinn gekommen, und er ſchimpfte tapfer fort, ohne
mehr an den Jäger zu denken, und brach end¬
lich in ein lautes Gelächter aus, in das Leontin
und Friedrich von Herzen mit einſtimmten.

Am Abend ſaſſen Leontin, Friedrich und
Faber zuſammen an einem Feldtiſche auf der Wie¬
ſe am Jägerhauſe und aßen und tranken. Das
Abendroth ſchaute glühend durch die Wipfel des
Tannenwaldes, welcher die Wieſe ringsumher ein¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0047" n="47"/>
hatte &#x017F;ich nemlich in ihrer Abwe&#x017F;enheit niederge&#x017F;ezt,<lb/>
um ein Waldhornecho zu dichten. Zum Unglück fiel<lb/>
es zu gleicher Zeit einem von <hi rendition="#g">Leontins</hi> Jägern<lb/>
ein, nicht weit davon wirklich auf dem Waldhorn<lb/>
zu bla&#x017F;en. <hi rendition="#g">Faber</hi> &#x017F;törte die nahe Mu&#x017F;ik, er rief<lb/>
daher ungeduldig dem Jäger zu, &#x017F;tille zu &#x017F;eyn.<lb/>
Die&#x017F;er aber, der &#x017F;ich, wie fa&#x017F;t alle Leute <hi rendition="#g">Leon¬<lb/>
tins</hi>, über Herrn <hi rendition="#g">Faber</hi> von jeher ärgerte, weil<lb/>
er immer mit der Feder hinter'm Ohr &#x017F;o erbärmlich<lb/>
aus&#x017F;ah, gehorchte nicht. Da &#x017F;prang <hi rendition="#g">Faber</hi> auf<lb/>
und überhäufte ihn mit Schimpfreden. Der Jäger,<lb/>
um ihn zu übertäuben, &#x017F;chüttelte nun &#x017F;tatt allen<lb/>
Antwort einen ganzen Schwall von verworrenen und<lb/>
fal&#x017F;chen Tönen aus &#x017F;einem Horne, während <hi rendition="#g">Fa¬<lb/>
ber</hi>, im Ge&#x017F;ichte überroth vor Zorn, vor ihm &#x017F;tand<lb/>
und ge&#x017F;tikulirte. Als der Jäger jezt &#x017F;einen Herrn<lb/>
erblickte, endigte er &#x017F;einen Spaß und gieng fort.<lb/><hi rendition="#g">Faber'n</hi> aber hatte indeß, &#x017F;o boshaft er auch aus¬<lb/>
&#x017F;ah, &#x017F;chon läng&#x017F;t der Zorn verla&#x017F;&#x017F;en; denn es wa¬<lb/>
ren ihm mitten in der Wuth eine Menge witziger<lb/>
Schimpfwörter und komi&#x017F;cher Grobheiten in den<lb/>
Sinn gekommen, und er &#x017F;chimpfte tapfer fort, ohne<lb/>
mehr an den Jäger zu denken, und brach end¬<lb/>
lich in ein lautes Gelächter aus, in das <hi rendition="#g">Leontin</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Friedrich</hi> von Herzen mit ein&#x017F;timmten.</p><lb/>
          <p>Am Abend &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Leontin</hi>, <hi rendition="#g">Friedrich</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Faber</hi> zu&#x017F;ammen an einem Feldti&#x017F;che auf der Wie¬<lb/>
&#x017F;e am Jägerhau&#x017F;e und aßen und tranken. Das<lb/>
Abendroth &#x017F;chaute glühend durch die Wipfel des<lb/>
Tannenwaldes, welcher die Wie&#x017F;e ringsumher ein¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0047] hatte ſich nemlich in ihrer Abweſenheit niedergeſezt, um ein Waldhornecho zu dichten. Zum Unglück fiel es zu gleicher Zeit einem von Leontins Jägern ein, nicht weit davon wirklich auf dem Waldhorn zu blaſen. Faber ſtörte die nahe Muſik, er rief daher ungeduldig dem Jäger zu, ſtille zu ſeyn. Dieſer aber, der ſich, wie faſt alle Leute Leon¬ tins, über Herrn Faber von jeher ärgerte, weil er immer mit der Feder hinter'm Ohr ſo erbärmlich ausſah, gehorchte nicht. Da ſprang Faber auf und überhäufte ihn mit Schimpfreden. Der Jäger, um ihn zu übertäuben, ſchüttelte nun ſtatt allen Antwort einen ganzen Schwall von verworrenen und falſchen Tönen aus ſeinem Horne, während Fa¬ ber, im Geſichte überroth vor Zorn, vor ihm ſtand und geſtikulirte. Als der Jäger jezt ſeinen Herrn erblickte, endigte er ſeinen Spaß und gieng fort. Faber'n aber hatte indeß, ſo boshaft er auch aus¬ ſah, ſchon längſt der Zorn verlaſſen; denn es wa¬ ren ihm mitten in der Wuth eine Menge witziger Schimpfwörter und komiſcher Grobheiten in den Sinn gekommen, und er ſchimpfte tapfer fort, ohne mehr an den Jäger zu denken, und brach end¬ lich in ein lautes Gelächter aus, in das Leontin und Friedrich von Herzen mit einſtimmten. Am Abend ſaſſen Leontin, Friedrich und Faber zuſammen an einem Feldtiſche auf der Wie¬ ſe am Jägerhauſe und aßen und tranken. Das Abendroth ſchaute glühend durch die Wipfel des Tannenwaldes, welcher die Wieſe ringsumher ein¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/47
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/47>, abgerufen am 26.04.2024.