Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.Der Bediente trat eben ein, um Friedrich'n Es weiß und räth es doch keiner, Wie mir so wohl ist, so wohl!Ach, wüßt' es nur Einer, nur Einer, Kein Mensch sonst es wissen sollt'! So still ist's nicht draussen im Schnee, So stumm und verschwiegen sindDie Sterne nicht in der Höhe, Als meine Gedanken sind. Ich wünscht', es wäre schon Morgen, Da fliegen zwey Lerchen auf,Die überfliegen einander, Mein Herze folgt ihrem Lauf. Ich wünscht', ich wäre ein Vöglein Und zöge über das Meer,Wohl über das Meer und weiter, Bis daß ich im Himmel wär'! Fünfzehntes Kapitel. Schwül und erwartungsvoll schauen wir in den Der Bediente trat eben ein, um Friedrich'n Es weiß und räth es doch keiner, Wie mir ſo wohl iſt, ſo wohl!Ach, wüßt' es nur Einer, nur Einer, Kein Menſch ſonſt es wiſſen ſollt'! So ſtill iſt's nicht drauſſen im Schnee, So ſtumm und verſchwiegen ſindDie Sterne nicht in der Höhe, Als meine Gedanken ſind. Ich wünſcht', es wäre ſchon Morgen, Da fliegen zwey Lerchen auf,Die überfliegen einander, Mein Herze folgt ihrem Lauf. Ich wünſcht', ich wäre ein Vöglein Und zöge über das Meer,Wohl über das Meer und weiter, Bis daß ich im Himmel wär'! Fuͤnfzehntes Kapitel. Schwül und erwartungsvoll ſchauen wir in den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0276" n="270"/> <p>Der Bediente trat eben ein, um Friedrich'n<lb/> auszukleiden. Erwin war verſchwunden. Friedrich<lb/> hörte, wie er darauf in ſeiner Stube ſang:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#et">Es weiß und räth es doch keiner,</l><lb/> <l>Wie mir ſo wohl iſt, ſo wohl!</l><lb/> <l>Ach, wüßt' es nur Einer, nur Einer,</l><lb/> <l>Kein Menſch ſonſt es wiſſen ſollt'!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l rendition="#et">So ſtill iſt's nicht drauſſen im Schnee,</l><lb/> <l>So ſtumm und verſchwiegen ſind</l><lb/> <l>Die Sterne nicht in der Höhe,</l><lb/> <l>Als meine Gedanken ſind.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l rendition="#et">Ich wünſcht', es wäre ſchon Morgen,</l><lb/> <l>Da fliegen zwey Lerchen auf,</l><lb/> <l>Die überfliegen einander,</l><lb/> <l>Mein Herze folgt ihrem Lauf.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l rendition="#et">Ich wünſcht', ich wäre ein Vöglein</l><lb/> <l>Und zöge über das Meer,</l><lb/> <l>Wohl über das Meer und weiter,</l><lb/> <l>Bis daß ich im Himmel wär'!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Fuͤnfzehntes Kapitel</hi>.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Schwül und erwartungsvoll ſchauen wir in den<lb/> dunkelblauen Himmel, ſchwere Gewitter ſteigen<lb/> ringsum herauf, die über manche liebe Gegend und<lb/> Freunde ergehen ſollen, der Strom ſchießt dunkel¬<lb/> glatt und ſchneller vorbey, als wollte er ſeinem<lb/> Geſchick entfliehen, die ganze Gegend verwandelt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0276]
Der Bediente trat eben ein, um Friedrich'n
auszukleiden. Erwin war verſchwunden. Friedrich
hörte, wie er darauf in ſeiner Stube ſang:
Es weiß und räth es doch keiner,
Wie mir ſo wohl iſt, ſo wohl!
Ach, wüßt' es nur Einer, nur Einer,
Kein Menſch ſonſt es wiſſen ſollt'!
So ſtill iſt's nicht drauſſen im Schnee,
So ſtumm und verſchwiegen ſind
Die Sterne nicht in der Höhe,
Als meine Gedanken ſind.
Ich wünſcht', es wäre ſchon Morgen,
Da fliegen zwey Lerchen auf,
Die überfliegen einander,
Mein Herze folgt ihrem Lauf.
Ich wünſcht', ich wäre ein Vöglein
Und zöge über das Meer,
Wohl über das Meer und weiter,
Bis daß ich im Himmel wär'!
Fuͤnfzehntes Kapitel.
Schwül und erwartungsvoll ſchauen wir in den
dunkelblauen Himmel, ſchwere Gewitter ſteigen
ringsum herauf, die über manche liebe Gegend und
Freunde ergehen ſollen, der Strom ſchießt dunkel¬
glatt und ſchneller vorbey, als wollte er ſeinem
Geſchick entfliehen, die ganze Gegend verwandelt
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