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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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Erstes Kapitel.

Die Sonne war eben prächtig aufgegangen,
da fuhr ein Schiff zwischen den grünen Bergen und
Wäldern auf der Donau herunter. Auf dem Schif¬
fe befand sich ein lustiges Häufchen Studenten.
Sie begleiteten einige Tagereisen weit den jungen
Grafen Friedrich, welcher so eben die Universi¬
tät verlassen hatte, um sich auf Reisen zu begeben.
Einige von ihnen hatten sich auf dem Verdecke auf
ihre ausgebreitete Mäntel hingestreckt und würfel¬
ten. Andere hatten alle Augenblick neue Burgen
zu salutiren, neue Echo's zu versuchen, und waren
daher ohne Unterlaß beschäftigt, ihre Gewehre zu
laden und abzufeuern. Wieder andere übten ihren
Witz an allen, die das Unglück hatten am Ufer
vorüberzugehen, und diese aus der Luft gegriffene
Unterhaltung endigte dann gewöhnlich mit lustigen
Schimpfreden, welche wechselseitig so lange fortge¬
sezt wurden, bis beide Partheyen einander längst
nicht mehr verstanden. Mitten unter ihnen stand
Graf Friedrich in stiller, beschaulicher Freude.
Er war größer als die andern, und zeichnete sich
durch ein einfaches, freyes, fast altritterliches An¬
sehen aus. Er selbst sprach wenig, sondern ergözte

Erſtes Kapitel.

Die Sonne war eben prächtig aufgegangen,
da fuhr ein Schiff zwiſchen den grünen Bergen und
Wäldern auf der Donau herunter. Auf dem Schif¬
fe befand ſich ein luſtiges Häufchen Studenten.
Sie begleiteten einige Tagereiſen weit den jungen
Grafen Friedrich, welcher ſo eben die Univerſi¬
tät verlaſſen hatte, um ſich auf Reiſen zu begeben.
Einige von ihnen hatten ſich auf dem Verdecke auf
ihre ausgebreitete Mäntel hingeſtreckt und würfel¬
ten. Andere hatten alle Augenblick neue Burgen
zu ſalutiren, neue Echo's zu verſuchen, und waren
daher ohne Unterlaß beſchäftigt, ihre Gewehre zu
laden und abzufeuern. Wieder andere übten ihren
Witz an allen, die das Unglück hatten am Ufer
vorüberzugehen, und dieſe aus der Luft gegriffene
Unterhaltung endigte dann gewöhnlich mit luſtigen
Schimpfreden, welche wechſelſeitig ſo lange fortge¬
ſezt wurden, bis beide Partheyen einander längſt
nicht mehr verſtanden. Mitten unter ihnen ſtand
Graf Friedrich in ſtiller, beſchaulicher Freude.
Er war größer als die andern, und zeichnete ſich
durch ein einfaches, freyes, faſt altritterliches An¬
ſehen aus. Er ſelbſt ſprach wenig, ſondern ergözte

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[0015] Erſtes Kapitel. Die Sonne war eben prächtig aufgegangen, da fuhr ein Schiff zwiſchen den grünen Bergen und Wäldern auf der Donau herunter. Auf dem Schif¬ fe befand ſich ein luſtiges Häufchen Studenten. Sie begleiteten einige Tagereiſen weit den jungen Grafen Friedrich, welcher ſo eben die Univerſi¬ tät verlaſſen hatte, um ſich auf Reiſen zu begeben. Einige von ihnen hatten ſich auf dem Verdecke auf ihre ausgebreitete Mäntel hingeſtreckt und würfel¬ ten. Andere hatten alle Augenblick neue Burgen zu ſalutiren, neue Echo's zu verſuchen, und waren daher ohne Unterlaß beſchäftigt, ihre Gewehre zu laden und abzufeuern. Wieder andere übten ihren Witz an allen, die das Unglück hatten am Ufer vorüberzugehen, und dieſe aus der Luft gegriffene Unterhaltung endigte dann gewöhnlich mit luſtigen Schimpfreden, welche wechſelſeitig ſo lange fortge¬ ſezt wurden, bis beide Partheyen einander längſt nicht mehr verſtanden. Mitten unter ihnen ſtand Graf Friedrich in ſtiller, beſchaulicher Freude. Er war größer als die andern, und zeichnete ſich durch ein einfaches, freyes, faſt altritterliches An¬ ſehen aus. Er ſelbſt ſprach wenig, ſondern ergözte

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/15>, abgerufen am 21.11.2024.