mit Lust viel Gutes zu malen hoffte. Jetzt ist sie so beschrieben und besudelt, daß man keine Freude hat sie anzublicken, und daß ein gescheidter Mensch nicht weiß, wohin er noch etwas zeichnen soll."
Donnerstag, den 19. Februar 1829.
Mit Goethe in seiner Arbeitsstube allein zu Tisch. -- Er war sehr heiter und erzählte mir, daß ihm am Tage manches Gute widerfahren, und daß er auch ein Ge¬ schäft mit Artaria und dem Hof glücklich beendigt sehe.
Wir sprachen sodann viel über Egmont, der am Abend vorher, nach der Bearbeitung von Schiller, gegeben worden, und es kamen die Nachtheile zur Er¬ wähnung, die das Stück durch diese Redaction zu lei¬ den hat.
Es ist in vielfacher Hinsicht nicht gut, sagte ich, daß die Regentin fehlt; sie ist vielmehr dem Stücke durchaus nothwendig. Denn nicht allein, daß das Ganze durch diese Fürstin einen höheren, vornehmeren Character erhält, sondern es treten auch die politischen Verhältnisse, be¬ sonders in Bezug auf den spanischen Hof, durch ihre Dialoge mit Machiavell durchaus reiner und entschiede¬ ner hervor.
"Ganz ohne Frage, sagte Goethe. Und dann ge¬
mit Luſt viel Gutes zu malen hoffte. Jetzt iſt ſie ſo beſchrieben und beſudelt, daß man keine Freude hat ſie anzublicken, und daß ein geſcheidter Menſch nicht weiß, wohin er noch etwas zeichnen ſoll.“
Donnerstag, den 19. Februar 1829.
Mit Goethe in ſeiner Arbeitsſtube allein zu Tiſch. — Er war ſehr heiter und erzaͤhlte mir, daß ihm am Tage manches Gute widerfahren, und daß er auch ein Ge¬ ſchaͤft mit Artaria und dem Hof gluͤcklich beendigt ſehe.
Wir ſprachen ſodann viel uͤber Egmont, der am Abend vorher, nach der Bearbeitung von Schiller, gegeben worden, und es kamen die Nachtheile zur Er¬ waͤhnung, die das Stuͤck durch dieſe Redaction zu lei¬ den hat.
Es iſt in vielfacher Hinſicht nicht gut, ſagte ich, daß die Regentin fehlt; ſie iſt vielmehr dem Stuͤcke durchaus nothwendig. Denn nicht allein, daß das Ganze durch dieſe Fuͤrſtin einen hoͤheren, vornehmeren Character erhaͤlt, ſondern es treten auch die politiſchen Verhaͤltniſſe, be¬ ſonders in Bezug auf den ſpaniſchen Hof, durch ihre Dialoge mit Machiavell durchaus reiner und entſchiede¬ ner hervor.
„Ganz ohne Frage, ſagte Goethe. Und dann ge¬
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mit Luſt viel Gutes zu malen hoffte. Jetzt iſt ſie ſo
beſchrieben und beſudelt, daß man keine Freude hat ſie
anzublicken, und daß ein geſcheidter Menſch nicht weiß,
wohin er noch etwas zeichnen ſoll.“
Donnerstag, den 19. Februar 1829.
Mit Goethe in ſeiner Arbeitsſtube allein zu Tiſch. —
Er war ſehr heiter und erzaͤhlte mir, daß ihm am Tage
manches Gute widerfahren, und daß er auch ein Ge¬
ſchaͤft mit Artaria und dem Hof gluͤcklich beendigt ſehe.
Wir ſprachen ſodann viel uͤber Egmont, der am
Abend vorher, nach der Bearbeitung von Schiller,
gegeben worden, und es kamen die Nachtheile zur Er¬
waͤhnung, die das Stuͤck durch dieſe Redaction zu lei¬
den hat.
Es iſt in vielfacher Hinſicht nicht gut, ſagte ich, daß
die Regentin fehlt; ſie iſt vielmehr dem Stuͤcke durchaus
nothwendig. Denn nicht allein, daß das Ganze durch
dieſe Fuͤrſtin einen hoͤheren, vornehmeren Character erhaͤlt,
ſondern es treten auch die politiſchen Verhaͤltniſſe, be¬
ſonders in Bezug auf den ſpaniſchen Hof, durch ihre
Dialoge mit Machiavell durchaus reiner und entſchiede¬
ner hervor.
„Ganz ohne Frage, ſagte Goethe. Und dann ge¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/84>, abgerufen am 22.02.2025.
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