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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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Dichtung, und schreibe darüber folgende Notiz an
Goethe.

Das zweyte, vierte und fünfte Buch sind als voll¬
endet anzusehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die
bey einer letzten Durchsicht sehr leicht werden abzu¬
thun seyn.

Über das erste und dritte Buch folgen hier einige
Bemerkungen.

Erstes Buch.

Die Erzählung von Jungs verunglückter Augen¬
kur ist von so ernster Bedeutung, daß es die Menschen
auf innere tiefe Betrachtungen führt, und daß, wenn
in Gesellschaft erzählt, darauf sicherlich eine Pause im
Gespräch entstehen würde. Ich rathe daher, das erste
Buch damit zu schließen, damit auch auf solche Weise
eine Art von Pause eintrete.

Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬
gasse und Schlittschuhlaufen im rothen Sammetpelz der
Mutter, die jetzt am Ende des ersten Buches liegen
und da nicht an passender Stelle sind, würden sehr
schicklich dort zu verknüpfen seyn, wo von dem bewußt¬
losen ganz unvorbedachten poetischen Produciren die
Rede ist. Denn jene Fälle deuten auf einen ähnlichen
glücklichen Zustand des Gemüths, das auch handelnd
sich nicht lange fragt und besinnt was zu thun sey, son¬
dern schon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.

Dichtung, und ſchreibe daruͤber folgende Notiz an
Goethe.

Das zweyte, vierte und fuͤnfte Buch ſind als voll¬
endet anzuſehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die
bey einer letzten Durchſicht ſehr leicht werden abzu¬
thun ſeyn.

Über das erſte und dritte Buch folgen hier einige
Bemerkungen.

Erſtes Buch.

Die Erzaͤhlung von Jungs verungluͤckter Augen¬
kur iſt von ſo ernſter Bedeutung, daß es die Menſchen
auf innere tiefe Betrachtungen fuͤhrt, und daß, wenn
in Geſellſchaft erzaͤhlt, darauf ſicherlich eine Pauſe im
Geſpraͤch entſtehen wuͤrde. Ich rathe daher, das erſte
Buch damit zu ſchließen, damit auch auf ſolche Weiſe
eine Art von Pauſe eintrete.

Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬
gaſſe und Schlittſchuhlaufen im rothen Sammetpelz der
Mutter, die jetzt am Ende des erſten Buches liegen
und da nicht an paſſender Stelle ſind, wuͤrden ſehr
ſchicklich dort zu verknuͤpfen ſeyn, wo von dem bewußt¬
loſen ganz unvorbedachten poetiſchen Produciren die
Rede iſt. Denn jene Faͤlle deuten auf einen aͤhnlichen
gluͤcklichen Zuſtand des Gemuͤths, das auch handelnd
ſich nicht lange fragt und beſinnt was zu thun ſey, ſon¬
dern ſchon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.

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[310/0320] Dichtung, und ſchreibe daruͤber folgende Notiz an Goethe. Das zweyte, vierte und fuͤnfte Buch ſind als voll¬ endet anzuſehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die bey einer letzten Durchſicht ſehr leicht werden abzu¬ thun ſeyn. Über das erſte und dritte Buch folgen hier einige Bemerkungen. Erſtes Buch. Die Erzaͤhlung von Jungs verungluͤckter Augen¬ kur iſt von ſo ernſter Bedeutung, daß es die Menſchen auf innere tiefe Betrachtungen fuͤhrt, und daß, wenn in Geſellſchaft erzaͤhlt, darauf ſicherlich eine Pauſe im Geſpraͤch entſtehen wuͤrde. Ich rathe daher, das erſte Buch damit zu ſchließen, damit auch auf ſolche Weiſe eine Art von Pauſe eintrete. Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬ gaſſe und Schlittſchuhlaufen im rothen Sammetpelz der Mutter, die jetzt am Ende des erſten Buches liegen und da nicht an paſſender Stelle ſind, wuͤrden ſehr ſchicklich dort zu verknuͤpfen ſeyn, wo von dem bewußt¬ loſen ganz unvorbedachten poetiſchen Produciren die Rede iſt. Denn jene Faͤlle deuten auf einen aͤhnlichen gluͤcklichen Zuſtand des Gemuͤths, das auch handelnd ſich nicht lange fragt und beſinnt was zu thun ſey, ſon¬ dern ſchon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/320>, abgerufen am 21.11.2024.