Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir sprachen über das Theater, und zwar über die
Farben der Decorationen und Anzüge. Das Resultat
war folgendes.

Im Allgemeinen sollen die Decorationen einen für
jede Farbe der Anzüge des Vordergrundes günstigen
Ton haben, wie die Decorationen von Beuther, welche
mehr oder weniger ins Bräunliche fallen und die Far¬
ben der Gewänder in aller Frische heraussetzen. Ist
aber der Decorationsmaler von einem so günstigen un¬
bestimmten Tone abzuweichen genöthigt, und ist er in
dem Fall, etwa ein rothes oder gelbes Zimmer, ein
weißes Zelt, oder einen grünen Garten darzustellen, so
sollen die Schauspieler klug seyn und in ihren Anzügen
dergleichen Farben vermeiden. Tritt ein Schauspieler
mit einer rothen Uniform und grünen Beinkleidern in
ein rothes Zimmer, so verschwindet der Oberkörper und
man sieht bloß die Beine; tritt er mit demselbigen An¬
zuge in einen grünen Garten, so verschwinden seine
Beine und sein Oberkörper geht auffallend hervor. So
sah ich einen Schauspieler mit weißer Uniform und ganz
dunkelen Beinkleidern, dessen Oberkörper, in einem wei¬
ßen Zelt, und dessen Beine, auf einem dunkelen Hin¬
tergrund, gänzlich verschwanden.

"Und selbst, fügte Goethe hinzu, wenn der Deco¬
rationsmaler in dem Fall wäre, ein rothes oder gelbes
Zimmer, oder einen grünen Garten oder Wald zu ma¬

Wir ſprachen uͤber das Theater, und zwar uͤber die
Farben der Decorationen und Anzuͤge. Das Reſultat
war folgendes.

Im Allgemeinen ſollen die Decorationen einen fuͤr
jede Farbe der Anzuͤge des Vordergrundes guͤnſtigen
Ton haben, wie die Decorationen von Beuther, welche
mehr oder weniger ins Braͤunliche fallen und die Far¬
ben der Gewaͤnder in aller Friſche herausſetzen. Iſt
aber der Decorationsmaler von einem ſo guͤnſtigen un¬
beſtimmten Tone abzuweichen genoͤthigt, und iſt er in
dem Fall, etwa ein rothes oder gelbes Zimmer, ein
weißes Zelt, oder einen gruͤnen Garten darzuſtellen, ſo
ſollen die Schauſpieler klug ſeyn und in ihren Anzuͤgen
dergleichen Farben vermeiden. Tritt ein Schauſpieler
mit einer rothen Uniform und gruͤnen Beinkleidern in
ein rothes Zimmer, ſo verſchwindet der Oberkoͤrper und
man ſieht bloß die Beine; tritt er mit demſelbigen An¬
zuge in einen gruͤnen Garten, ſo verſchwinden ſeine
Beine und ſein Oberkoͤrper geht auffallend hervor. So
ſah ich einen Schauſpieler mit weißer Uniform und ganz
dunkelen Beinkleidern, deſſen Oberkoͤrper, in einem wei¬
ßen Zelt, und deſſen Beine, auf einem dunkelen Hin¬
tergrund, gaͤnzlich verſchwanden.

„Und ſelbſt, fuͤgte Goethe hinzu, wenn der Deco¬
rationsmaler in dem Fall waͤre, ein rothes oder gelbes
Zimmer, oder einen gruͤnen Garten oder Wald zu ma¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <pb facs="#f0197" n="187"/>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Mittwoch, den 17. Februar 1830.<lb/></dateline>
          <p>Wir &#x017F;prachen u&#x0364;ber das Theater, und zwar u&#x0364;ber die<lb/>
Farben der Decorationen und Anzu&#x0364;ge. Das Re&#x017F;ultat<lb/>
war folgendes.</p><lb/>
          <p>Im Allgemeinen &#x017F;ollen die Decorationen einen fu&#x0364;r<lb/>
jede Farbe der Anzu&#x0364;ge des Vordergrundes gu&#x0364;n&#x017F;tigen<lb/>
Ton haben, wie die Decorationen von <hi rendition="#g">Beuther</hi>, welche<lb/>
mehr oder weniger ins Bra&#x0364;unliche fallen und die Far¬<lb/>
ben der Gewa&#x0364;nder in aller Fri&#x017F;che heraus&#x017F;etzen. I&#x017F;t<lb/>
aber der Decorationsmaler von einem &#x017F;o gu&#x0364;n&#x017F;tigen un¬<lb/>
be&#x017F;timmten Tone abzuweichen geno&#x0364;thigt, und i&#x017F;t er in<lb/>
dem Fall, etwa ein rothes oder gelbes Zimmer, ein<lb/>
weißes Zelt, oder einen gru&#x0364;nen Garten darzu&#x017F;tellen, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ollen die Schau&#x017F;pieler klug &#x017F;eyn und in ihren Anzu&#x0364;gen<lb/>
dergleichen Farben vermeiden. Tritt ein Schau&#x017F;pieler<lb/>
mit einer rothen Uniform und gru&#x0364;nen Beinkleidern in<lb/>
ein rothes Zimmer, &#x017F;o ver&#x017F;chwindet der Oberko&#x0364;rper und<lb/>
man &#x017F;ieht bloß die Beine; tritt er mit dem&#x017F;elbigen An¬<lb/>
zuge in einen gru&#x0364;nen Garten, &#x017F;o ver&#x017F;chwinden &#x017F;eine<lb/>
Beine und &#x017F;ein Oberko&#x0364;rper geht auffallend hervor. So<lb/>
&#x017F;ah ich einen Schau&#x017F;pieler mit weißer Uniform und ganz<lb/>
dunkelen Beinkleidern, de&#x017F;&#x017F;en Oberko&#x0364;rper, in einem wei¬<lb/>
ßen Zelt, und de&#x017F;&#x017F;en Beine, auf einem dunkelen Hin¬<lb/>
tergrund, ga&#x0364;nzlich ver&#x017F;chwanden.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Und &#x017F;elb&#x017F;t, fu&#x0364;gte Goethe hinzu, wenn der Deco¬<lb/>
rationsmaler in dem Fall wa&#x0364;re, ein rothes oder gelbes<lb/>
Zimmer, oder einen gru&#x0364;nen Garten oder Wald zu ma¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0197] Mittwoch, den 17. Februar 1830. Wir ſprachen uͤber das Theater, und zwar uͤber die Farben der Decorationen und Anzuͤge. Das Reſultat war folgendes. Im Allgemeinen ſollen die Decorationen einen fuͤr jede Farbe der Anzuͤge des Vordergrundes guͤnſtigen Ton haben, wie die Decorationen von Beuther, welche mehr oder weniger ins Braͤunliche fallen und die Far¬ ben der Gewaͤnder in aller Friſche herausſetzen. Iſt aber der Decorationsmaler von einem ſo guͤnſtigen un¬ beſtimmten Tone abzuweichen genoͤthigt, und iſt er in dem Fall, etwa ein rothes oder gelbes Zimmer, ein weißes Zelt, oder einen gruͤnen Garten darzuſtellen, ſo ſollen die Schauſpieler klug ſeyn und in ihren Anzuͤgen dergleichen Farben vermeiden. Tritt ein Schauſpieler mit einer rothen Uniform und gruͤnen Beinkleidern in ein rothes Zimmer, ſo verſchwindet der Oberkoͤrper und man ſieht bloß die Beine; tritt er mit demſelbigen An¬ zuge in einen gruͤnen Garten, ſo verſchwinden ſeine Beine und ſein Oberkoͤrper geht auffallend hervor. So ſah ich einen Schauſpieler mit weißer Uniform und ganz dunkelen Beinkleidern, deſſen Oberkoͤrper, in einem wei¬ ßen Zelt, und deſſen Beine, auf einem dunkelen Hin¬ tergrund, gaͤnzlich verſchwanden. „Und ſelbſt, fuͤgte Goethe hinzu, wenn der Deco¬ rationsmaler in dem Fall waͤre, ein rothes oder gelbes Zimmer, oder einen gruͤnen Garten oder Wald zu ma¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/197
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/197>, abgerufen am 22.12.2024.