Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

gab ihm Recht und dachte, der Alte sagt doch gelegentlich
immer etwas Gutes.

Wir trennten uns und mischten uns unter die Übri¬
gen, die sich um uns herum und in diesem und je¬
nem Zimmer laut und lustig unterhielten. Goethe be¬
gab sich zu den Damen; ich gesellte mich zu Riemer und
Meyer, die uns viel von Italien erzählten.

Regierungsrath Schmidt setzte sich später zum Flü¬
gel und trug Beethovensche Sachen vor, welche die An¬
wesenden mit innigem Antheil aufzunehmen schienen.
Eine geistreiche Dame erzählte darauf viel Interessantes
von Beethovens Persönlichkeit. Und so ward es nach
und nach zehn Uhr, und es war mir der Abend im ho¬
hen Grade angenehm vergangen.


Diesen Mittag war ich das erste Mal bey Goethe
zu Tisch. Es waren außer ihm nur Frau von Goethe,
Fräulein Ulrike und der kleine Walter gegenwärtig und
wir waren also bequem unter uns. Goethe zeigte sich
ganz als Familienvater, er legte alle Gerichte vor, tran¬
chirte gebratenes Geflügel und zwar mit besonderem
Geschick, und verfehlte auch nicht, mitunter einzuschenken.
Wir anderen schwatzten munteres Zeug über Theater,
junge Engländer und andere Vorkommnisse des Tages;
besonders war Fräulein Ulrike sehr heiter und im hohen

gab ihm Recht und dachte, der Alte ſagt doch gelegentlich
immer etwas Gutes.

Wir trennten uns und miſchten uns unter die Übri¬
gen, die ſich um uns herum und in dieſem und je¬
nem Zimmer laut und luſtig unterhielten. Goethe be¬
gab ſich zu den Damen; ich geſellte mich zu Riemer und
Meyer, die uns viel von Italien erzaͤhlten.

Regierungsrath Schmidt ſetzte ſich ſpaͤter zum Fluͤ¬
gel und trug Beethovenſche Sachen vor, welche die An¬
weſenden mit innigem Antheil aufzunehmen ſchienen.
Eine geiſtreiche Dame erzaͤhlte darauf viel Intereſſantes
von Beethovens Perſoͤnlichkeit. Und ſo ward es nach
und nach zehn Uhr, und es war mir der Abend im ho¬
hen Grade angenehm vergangen.


Dieſen Mittag war ich das erſte Mal bey Goethe
zu Tiſch. Es waren außer ihm nur Frau von Goethe,
Fraͤulein Ulrike und der kleine Walter gegenwaͤrtig und
wir waren alſo bequem unter uns. Goethe zeigte ſich
ganz als Familienvater, er legte alle Gerichte vor, tran¬
chirte gebratenes Gefluͤgel und zwar mit beſonderem
Geſchick, und verfehlte auch nicht, mitunter einzuſchenken.
Wir anderen ſchwatzten munteres Zeug uͤber Theater,
junge Englaͤnder und andere Vorkommniſſe des Tages;
beſonders war Fraͤulein Ulrike ſehr heiter und im hohen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0082" n="62"/>
gab ihm Recht und dachte, der Alte &#x017F;agt doch gelegentlich<lb/>
immer etwas Gutes.</p><lb/>
          <p>Wir trennten uns und mi&#x017F;chten uns unter die Übri¬<lb/>
gen, die &#x017F;ich um uns herum und in die&#x017F;em und je¬<lb/>
nem Zimmer laut und lu&#x017F;tig unterhielten. Goethe be¬<lb/>
gab &#x017F;ich zu den Damen; ich ge&#x017F;ellte mich zu Riemer und<lb/>
Meyer, die uns viel von Italien erza&#x0364;hlten.</p><lb/>
          <p>Regierungsrath <hi rendition="#g">Schmidt</hi> &#x017F;etzte &#x017F;ich &#x017F;pa&#x0364;ter zum Flu&#x0364;¬<lb/>
gel und trug Beethoven&#x017F;che Sachen vor, welche die An¬<lb/>
we&#x017F;enden mit innigem Antheil aufzunehmen &#x017F;chienen.<lb/>
Eine gei&#x017F;treiche Dame erza&#x0364;hlte darauf viel Intere&#x017F;&#x017F;antes<lb/>
von Beethovens Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit. Und &#x017F;o ward es nach<lb/>
und nach zehn Uhr, und es war mir der Abend im ho¬<lb/>
hen Grade angenehm vergangen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <dateline rendition="#right">Sonntag den 19. October 1823.<lb/></dateline>
          <p>Die&#x017F;en Mittag war ich das er&#x017F;te Mal bey Goethe<lb/>
zu Ti&#x017F;ch. Es waren außer ihm nur Frau von Goethe,<lb/>
Fra&#x0364;ulein Ulrike und der kleine Walter gegenwa&#x0364;rtig und<lb/>
wir waren al&#x017F;o bequem unter uns. Goethe zeigte &#x017F;ich<lb/>
ganz als Familienvater, er legte alle Gerichte vor, tran¬<lb/>
chirte gebratenes Geflu&#x0364;gel und zwar mit be&#x017F;onderem<lb/>
Ge&#x017F;chick, und verfehlte auch nicht, mitunter einzu&#x017F;chenken.<lb/>
Wir anderen &#x017F;chwatzten munteres Zeug u&#x0364;ber Theater,<lb/>
junge Engla&#x0364;nder und andere Vorkommni&#x017F;&#x017F;e des Tages;<lb/>
be&#x017F;onders war Fra&#x0364;ulein Ulrike &#x017F;ehr heiter und im hohen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0082] gab ihm Recht und dachte, der Alte ſagt doch gelegentlich immer etwas Gutes. Wir trennten uns und miſchten uns unter die Übri¬ gen, die ſich um uns herum und in dieſem und je¬ nem Zimmer laut und luſtig unterhielten. Goethe be¬ gab ſich zu den Damen; ich geſellte mich zu Riemer und Meyer, die uns viel von Italien erzaͤhlten. Regierungsrath Schmidt ſetzte ſich ſpaͤter zum Fluͤ¬ gel und trug Beethovenſche Sachen vor, welche die An¬ weſenden mit innigem Antheil aufzunehmen ſchienen. Eine geiſtreiche Dame erzaͤhlte darauf viel Intereſſantes von Beethovens Perſoͤnlichkeit. Und ſo ward es nach und nach zehn Uhr, und es war mir der Abend im ho¬ hen Grade angenehm vergangen. Sonntag den 19. October 1823. Dieſen Mittag war ich das erſte Mal bey Goethe zu Tiſch. Es waren außer ihm nur Frau von Goethe, Fraͤulein Ulrike und der kleine Walter gegenwaͤrtig und wir waren alſo bequem unter uns. Goethe zeigte ſich ganz als Familienvater, er legte alle Gerichte vor, tran¬ chirte gebratenes Gefluͤgel und zwar mit beſonderem Geſchick, und verfehlte auch nicht, mitunter einzuſchenken. Wir anderen ſchwatzten munteres Zeug uͤber Theater, junge Englaͤnder und andere Vorkommniſſe des Tages; beſonders war Fraͤulein Ulrike ſehr heiter und im hohen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/82
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/82>, abgerufen am 21.11.2024.