Heute gegen Abend begegnete Goethe mir am Park von einer Spazierfahrt zurückkommend. Im Vorbey¬ fahren winkte er mir mit der Hand, daß ich ihn besu¬ chen möchte. Ich wendete daher sogleich um nach sei¬ nem Hause, wo ich den Oberbaudirector Coudray fand. Goethe stieg aus und wir gingen mit ihm die Treppen hinauf. Wir setzten uns in dem sogenannten Juno- Zimmer um einen runden Tisch. Wir hatten nicht lange geredet, als auch der Canzler hereintrat und sich zu uns gesellte. Das Gespräch wendete sich um politische Gegenstände, Wellingtons Gesandtschaft nach Petersburg und deren wahrscheinliche Folgen, Capodistrias, die ver¬ zögerte Befreyung Griechenlands, die Beschränkung der Türken auf Constantinopel, und dergleichen. Auch frü¬ here Zeiten unter Napoleon kamen zur Sprache, beson¬ ders aber über den Herzog von Enghien und sein un¬ vorsichtiges revolutionaires Betragen ward viel geredet.
Sodann kam man auf friedlichere Dinge, und Wie¬ lands Grab zu Osmannstedt war ein viel besprochener Gegenstand unserer Unterhaltung. Oberbaudirector Cou¬ dray erzählte, daß er mit einer eisernen Einfassung des Grabes beschäftigt sey. Er gab uns von seiner Inten¬ tion eine deutliche Idee, indem er die Form des eisernen Gitterwerks auf ein Stück Papier vor unsern Augen hinzeichnete.
Donnerstag den 5. July 1827.
Heute gegen Abend begegnete Goethe mir am Park von einer Spazierfahrt zuruͤckkommend. Im Vorbey¬ fahren winkte er mir mit der Hand, daß ich ihn beſu¬ chen moͤchte. Ich wendete daher ſogleich um nach ſei¬ nem Hauſe, wo ich den Oberbaudirector Coudray fand. Goethe ſtieg aus und wir gingen mit ihm die Treppen hinauf. Wir ſetzten uns in dem ſogenannten Juno- Zimmer um einen runden Tiſch. Wir hatten nicht lange geredet, als auch der Canzler hereintrat und ſich zu uns geſellte. Das Geſpraͤch wendete ſich um politiſche Gegenſtaͤnde, Wellingtons Geſandtſchaft nach Petersburg und deren wahrſcheinliche Folgen, Capodiſtrias, die ver¬ zoͤgerte Befreyung Griechenlands, die Beſchraͤnkung der Tuͤrken auf Conſtantinopel, und dergleichen. Auch fruͤ¬ here Zeiten unter Napoleon kamen zur Sprache, beſon¬ ders aber uͤber den Herzog von Enghien und ſein un¬ vorſichtiges revolutionaires Betragen ward viel geredet.
Sodann kam man auf friedlichere Dinge, und Wie¬ lands Grab zu Osmannſtedt war ein viel beſprochener Gegenſtand unſerer Unterhaltung. Oberbaudirector Cou¬ dray erzaͤhlte, daß er mit einer eiſernen Einfaſſung des Grabes beſchaͤftigt ſey. Er gab uns von ſeiner Inten¬ tion eine deutliche Idee, indem er die Form des eiſernen Gitterwerks auf ein Stuͤck Papier vor unſern Augen hinzeichnete.
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Donnerstag den 5. July 1827.
Heute gegen Abend begegnete Goethe mir am Park
von einer Spazierfahrt zuruͤckkommend. Im Vorbey¬
fahren winkte er mir mit der Hand, daß ich ihn beſu¬
chen moͤchte. Ich wendete daher ſogleich um nach ſei¬
nem Hauſe, wo ich den Oberbaudirector Coudray fand.
Goethe ſtieg aus und wir gingen mit ihm die Treppen
hinauf. Wir ſetzten uns in dem ſogenannten Juno-
Zimmer um einen runden Tiſch. Wir hatten nicht lange
geredet, als auch der Canzler hereintrat und ſich zu
uns geſellte. Das Geſpraͤch wendete ſich um politiſche
Gegenſtaͤnde, Wellingtons Geſandtſchaft nach Petersburg
und deren wahrſcheinliche Folgen, Capodiſtrias, die ver¬
zoͤgerte Befreyung Griechenlands, die Beſchraͤnkung der
Tuͤrken auf Conſtantinopel, und dergleichen. Auch fruͤ¬
here Zeiten unter Napoleon kamen zur Sprache, beſon¬
ders aber uͤber den Herzog von Enghien und ſein un¬
vorſichtiges revolutionaires Betragen ward viel geredet.
Sodann kam man auf friedlichere Dinge, und Wie¬
lands Grab zu Osmannſtedt war ein viel beſprochener
Gegenſtand unſerer Unterhaltung. Oberbaudirector Cou¬
dray erzaͤhlte, daß er mit einer eiſernen Einfaſſung des
Grabes beſchaͤftigt ſey. Er gab uns von ſeiner Inten¬
tion eine deutliche Idee, indem er die Form des eiſernen
Gitterwerks auf ein Stuͤck Papier vor unſern Augen
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/379>, abgerufen am 21.11.2024.
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