Der erste deutsche Improvisator, Doctor Wolff aus Hamburg, ist seit mehreren Tagen hier und hat auch bereits öffentlich Proben seines seltenen Talentes abge¬ legt. Freytag Abend gab er ein glänzendes Improvi¬ satorium vor sehr zahlreichen Zuhörern und in Gegen¬ wart des Weimarischen Hofes. Noch an selbigem Abend erhielt er eine Einladung zu Goethe auf nächsten Mittag.
Ich sprach Doctor Wolff gestern Abend, nachdem er Mittags vor Goethe improvisirt hatte. Er war sehr beglückt und äußerte, daß diese Stunde in seinem Leben Epoche machen würde, indem Goethe ihn mit wenigen Worten auf eine ganz neue Bahn gebracht und in dem, was er an ihm getadelt, den Nagel auf den Kopf ge¬ troffen hätte.
Diesen Abend nun, als ich bey Goethe war, kam das Gespräch sogleich auf Wolff. Dr. Wolff ist sehr glück¬ lich, sagte ich, daß Ew. Excellenz ihm einen guten Rath gegeben.
Sonntag Abend den 29. Januar 1826.
Der erſte deutſche Improviſator, Doctor Wolff aus Hamburg, iſt ſeit mehreren Tagen hier und hat auch bereits oͤffentlich Proben ſeines ſeltenen Talentes abge¬ legt. Freytag Abend gab er ein glaͤnzendes Improvi¬ ſatorium vor ſehr zahlreichen Zuhoͤrern und in Gegen¬ wart des Weimariſchen Hofes. Noch an ſelbigem Abend erhielt er eine Einladung zu Goethe auf naͤchſten Mittag.
Ich ſprach Doctor Wolff geſtern Abend, nachdem er Mittags vor Goethe improviſirt hatte. Er war ſehr begluͤckt und aͤußerte, daß dieſe Stunde in ſeinem Leben Epoche machen wuͤrde, indem Goethe ihn mit wenigen Worten auf eine ganz neue Bahn gebracht und in dem, was er an ihm getadelt, den Nagel auf den Kopf ge¬ troffen haͤtte.
Dieſen Abend nun, als ich bey Goethe war, kam das Geſpraͤch ſogleich auf Wolff. Dr. Wolff iſt ſehr gluͤck¬ lich, ſagte ich, daß Ew. Excellenz ihm einen guten Rath gegeben.
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Sonntag Abend den 29. Januar 1826.
Der erſte deutſche Improviſator, Doctor Wolff aus
Hamburg, iſt ſeit mehreren Tagen hier und hat auch
bereits oͤffentlich Proben ſeines ſeltenen Talentes abge¬
legt. Freytag Abend gab er ein glaͤnzendes Improvi¬
ſatorium vor ſehr zahlreichen Zuhoͤrern und in Gegen¬
wart des Weimariſchen Hofes. Noch an ſelbigem Abend
erhielt er eine Einladung zu Goethe auf naͤchſten Mittag.
Ich ſprach Doctor Wolff geſtern Abend, nachdem
er Mittags vor Goethe improviſirt hatte. Er war ſehr
begluͤckt und aͤußerte, daß dieſe Stunde in ſeinem Leben
Epoche machen wuͤrde, indem Goethe ihn mit wenigen
Worten auf eine ganz neue Bahn gebracht und in dem,
was er an ihm getadelt, den Nagel auf den Kopf ge¬
troffen haͤtte.
Dieſen Abend nun, als ich bey Goethe war, kam das
Geſpraͤch ſogleich auf Wolff. Dr. Wolff iſt ſehr gluͤck¬
lich, ſagte ich, daß Ew. Excellenz ihm einen guten
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. [237]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/257>, abgerufen am 21.11.2024.
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