Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

"Aber wie wär' es möglich?"

"Frage nicht, sondern handle! -- Sagtest Du nicht,
Darius gehöre mit zu den Verurtheilten?"

"Ja."

"Jch hörte, der Vater desselben sei ein sehr ange-
sehener Mann."

"Er ist der Erste im Reiche nach den Kindern des
Kyros."

"So führe mich sofort zu ihm. Er wird mich freund-
lich empfangen, wenn er erfährt, daß ich seinen Sohn zu
retten vermag."

"Wunderbarer Fremdling, aus Deinen Worten spricht
so viel Zuversicht, daß ich ..."

"Daß Du mir glauben darfst! Schnell, schnell, schaff'
uns Leute, welche das Gedränge zertheilen und uns zum
Palaste begleiten können!"

Außer dem Zweifel gibt es nichts, was sich geschwinder
mittheilt, als die Hoffnung auf die Erfüllung eines er-
sehnten Wunsches, zumal wenn uns ein wahrhaft Zuver-
sichtlicher dieselbe eröffnet.

Der Peitschenträgerhauptmann glaubte dem seltsamen
Reisenden, sprang, seine Geißel schwingend, aus dem Wagen
und rief seinen Untergebnen zu: "Dieser edle Herr ist
gekommen, um Bartja's Unschuld zu beweisen, und muß so-
gleich zum Könige geführt werden. Folgt mir, Freunde,
und macht ihm Platz!"

Jn diesem Augenblick' erschien gerade ein Zug berit-
tener Leibgardisten. Der Hauptmann eilte dem Befehls-
haber derselben entgegen und bat ihn, unterstützt von dem
Zurufe der Menge, den Fremden zum Palaste zu be-
gleiten.

Jndessen schwang sich der Reisende auf das Pferd

„Aber wie wär’ es möglich?“

„Frage nicht, ſondern handle! — Sagteſt Du nicht,
Darius gehöre mit zu den Verurtheilten?“

„Ja.“

„Jch hörte, der Vater desſelben ſei ein ſehr ange-
ſehener Mann.“

„Er iſt der Erſte im Reiche nach den Kindern des
Kyros.“

„So führe mich ſofort zu ihm. Er wird mich freund-
lich empfangen, wenn er erfährt, daß ich ſeinen Sohn zu
retten vermag.“

„Wunderbarer Fremdling, aus Deinen Worten ſpricht
ſo viel Zuverſicht, daß ich ...“

„Daß Du mir glauben darfſt! Schnell, ſchnell, ſchaff’
uns Leute, welche das Gedränge zertheilen und uns zum
Palaſte begleiten können!“

Außer dem Zweifel gibt es nichts, was ſich geſchwinder
mittheilt, als die Hoffnung auf die Erfüllung eines er-
ſehnten Wunſches, zumal wenn uns ein wahrhaft Zuver-
ſichtlicher dieſelbe eröffnet.

Der Peitſchenträgerhauptmann glaubte dem ſeltſamen
Reiſenden, ſprang, ſeine Geißel ſchwingend, aus dem Wagen
und rief ſeinen Untergebnen zu: „Dieſer edle Herr iſt
gekommen, um Bartja’s Unſchuld zu beweiſen, und muß ſo-
gleich zum Könige geführt werden. Folgt mir, Freunde,
und macht ihm Platz!“

Jn dieſem Augenblick’ erſchien gerade ein Zug berit-
tener Leibgardiſten. Der Hauptmann eilte dem Befehls-
haber derſelben entgegen und bat ihn, unterſtützt von dem
Zurufe der Menge, den Fremden zum Palaſte zu be-
gleiten.

Jndeſſen ſchwang ſich der Reiſende auf das Pferd

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0205" n="203"/>
        <p>&#x201E;Aber wie wär&#x2019; es möglich?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Frage nicht, &#x017F;ondern handle! &#x2014; Sagte&#x017F;t Du nicht,<lb/>
Darius gehöre mit zu den Verurtheilten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch hörte, der Vater des&#x017F;elben &#x017F;ei ein &#x017F;ehr ange-<lb/>
&#x017F;ehener Mann.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er i&#x017F;t der Er&#x017F;te im Reiche nach den Kindern des<lb/>
Kyros.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So führe mich &#x017F;ofort zu ihm. Er wird mich freund-<lb/>
lich empfangen, wenn er erfährt, daß ich &#x017F;einen Sohn zu<lb/>
retten vermag.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wunderbarer Fremdling, aus Deinen Worten &#x017F;pricht<lb/>
&#x017F;o viel Zuver&#x017F;icht, daß ich ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Daß Du mir glauben darf&#x017F;t! Schnell, &#x017F;chnell, &#x017F;chaff&#x2019;<lb/>
uns Leute, welche das Gedränge zertheilen und uns zum<lb/>
Pala&#x017F;te begleiten können!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Außer dem Zweifel gibt es nichts, was &#x017F;ich ge&#x017F;chwinder<lb/>
mittheilt, als die Hoffnung auf die Erfüllung eines er-<lb/>
&#x017F;ehnten Wun&#x017F;ches, zumal wenn uns ein wahrhaft Zuver-<lb/>
&#x017F;ichtlicher die&#x017F;elbe eröffnet.</p><lb/>
        <p>Der Peit&#x017F;chenträgerhauptmann glaubte dem &#x017F;elt&#x017F;amen<lb/>
Rei&#x017F;enden, &#x017F;prang, &#x017F;eine Geißel &#x017F;chwingend, aus dem Wagen<lb/>
und rief &#x017F;einen Untergebnen zu: &#x201E;Die&#x017F;er edle Herr i&#x017F;t<lb/>
gekommen, um Bartja&#x2019;s Un&#x017F;chuld zu bewei&#x017F;en, und muß &#x017F;o-<lb/>
gleich zum Könige geführt werden. Folgt mir, Freunde,<lb/>
und macht ihm Platz!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Jn die&#x017F;em Augenblick&#x2019; er&#x017F;chien gerade ein Zug berit-<lb/>
tener Leibgardi&#x017F;ten. Der Hauptmann eilte dem Befehls-<lb/>
haber der&#x017F;elben entgegen und bat ihn, unter&#x017F;tützt von dem<lb/>
Zurufe der Menge, den Fremden zum Pala&#x017F;te zu be-<lb/>
gleiten.</p><lb/>
        <p>Jnde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chwang &#x017F;ich der Rei&#x017F;ende auf das Pferd<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0205] „Aber wie wär’ es möglich?“ „Frage nicht, ſondern handle! — Sagteſt Du nicht, Darius gehöre mit zu den Verurtheilten?“ „Ja.“ „Jch hörte, der Vater desſelben ſei ein ſehr ange- ſehener Mann.“ „Er iſt der Erſte im Reiche nach den Kindern des Kyros.“ „So führe mich ſofort zu ihm. Er wird mich freund- lich empfangen, wenn er erfährt, daß ich ſeinen Sohn zu retten vermag.“ „Wunderbarer Fremdling, aus Deinen Worten ſpricht ſo viel Zuverſicht, daß ich ...“ „Daß Du mir glauben darfſt! Schnell, ſchnell, ſchaff’ uns Leute, welche das Gedränge zertheilen und uns zum Palaſte begleiten können!“ Außer dem Zweifel gibt es nichts, was ſich geſchwinder mittheilt, als die Hoffnung auf die Erfüllung eines er- ſehnten Wunſches, zumal wenn uns ein wahrhaft Zuver- ſichtlicher dieſelbe eröffnet. Der Peitſchenträgerhauptmann glaubte dem ſeltſamen Reiſenden, ſprang, ſeine Geißel ſchwingend, aus dem Wagen und rief ſeinen Untergebnen zu: „Dieſer edle Herr iſt gekommen, um Bartja’s Unſchuld zu beweiſen, und muß ſo- gleich zum Könige geführt werden. Folgt mir, Freunde, und macht ihm Platz!“ Jn dieſem Augenblick’ erſchien gerade ein Zug berit- tener Leibgardiſten. Der Hauptmann eilte dem Befehls- haber derſelben entgegen und bat ihn, unterſtützt von dem Zurufe der Menge, den Fremden zum Palaſte zu be- gleiten. Jndeſſen ſchwang ſich der Reiſende auf das Pferd

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/205
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/205>, abgerufen am 26.04.2024.