Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Der Schatten. Der Schatten. Der Schatten folget allgemach, Jm Sonnenschein den Körper nach: Er kan uns Menschen von dem Leben Manch lehrreich Bild zu lesen geben. So lang die Glükkessonne strahlt, Sind wir mit Ehr und Ruhm be- mahlt: Und kaum ist diese untergangen; So endigt sich auch unser Prangen. Der Schatten der vom Leib entsteht, Und seinem Körper stets nachgeht, Scheint bei dem schrägen Stand vom Lichte, Oft grösser uns ins Angesichte, Als wie der Körper selbsten ist: Wenn man von Wundern, Thaten liest, Die dieser oder der verrichtet; So ist es öfters nur erdichtet, Jst gros des Menschen Ehrenstand, So wird die That auch gros genannt, Der Ohnmacht werden grosse Stärke, Und kleinen Geistern, Wunderwerke Zu ihrem Ruhme beigelegt: Doch wenn mans in der Näh erwegt So sind es oft nur Heldenthaten, Die nicht zu sonderbar gerathen. Verdienst und Ruhm sind zwar vereint, Doch wenn das Licht verkehret scheint, So kan sich ein recht grosser Schatten Mit einem kleinen Körper gatten: Und das geschiehet in der Welt, Nach- Dritter Theil. D
Der Schatten. Der Schatten. Der Schatten folget allgemach, Jm Sonnenſchein den Koͤrper nach: Er kan uns Menſchen von dem Leben Manch lehrreich Bild zu leſen geben. So lang die Gluͤkkesſonne ſtrahlt, Sind wir mit Ehr und Ruhm be- mahlt: Und kaum iſt dieſe untergangen; So endigt ſich auch unſer Prangen. Der Schatten der vom Leib entſteht, Und ſeinem Koͤrper ſtets nachgeht, Scheint bei dem ſchraͤgen Stand vom Lichte, Oft groͤſſer uns ins Angeſichte, Als wie der Koͤrper ſelbſten iſt: Wenn man von Wundern, Thaten lieſt, Die dieſer oder der verrichtet; So iſt es oͤfters nur erdichtet, Jſt gros des Menſchen Ehrenſtand, So wird die That auch gros genannt, Der Ohnmacht werden groſſe Staͤrke, Und kleinen Geiſtern, Wunderwerke Zu ihrem Ruhme beigelegt: Doch wenn mans in der Naͤh erwegt So ſind es oft nur Heldenthaten, Die nicht zu ſonderbar gerathen. Verdienſt und Ruhm ſind zwar vereint, Doch wenn das Licht verkehret ſcheint, So kan ſich ein recht groſſer Schatten Mit einem kleinen Koͤrper gatten: Und das geſchiehet in der Welt, Nach- Dritter Theil. D
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0061" n="49"/> <fw place="top" type="header">Der Schatten.</fw><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Der Schatten.</hi> </hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Schatten folget allgemach,</l><lb/> <l>Jm Sonnenſchein den Koͤrper nach:</l><lb/> <l>Er kan uns Menſchen von dem Leben</l><lb/> <l>Manch lehrreich Bild zu leſen geben.</l><lb/> <l>So lang die Gluͤkkesſonne ſtrahlt,</l><lb/> <l>Sind wir mit Ehr und Ruhm be-<lb/><hi rendition="#et">mahlt:</hi></l><lb/> <l>Und kaum iſt dieſe untergangen;</l><lb/> <l>So endigt ſich auch unſer Prangen.</l><lb/> <l>Der Schatten der vom Leib entſteht,</l><lb/> <l>Und ſeinem Koͤrper ſtets nachgeht,</l><lb/> <l>Scheint bei dem ſchraͤgen Stand vom Lichte,</l><lb/> <l>Oft groͤſſer uns ins Angeſichte,</l><lb/> <l>Als wie der Koͤrper ſelbſten iſt:</l><lb/> <l>Wenn man von Wundern, Thaten lieſt,</l><lb/> <l>Die dieſer oder der verrichtet;</l><lb/> <l>So iſt es oͤfters nur erdichtet,</l><lb/> <l>Jſt gros des Menſchen Ehrenſtand,</l><lb/> <l>So wird die That auch gros genannt,</l><lb/> <l>Der Ohnmacht werden groſſe Staͤrke,</l><lb/> <l>Und kleinen Geiſtern, Wunderwerke</l><lb/> <l>Zu ihrem Ruhme beigelegt:</l><lb/> <l>Doch wenn mans in der Naͤh erwegt</l><lb/> <l>So ſind es oft nur Heldenthaten,</l><lb/> <l>Die nicht zu ſonderbar gerathen.</l><lb/> <l>Verdienſt und Ruhm ſind zwar vereint,</l><lb/> <l>Doch wenn das Licht verkehret ſcheint,</l><lb/> <l>So kan ſich ein recht groſſer Schatten</l><lb/> <l>Mit einem kleinen Koͤrper gatten:</l><lb/> <l>Und das geſchiehet in der Welt,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Dritter Theil.</hi> D</fw> <fw place="bottom" type="catch">Nach-</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [49/0061]
Der Schatten.
Der Schatten.
Der Schatten folget allgemach,
Jm Sonnenſchein den Koͤrper nach:
Er kan uns Menſchen von dem Leben
Manch lehrreich Bild zu leſen geben.
So lang die Gluͤkkesſonne ſtrahlt,
Sind wir mit Ehr und Ruhm be-
mahlt:
Und kaum iſt dieſe untergangen;
So endigt ſich auch unſer Prangen.
Der Schatten der vom Leib entſteht,
Und ſeinem Koͤrper ſtets nachgeht,
Scheint bei dem ſchraͤgen Stand vom Lichte,
Oft groͤſſer uns ins Angeſichte,
Als wie der Koͤrper ſelbſten iſt:
Wenn man von Wundern, Thaten lieſt,
Die dieſer oder der verrichtet;
So iſt es oͤfters nur erdichtet,
Jſt gros des Menſchen Ehrenſtand,
So wird die That auch gros genannt,
Der Ohnmacht werden groſſe Staͤrke,
Und kleinen Geiſtern, Wunderwerke
Zu ihrem Ruhme beigelegt:
Doch wenn mans in der Naͤh erwegt
So ſind es oft nur Heldenthaten,
Die nicht zu ſonderbar gerathen.
Verdienſt und Ruhm ſind zwar vereint,
Doch wenn das Licht verkehret ſcheint,
So kan ſich ein recht groſſer Schatten
Mit einem kleinen Koͤrper gatten:
Und das geſchiehet in der Welt,
Nach-
Dritter Theil. D
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |