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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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gespendet, da gaben alle Trompeten des Heeres zugleich das Zei-
chen zum Aufbruch, und unter Trompetenschmettern und Alala-
geschrei schlugen die Ruder von allen Schiffen zugleich in die Wel-
len. So fuhr nun das seegelbunte Geschwader, die achtzig Jach-
ten vorauf, in schönster Ordnung den Strom hinab, ein wunder-
bares und unbeschreibliches Schauspiel. "Mit nichts vergleichen
läßt sich dieß Rauschen des Ruderschlages, der auf allen Schiffen
zugleich sich wechselnd hob und senkte, dieß gleichmäßige Rufen der
Lotsen, wenn das Ruder ruhen, wenn wieder beginnen sollte, dieß
Hoihogeschrei der Matrosen, mit der sie die Arbeit wieder be-
gannen; zwischen den hohen Ufern wiederhallte dann hundertfach das
Rufen, und den Rudergesang wiederholte das Echo; dann wieder
umschlossen Wälder den Strom, und fern in der Waldeinsamkeit
widerhallte der Fahrenden Ruf; bei Tausenden standen die In-
dier an den Ufern und sahen staunend dieß fahrende Heer und die
Streitrosse auf den Schiffen mit wehenden Wimpeln, und die
wunderbare, stets gleiche Ordnung der Geschwader; sie jauchzten
dem Rufe der Ruderer entgegen und zogen singend den Strom
mit hinab 85)."

Nach einer dreitägigen Fahrt 86) kam Alexander zu der Ufer-
gegend, wo er den Generalen Kraterus und Hephästion die Flotte
zu erwarten befohlen hatte; sie lagerten schon zu beiden Seiten
des Stromes. Hier rastete Heer und Flotte zwei Tage, um den
Satrapen Philipp mit der Nachhut der großen Armee herankom-
men zu lassen. Sobald die gesammte Macedonische Kriegsmacht
beieinander war, traf Alexander die Einrichtungen, welche beim

85) Arrian VI. 3. 5. Plin. XIX. 1., der besonders die Pracht
der bunten Seegel schildert.
86) Nach Plinius. VI. 17.
machte Alexander täglich sechshundert Stadien, nach Curtius vier-
zig, beides ist unrichtig; nach achttägiger Fahrt kommt die Flotte
zur Acesines-Mündung, die von dem Ort der Ausfahrt fünf bis
sechs Tagereisen zu Lande (s. Vincent p. 110.), zu Wasser (nach Ma-
cartney's Karte) etwa acht und zwanzig Meilen, die Krümmungen
des Stromes mitgerechnet wohl vierzig Meilen entfernt ist; gewiß
schrieb Curtius statt quadraginta nicht quadringenta, was Freins-
heim vorschlägt.

geſpendet, da gaben alle Trompeten des Heeres zugleich das Zei-
chen zum Aufbruch, und unter Trompetenſchmettern und Alala-
geſchrei ſchlugen die Ruder von allen Schiffen zugleich in die Wel-
len. So fuhr nun das ſeegelbunte Geſchwader, die achtzig Jach-
ten vorauf, in ſchoͤnſter Ordnung den Strom hinab, ein wunder-
bares und unbeſchreibliches Schauſpiel. „Mit nichts vergleichen
laͤßt ſich dieß Rauſchen des Ruderſchlages, der auf allen Schiffen
zugleich ſich wechſelnd hob und ſenkte, dieß gleichmaͤßige Rufen der
Lotſen, wenn das Ruder ruhen, wenn wieder beginnen ſollte, dieß
Hoihogeſchrei der Matroſen, mit der ſie die Arbeit wieder be-
gannen; zwiſchen den hohen Ufern wiederhallte dann hundertfach das
Rufen, und den Rudergeſang wiederholte das Echo; dann wieder
umſchloſſen Waͤlder den Strom, und fern in der Waldeinſamkeit
widerhallte der Fahrenden Ruf; bei Tauſenden ſtanden die In-
dier an den Ufern und ſahen ſtaunend dieß fahrende Heer und die
Streitroſſe auf den Schiffen mit wehenden Wimpeln, und die
wunderbare, ſtets gleiche Ordnung der Geſchwader; ſie jauchzten
dem Rufe der Ruderer entgegen und zogen ſingend den Strom
mit hinab 85).“

Nach einer dreitaͤgigen Fahrt 86) kam Alexander zu der Ufer-
gegend, wo er den Generalen Kraterus und Hephaͤſtion die Flotte
zu erwarten befohlen hatte; ſie lagerten ſchon zu beiden Seiten
des Stromes. Hier raſtete Heer und Flotte zwei Tage, um den
Satrapen Philipp mit der Nachhut der großen Armee herankom-
men zu laſſen. Sobald die geſammte Macedoniſche Kriegsmacht
beieinander war, traf Alexander die Einrichtungen, welche beim

85) Arrian VI. 3. 5. Plin. XIX. 1., der beſonders die Pracht
der bunten Seegel ſchildert.
86) Nach Plinius. VI. 17.
machte Alexander taͤglich ſechshundert Stadien, nach Curtius vier-
zig, beides iſt unrichtig; nach achttaͤgiger Fahrt kommt die Flotte
zur Aceſines-Muͤndung, die von dem Ort der Ausfahrt fuͤnf bis
ſechs Tagereiſen zu Lande (ſ. Vincent p. 110.), zu Waſſer (nach Ma-
cartney’s Karte) etwa acht und zwanzig Meilen, die Kruͤmmungen
des Stromes mitgerechnet wohl vierzig Meilen entfernt iſt; gewiß
ſchrieb Curtius ſtatt quadraginta nicht quadringenta, was Freins-
heim vorſchlaͤgt.
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[429/0443] geſpendet, da gaben alle Trompeten des Heeres zugleich das Zei- chen zum Aufbruch, und unter Trompetenſchmettern und Alala- geſchrei ſchlugen die Ruder von allen Schiffen zugleich in die Wel- len. So fuhr nun das ſeegelbunte Geſchwader, die achtzig Jach- ten vorauf, in ſchoͤnſter Ordnung den Strom hinab, ein wunder- bares und unbeſchreibliches Schauſpiel. „Mit nichts vergleichen laͤßt ſich dieß Rauſchen des Ruderſchlages, der auf allen Schiffen zugleich ſich wechſelnd hob und ſenkte, dieß gleichmaͤßige Rufen der Lotſen, wenn das Ruder ruhen, wenn wieder beginnen ſollte, dieß Hoihogeſchrei der Matroſen, mit der ſie die Arbeit wieder be- gannen; zwiſchen den hohen Ufern wiederhallte dann hundertfach das Rufen, und den Rudergeſang wiederholte das Echo; dann wieder umſchloſſen Waͤlder den Strom, und fern in der Waldeinſamkeit widerhallte der Fahrenden Ruf; bei Tauſenden ſtanden die In- dier an den Ufern und ſahen ſtaunend dieß fahrende Heer und die Streitroſſe auf den Schiffen mit wehenden Wimpeln, und die wunderbare, ſtets gleiche Ordnung der Geſchwader; ſie jauchzten dem Rufe der Ruderer entgegen und zogen ſingend den Strom mit hinab 85).“ Nach einer dreitaͤgigen Fahrt 86) kam Alexander zu der Ufer- gegend, wo er den Generalen Kraterus und Hephaͤſtion die Flotte zu erwarten befohlen hatte; ſie lagerten ſchon zu beiden Seiten des Stromes. Hier raſtete Heer und Flotte zwei Tage, um den Satrapen Philipp mit der Nachhut der großen Armee herankom- men zu laſſen. Sobald die geſammte Macedoniſche Kriegsmacht beieinander war, traf Alexander die Einrichtungen, welche beim 85) Arrian VI. 3. 5. Plin. XIX. 1., der beſonders die Pracht der bunten Seegel ſchildert. 86) Nach Plinius. VI. 17. machte Alexander taͤglich ſechshundert Stadien, nach Curtius vier- zig, beides iſt unrichtig; nach achttaͤgiger Fahrt kommt die Flotte zur Aceſines-Muͤndung, die von dem Ort der Ausfahrt fuͤnf bis ſechs Tagereiſen zu Lande (ſ. Vincent p. 110.), zu Waſſer (nach Ma- cartney’s Karte) etwa acht und zwanzig Meilen, die Kruͤmmungen des Stromes mitgerechnet wohl vierzig Meilen entfernt iſt; gewiß ſchrieb Curtius ſtatt quadraginta nicht quadringenta, was Freins- heim vorſchlaͤgt.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/443>, abgerufen am 26.04.2024.