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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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2.
Und wär' es wahr auch, daß der Jahre Hand
Dir Furchen in die reine Stirn geschrieben,
Nicht so elastisch deiner Züge Band
Bezeichne mehr dein Zürnen und dein Lieben,
Wenn minder klar die Hülle dich umschlingt,
Durch die der Strahl, der gottbeseelte, dringt,
Mir bist die Gleiche immer du geblieben.
Wenn minder stolz und edel die Gestalt,
Ich kenne sie, die ungebeugte Seele;
Wenn es wie Nebel deine Stirn umwallt,
Ich weiß es, daß die Wolke Strahlen hehle;
Und deiner reichen Stimme tiefer Klang
Verhallend geisterhaft, wie Wellensang,
Ich fühl' es, daß kein Liebeshauch ihm fehle.
O Fluch des Alters, wenn das Lebensheil
Mit ihm, dem Gottesbilde müßte weichen!
Wenn minder liebewarm ein Lächeln, weil
Ihm Kummer eingegraben seine Zeichen!
Ein Auge gütig nur, so lange leicht
Und silbern sich die Thräne ihm entschleicht,
Und ros'ge Wangen zücht'ger als die bleichen.
2.
Und wär’ es wahr auch, daß der Jahre Hand
Dir Furchen in die reine Stirn geſchrieben,
Nicht ſo elaſtiſch deiner Züge Band
Bezeichne mehr dein Zürnen und dein Lieben,
Wenn minder klar die Hülle dich umſchlingt,
Durch die der Strahl, der gottbeſeelte, dringt,
Mir biſt die Gleiche immer du geblieben.
Wenn minder ſtolz und edel die Geſtalt,
Ich kenne ſie, die ungebeugte Seele;
Wenn es wie Nebel deine Stirn umwallt,
Ich weiß es, daß die Wolke Strahlen hehle;
Und deiner reichen Stimme tiefer Klang
Verhallend geiſterhaft, wie Wellenſang,
Ich fühl’ es, daß kein Liebeshauch ihm fehle.
O Fluch des Alters, wenn das Lebensheil
Mit ihm, dem Gottesbilde müßte weichen!
Wenn minder liebewarm ein Lächeln, weil
Ihm Kummer eingegraben ſeine Zeichen!
Ein Auge gütig nur, ſo lange leicht
Und ſilbern ſich die Thräne ihm entſchleicht,
Und roſ’ge Wangen zücht’ger als die bleichen.
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[52/0068] 2. Und wär’ es wahr auch, daß der Jahre Hand Dir Furchen in die reine Stirn geſchrieben, Nicht ſo elaſtiſch deiner Züge Band Bezeichne mehr dein Zürnen und dein Lieben, Wenn minder klar die Hülle dich umſchlingt, Durch die der Strahl, der gottbeſeelte, dringt, Mir biſt die Gleiche immer du geblieben. Wenn minder ſtolz und edel die Geſtalt, Ich kenne ſie, die ungebeugte Seele; Wenn es wie Nebel deine Stirn umwallt, Ich weiß es, daß die Wolke Strahlen hehle; Und deiner reichen Stimme tiefer Klang Verhallend geiſterhaft, wie Wellenſang, Ich fühl’ es, daß kein Liebeshauch ihm fehle. O Fluch des Alters, wenn das Lebensheil Mit ihm, dem Gottesbilde müßte weichen! Wenn minder liebewarm ein Lächeln, weil Ihm Kummer eingegraben ſeine Zeichen! Ein Auge gütig nur, ſo lange leicht Und ſilbern ſich die Thräne ihm entſchleicht, Und roſ’ge Wangen zücht’ger als die bleichen.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/68>, abgerufen am 22.12.2024.