Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Und sieh nur! drüben schreitet
Der gute Pfarrer just,
Er hat den Gast geleitet
Und spricht aus voller Brust:
"Es ist doch wahr! mein Haus,
So nett und blank da droben,
Ich muß es selber loben,
Es nimmt sich einzig aus."

Donnerstag.
Winde rauschen, Flocken tanzen,
Jede Schwalbe sucht das Haus,
Nur der Pfarrer unerschrocken
Segelt in den Sturm hinaus.
Nicht zum besten sind die Pfade,
Aber leidlich würd' es seyn,
Trüg er unter seinem Mantel
Nicht die Aepfel und den Wein.
Ach, ihm ist so wohl zu Muthe,
Daß dem kranken Zimmermann
Er die längst gegönnte Gabe
Endlich einmal bieten kann.
Immer muß er heimlich lachen,
Wie die Anne Aepfel las,
Und wie er den Wein stipitzte,
Während sie im Keller saß.
Und ſieh nur! drüben ſchreitet
Der gute Pfarrer juſt,
Er hat den Gaſt geleitet
Und ſpricht aus voller Bruſt:
„Es iſt doch wahr! mein Haus,
So nett und blank da droben,
Ich muß es ſelber loben,
Es nimmt ſich einzig aus.“

Donnerstag.
Winde rauſchen, Flocken tanzen,
Jede Schwalbe ſucht das Haus,
Nur der Pfarrer unerſchrocken
Segelt in den Sturm hinaus.
Nicht zum beſten ſind die Pfade,
Aber leidlich würd' es ſeyn,
Trüg er unter ſeinem Mantel
Nicht die Aepfel und den Wein.
Ach, ihm iſt ſo wohl zu Muthe,
Daß dem kranken Zimmermann
Er die längſt gegönnte Gabe
Endlich einmal bieten kann.
Immer muß er heimlich lachen,
Wie die Anne Aepfel las,
Und wie er den Wein ſtipitzte,
Während ſie im Keller ſaß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0257" n="243"/>
              <lg n="9">
                <l>Und &#x017F;ieh nur! drüben &#x017F;chreitet</l><lb/>
                <l>Der gute Pfarrer ju&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Er hat den Ga&#x017F;t geleitet</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;pricht aus voller Bru&#x017F;t:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Es i&#x017F;t doch wahr! mein Haus,</l><lb/>
                <l>So nett und blank da droben,</l><lb/>
                <l>Ich muß es &#x017F;elber loben,</l><lb/>
                <l>Es nimmt &#x017F;ich einzig aus.&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Donnerstag</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Winde rau&#x017F;chen, Flocken tanzen,</l><lb/>
                <l>Jede Schwalbe &#x017F;ucht das Haus,</l><lb/>
                <l>Nur der Pfarrer uner&#x017F;chrocken</l><lb/>
                <l>Segelt in den Sturm hinaus.</l><lb/>
                <l>Nicht zum be&#x017F;ten &#x017F;ind die Pfade,</l><lb/>
                <l>Aber leidlich würd' es &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>Trüg er unter &#x017F;einem Mantel</l><lb/>
                <l>Nicht die Aepfel und den Wein.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Ach, ihm i&#x017F;t &#x017F;o wohl zu Muthe,</l><lb/>
                <l>Daß dem kranken Zimmermann</l><lb/>
                <l>Er die läng&#x017F;t gegönnte Gabe</l><lb/>
                <l>Endlich einmal bieten kann.</l><lb/>
                <l>Immer muß er heimlich lachen,</l><lb/>
                <l>Wie die Anne Aepfel las,</l><lb/>
                <l>Und wie er den Wein &#x017F;tipitzte,</l><lb/>
                <l>Während &#x017F;ie im Keller &#x017F;aß.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0257] Und ſieh nur! drüben ſchreitet Der gute Pfarrer juſt, Er hat den Gaſt geleitet Und ſpricht aus voller Bruſt: „Es iſt doch wahr! mein Haus, So nett und blank da droben, Ich muß es ſelber loben, Es nimmt ſich einzig aus.“ Donnerstag. Winde rauſchen, Flocken tanzen, Jede Schwalbe ſucht das Haus, Nur der Pfarrer unerſchrocken Segelt in den Sturm hinaus. Nicht zum beſten ſind die Pfade, Aber leidlich würd' es ſeyn, Trüg er unter ſeinem Mantel Nicht die Aepfel und den Wein. Ach, ihm iſt ſo wohl zu Muthe, Daß dem kranken Zimmermann Er die längſt gegönnte Gabe Endlich einmal bieten kann. Immer muß er heimlich lachen, Wie die Anne Aepfel las, Und wie er den Wein ſtipitzte, Während ſie im Keller ſaß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/257
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/257>, abgerufen am 30.12.2024.