Jüngst hab' ich dich gesehn im Traum, So lieblich saßest du behütet, In einer Laube grünem Raum, Von duftendem Jasmin umblüthet, Durch Zweige fiel das goldne Licht, Aus Vogelkehlen ward gesungen, Du saßest da, wie ein Gedicht Von einem Blumenkranz umschlungen.
Und deine liebe Rechte trug Das Antlitz mit so edlen Sitten, Im Sand das aufgeschlagne Buch Schien von dem Schooße dir geglitten; Dich lehnend an den frischen Haag Hauchtest du flüsternd leise Küsse, Im Auge eine Thräne lag Wie Thau im Kelche der Narzisse.
Dich anzuschaun war meine Lust, Zu lauschen deiner Züge Regen, Und dennoch hätt' ich gern gewußt, Was dich so innig mocht' bewegen? Da bogst du sacht hinab den Zweig, Strichst lächelnd an der Spitzenhaube, An deine Schulter huscht' ich gleich, Sah einen Baum in schlichtem Laube:
Der Traum.
An Amalie H.
Jüngſt hab' ich dich geſehn im Traum, So lieblich ſaßeſt du behütet, In einer Laube grünem Raum, Von duftendem Jasmin umblüthet, Durch Zweige fiel das goldne Licht, Aus Vogelkehlen ward geſungen, Du ſaßeſt da, wie ein Gedicht Von einem Blumenkranz umſchlungen.
Und deine liebe Rechte trug Das Antlitz mit ſo edlen Sitten, Im Sand das aufgeſchlagne Buch Schien von dem Schooße dir geglitten; Dich lehnend an den friſchen Haag Hauchteſt du flüſternd leiſe Küſſe, Im Auge eine Thräne lag Wie Thau im Kelche der Narziſſe.
Dich anzuſchaun war meine Luſt, Zu lauſchen deiner Züge Regen, Und dennoch hätt' ich gern gewußt, Was dich ſo innig mocht' bewegen? Da bogſt du ſacht hinab den Zweig, Strichſt lächelnd an der Spitzenhaube, An deine Schulter huſcht' ich gleich, Sah einen Baum in ſchlichtem Laube:
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Der Traum.
An Amalie H.
Jüngſt hab' ich dich geſehn im Traum,
So lieblich ſaßeſt du behütet,
In einer Laube grünem Raum,
Von duftendem Jasmin umblüthet,
Durch Zweige fiel das goldne Licht,
Aus Vogelkehlen ward geſungen,
Du ſaßeſt da, wie ein Gedicht
Von einem Blumenkranz umſchlungen.
Und deine liebe Rechte trug
Das Antlitz mit ſo edlen Sitten,
Im Sand das aufgeſchlagne Buch
Schien von dem Schooße dir geglitten;
Dich lehnend an den friſchen Haag
Hauchteſt du flüſternd leiſe Küſſe,
Im Auge eine Thräne lag
Wie Thau im Kelche der Narziſſe.
Dich anzuſchaun war meine Luſt,
Zu lauſchen deiner Züge Regen,
Und dennoch hätt' ich gern gewußt,
Was dich ſo innig mocht' bewegen?
Da bogſt du ſacht hinab den Zweig,
Strichſt lächelnd an der Spitzenhaube,
An deine Schulter huſcht' ich gleich,
Sah einen Baum in ſchlichtem Laube:
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/174>, abgerufen am 30.12.2024.
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