An deinem Sarge standen wir, Du fromme milde Leidenspalme, Wir legten in die Hände dir Des Lenzes linde Blütenhalme; An deiner Brust, wie eingenickt, Die blauen Seidenschleifen lagen; So, mit der Treue Bild geschmückt, Hat man dich in die Gruft getragen.
Die Sonne sticht, der Regen rauscht -- Wir sitzen schweigend und beklommen; Es knirrt im Flur, und Jeder lauscht, Als dächten wir du könntest kommen; In jedem Winkel suchen wir Nach deinem Lächeln, deinem Blicke, Wer lehnte je am Busen dir, Und fühlt im Herzen keine Lücke?
Daß dein Erkennen stark und klar, Auch Andre mögens mit dir theilen, Doch daß du so gerecht und wahr, Daß Segen jede deiner Zeilen,
* Henriette von Hohenhausen, in Herford geboren, starb im April des Jahres 1843 zu Münster, Sie ist Verfasserin verschiedener Erzählungen, Gedichte und Jugendschriften, die sich durch sittlich religiöse Richtung und große Gemüthlichkeit auszeichnen.
Nachruf an Henriette von Hohenhauſen.*
An deinem Sarge ſtanden wir, Du fromme milde Leidenſpalme, Wir legten in die Hände dir Des Lenzes linde Blütenhalme; An deiner Bruſt, wie eingenickt, Die blauen Seidenſchleifen lagen; So, mit der Treue Bild geſchmückt, Hat man dich in die Gruft getragen.
Die Sonne ſticht, der Regen rauſcht — Wir ſitzen ſchweigend und beklommen; Es knirrt im Flur, und Jeder lauſcht, Als dächten wir du könnteſt kommen; In jedem Winkel ſuchen wir Nach deinem Lächeln, deinem Blicke, Wer lehnte je am Buſen dir, Und fühlt im Herzen keine Lücke?
Daß dein Erkennen ſtark und klar, Auch Andre mögens mit dir theilen, Doch daß du ſo gerecht und wahr, Daß Segen jede deiner Zeilen,
* Henriette von Hohenhauſen, in Herford geboren, ſtarb im April des Jahres 1843 zu Münſter, Sie iſt Verfaſſerin verſchiedener Erzählungen, Gedichte und Jugendſchriften, die ſich durch ſittlich religiöſe Richtung und große Gemüthlichkeit auszeichnen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0156"n="142"/></div></div><divn="2"><head><hirendition="#b">Nachruf an Henriette von Hohenhauſen.</hi><noteplace="foot"n="*">Henriette von Hohenhauſen, in Herford geboren, ſtarb im April des<lb/>
Jahres 1843 zu Münſter, Sie iſt Verfaſſerin verſchiedener Erzählungen,<lb/>
Gedichte und Jugendſchriften, die ſich durch ſittlich religiöſe Richtung und<lb/>
große Gemüthlichkeit auszeichnen.<lb/></note><lb/></head><lgtype="poem"><lgn="1"><l>An deinem Sarge ſtanden wir,</l><lb/><l>Du fromme milde Leidenſpalme,</l><lb/><l>Wir legten in die Hände dir</l><lb/><l>Des Lenzes linde Blütenhalme;</l><lb/><l>An deiner Bruſt, wie eingenickt,</l><lb/><l>Die blauen Seidenſchleifen lagen;</l><lb/><l>So, mit der Treue Bild geſchmückt,</l><lb/><l>Hat man dich in die Gruft getragen.</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Die Sonne ſticht, der Regen rauſcht —</l><lb/><l>Wir ſitzen ſchweigend und beklommen;</l><lb/><l>Es knirrt im Flur, und Jeder lauſcht,</l><lb/><l>Als dächten wir du könnteſt kommen;</l><lb/><l>In jedem Winkel ſuchen wir</l><lb/><l>Nach deinem Lächeln, deinem Blicke,</l><lb/><l>Wer lehnte je am Buſen dir,</l><lb/><l>Und fühlt im Herzen keine Lücke?</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Daß dein Erkennen ſtark und klar,</l><lb/><l>Auch Andre mögens mit dir theilen,</l><lb/><l>Doch daß du ſo gerecht und wahr,</l><lb/><l>Daß Segen jede deiner Zeilen,</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[142/0156]
Nachruf an Henriette von Hohenhauſen. *
An deinem Sarge ſtanden wir,
Du fromme milde Leidenſpalme,
Wir legten in die Hände dir
Des Lenzes linde Blütenhalme;
An deiner Bruſt, wie eingenickt,
Die blauen Seidenſchleifen lagen;
So, mit der Treue Bild geſchmückt,
Hat man dich in die Gruft getragen.
Die Sonne ſticht, der Regen rauſcht —
Wir ſitzen ſchweigend und beklommen;
Es knirrt im Flur, und Jeder lauſcht,
Als dächten wir du könnteſt kommen;
In jedem Winkel ſuchen wir
Nach deinem Lächeln, deinem Blicke,
Wer lehnte je am Buſen dir,
Und fühlt im Herzen keine Lücke?
Daß dein Erkennen ſtark und klar,
Auch Andre mögens mit dir theilen,
Doch daß du ſo gerecht und wahr,
Daß Segen jede deiner Zeilen,
* Henriette von Hohenhauſen, in Herford geboren, ſtarb im April des
Jahres 1843 zu Münſter, Sie iſt Verfaſſerin verſchiedener Erzählungen,
Gedichte und Jugendſchriften, die ſich durch ſittlich religiöſe Richtung und
große Gemüthlichkeit auszeichnen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/156>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.