Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Meine Todten.
Wer eine ernste Fahrt beginnt,
Die Muth bedarf und frischen Wind,
Er schaut verlangend in die Weite
Nach eines treuen Auges Brand,
Nach einem warmen Druck der Hand,
Nach einem Wort, das ihn geleite.
Ein ernstes Wagen heb' ich an,
So tret' ich denn zu euch hinan,
Ihr meine stillen strengen Todten;
Ich bin erwacht an eurer Gruft,
Aus Wasser, Feuer, Erde, Luft,
Hat eure Stimme mir geboten.
Wenn die Natur in Hader lag,
Und durch die Wolkenwirbel brach
Ein Funke jener tausend Sonnen, --
Sprecht aus der Elemente Streit
Ihr nicht von einer Ewigkeit
Und unerschöpften Lichtes Bronnen?
Am Hange schlich ich, krank und matt,
Da habt ihr mir das welke Blatt
Mit Warnungsflüstern zugetragen,
Gelächelt aus der Welle Kreis,
Habt aus des Angers starrem Eis
Die Blumenaugen aufgeschlagen.
Meine Todten.
Wer eine ernſte Fahrt beginnt,
Die Muth bedarf und friſchen Wind,
Er ſchaut verlangend in die Weite
Nach eines treuen Auges Brand,
Nach einem warmen Druck der Hand,
Nach einem Wort, das ihn geleite.
Ein ernſtes Wagen heb' ich an,
So tret' ich denn zu euch hinan,
Ihr meine ſtillen ſtrengen Todten;
Ich bin erwacht an eurer Gruft,
Aus Waſſer, Feuer, Erde, Luft,
Hat eure Stimme mir geboten.
Wenn die Natur in Hader lag,
Und durch die Wolkenwirbel brach
Ein Funke jener tauſend Sonnen, —
Sprecht aus der Elemente Streit
Ihr nicht von einer Ewigkeit
Und unerſchöpften Lichtes Bronnen?
Am Hange ſchlich ich, krank und matt,
Da habt ihr mir das welke Blatt
Mit Warnungsflüſtern zugetragen,
Gelächelt aus der Welle Kreis,
Habt aus des Angers ſtarrem Eis
Die Blumenaugen aufgeſchlagen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0132" n="118"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meine Todten.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wer eine ern&#x017F;te Fahrt beginnt,</l><lb/>
              <l>Die Muth bedarf und fri&#x017F;chen Wind,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;chaut verlangend in die Weite</l><lb/>
              <l>Nach eines treuen Auges Brand,</l><lb/>
              <l>Nach einem warmen Druck der Hand,</l><lb/>
              <l>Nach einem Wort, das ihn geleite.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Ein ern&#x017F;tes Wagen heb' ich an,</l><lb/>
              <l>So tret' ich denn zu euch hinan,</l><lb/>
              <l>Ihr meine &#x017F;tillen &#x017F;trengen Todten;</l><lb/>
              <l>Ich bin erwacht an eurer Gruft,</l><lb/>
              <l>Aus Wa&#x017F;&#x017F;er, Feuer, Erde, Luft,</l><lb/>
              <l>Hat eure Stimme mir geboten.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Wenn die Natur in Hader lag,</l><lb/>
              <l>Und durch die Wolkenwirbel brach</l><lb/>
              <l>Ein Funke jener tau&#x017F;end Sonnen, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Sprecht aus der Elemente Streit</l><lb/>
              <l>Ihr nicht von einer Ewigkeit</l><lb/>
              <l>Und uner&#x017F;chöpften Lichtes Bronnen?</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Am Hange &#x017F;chlich ich, krank und matt,</l><lb/>
              <l>Da habt ihr mir das welke Blatt</l><lb/>
              <l>Mit Warnungsflü&#x017F;tern zugetragen,</l><lb/>
              <l>Gelächelt aus der Welle Kreis,</l><lb/>
              <l>Habt aus des Angers &#x017F;tarrem Eis</l><lb/>
              <l>Die Blumenaugen aufge&#x017F;chlagen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0132] Meine Todten. Wer eine ernſte Fahrt beginnt, Die Muth bedarf und friſchen Wind, Er ſchaut verlangend in die Weite Nach eines treuen Auges Brand, Nach einem warmen Druck der Hand, Nach einem Wort, das ihn geleite. Ein ernſtes Wagen heb' ich an, So tret' ich denn zu euch hinan, Ihr meine ſtillen ſtrengen Todten; Ich bin erwacht an eurer Gruft, Aus Waſſer, Feuer, Erde, Luft, Hat eure Stimme mir geboten. Wenn die Natur in Hader lag, Und durch die Wolkenwirbel brach Ein Funke jener tauſend Sonnen, — Sprecht aus der Elemente Streit Ihr nicht von einer Ewigkeit Und unerſchöpften Lichtes Bronnen? Am Hange ſchlich ich, krank und matt, Da habt ihr mir das welke Blatt Mit Warnungsflüſtern zugetragen, Gelächelt aus der Welle Kreis, Habt aus des Angers ſtarrem Eis Die Blumenaugen aufgeſchlagen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/132
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/132>, abgerufen am 21.12.2024.