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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Zehende
als den Teufeln die Gnaden-Pforte beschlossen/ allen nunmehr verdamm-
ten Höllen-Bränden/ die die Gnaden-Zeit versaumet/ denen ist alle Hoff-
nung abgesagt; Aber HJE/ HJE/ HJE ist noch Hoffnung/
HJE all Sünde vergeben werden/ HJE heisset es: Credo
remissionem peccatorum,
Jch glaube gewiß eine Verge-
bung der Sünden/ HJE
in der Christlichen Kirchen/ Gott hat
alle Menschen unter den Vnglauben beschlossen/
gleich als in
Rom. 11,
32.
Gal.
3, 22.
einem Kercker. Wann ein König viel Mörder/ Diebe und Strassenräuber
und dergleichen böse Buben ins Gefängnüß legen und sagen solte/ Jch
hab diese saubere Gesellen alle miteinander in die Hafft gezogen: niemand
wird aus solchen Worten ein andere consequentz und Folge schliessen können
als diese: ad Justitiam, ad Nemesin, auff daß ich sie alle wegen ihrer Miß-
handlung abstraffe andern zum Exempel. Aber in dem mildesten Gnaden-
Gericht/ kommt gar eine andere unverhoffte consequentz heraus/ deren man
sich nicht hätte versehen/ die lautet also: Auff daß er sich ihrer aller
erbarme.

Doch mit angehengter condition der Göttlichen Ordnung/ so sie
sich demütigen und appelliren vom Thron der Gerechtigkeit zu dem Gna-
den-Thron: wann sie sich von Mose als dem Zuchtmeister lassen führen und
leiten zu Christo: wann sie von den Wunden zu dem Artzt/ von dem credi-
tore
und Gläubiger zu dem Bürgen sich begeben; Er der medicus selbst gibt
Luc. 12, 58.
59.
einen guten Rath; So du mit deinem Widersacher für den Fur-
sten gehest/ so thue Fleiß an auff dem Wege/ daß du sein loß
werdest/
als wolte er sagen: Verklaget dich einer für Gerichte/ und dir
ist nicht geheuer bey der Sache/ so wag es nicht/ vergleiche dich mit ihm güt-
lich/ mache ihn klagloß/ auff daß er dich nicht etwan für den Rich-
ter ziehe/
und mit scharffem Recht mit dir verfahre: und der Richter
(wann du sachfällig worden) über antworte dich dem Stockmei-
ster/ und der
Stockmeister werffe dich ins Gefängnüß/ Jch
sage dir/ du wirst nicht von dannen heraus kommen/ biß du
den letzten Heller bezahlest;
Aber das wird wol anstehen biß in Ewig-
keit. Also wer mit Mose will rechten/ der verlieret es richtig/ er ist gar zu
accurat, hart und scharff/ er will bey einem Oertlein oder Hellerlein bezahlet
werden. Jn der Welt gewinnet mancher eine böse/ faule Sache vor Ge-
richt/ da man bißweilen die kleine Diebe hencket/ die grossen aber lässet

durch-

Die Zehende
als den Teufeln die Gnaden-Pforte beſchloſſen/ allen nunmehr verdamm-
ten Hoͤllen-Braͤnden/ die die Gnaden-Zeit verſaumet/ denen iſt alle Hoff-
nung abgeſagt; Aber HJE/ HJE/ HJE iſt noch Hoffnung/
HJE all Suͤnde vergeben werden/ HJE heiſſet es: Credo
remiſſionem peccatorum,
Jch glaube gewiß eine Verge-
bung der Suͤnden/ HJE
in der Chriſtlichen Kirchen/ Gott hat
alle Menſchen unter den Vnglauben beſchloſſen/
gleich als in
Rom. 11,
32.
Gal.
3, 22.
einem Kercker. Wann ein Koͤnig viel Moͤrder/ Diebe und Straſſenraͤuber
und dergleichen boͤſe Buben ins Gefaͤngnuͤß legen und ſagen ſolte/ Jch
hab dieſe ſaubere Geſellen alle miteinander in die Hafft gezogen: niemand
wird aus ſolchen Wortẽ ein andere conſequentz und Folge ſchlieſſen koͤñen
als dieſe: ad Juſtitiam, ad Nemeſin, auff daß ich ſie alle wegen ihrer Miß-
handlung abſtraffe andern zum Exempel. Aber in dem mildeſten Gnaden-
Gericht/ kom̃t gar eine andere unverhoffte conſequentz heraus/ deren man
ſich nicht haͤtte verſehen/ die lautet alſo: Auff daß er ſich ihrer aller
erbarme.

Doch mit angehengter condition der Goͤttlichen Ordnung/ ſo ſie
ſich demuͤtigen und appelliren vom Thron der Gerechtigkeit zu dem Gna-
den-Thron: wañ ſie ſich von Moſe als dem Zuchtmeiſter laſſen fuͤhren und
leiten zu Chriſto: wann ſie von den Wunden zu dem Artzt/ von dem credi-
tore
und Glaͤubiger zu dem Buͤrgen ſich begebẽ; Er der medicus ſelbſt gibt
Luc. 12, 58.
59.
einen guten Rath; So du mit deinem Widerſacher fuͤr den Fůr-
ſten geheſt/ ſo thue Fleiß an auff dem Wege/ daß du ſein loß
werdeſt/
als wolte er ſagen: Verklaget dich einer fuͤr Gerichte/ und dir
iſt nicht geheuer bey der Sache/ ſo wag es nicht/ vergleiche dich mit ihm guͤt-
lich/ mache ihn klagloß/ auff daß er dich nicht etwan fuͤr den Rich-
ter ziehe/
und mit ſcharffem Recht mit dir verfahre: und der Richter
(wann du ſachfaͤllig worden) uͤber antworte dich dem Stockmei-
ſter/ und der
Stockmeiſter werffe dich ins Gefaͤngnuͤß/ Jch
ſage dir/ du wirſt nicht von dannen heraus kommen/ biß du
den letzten Heller bezahleſt;
Aber das wird wol anſtehen biß in Ewig-
keit. Alſo wer mit Moſe will rechten/ der verlieret es richtig/ er iſt gar zu
accurat, hart und ſcharff/ er will bey einem Oertlein oder Hellerlein bezahlet
werden. Jn der Welt gewinnet mancher eine boͤſe/ faule Sache vor Ge-
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[128/0160] Die Zehende als den Teufeln die Gnaden-Pforte beſchloſſen/ allen nunmehr verdamm- ten Hoͤllen-Braͤnden/ die die Gnaden-Zeit verſaumet/ denen iſt alle Hoff- nung abgeſagt; Aber HJE/ HJE/ HJE iſt noch Hoffnung/ HJE all Suͤnde vergeben werden/ HJE heiſſet es: Credo remiſſionem peccatorum, Jch glaube gewiß eine Verge- bung der Suͤnden/ HJE in der Chriſtlichen Kirchen/ Gott hat alle Menſchen unter den Vnglauben beſchloſſen/ gleich als in einem Kercker. Wann ein Koͤnig viel Moͤrder/ Diebe und Straſſenraͤuber und dergleichen boͤſe Buben ins Gefaͤngnuͤß legen und ſagen ſolte/ Jch hab dieſe ſaubere Geſellen alle miteinander in die Hafft gezogen: niemand wird aus ſolchen Wortẽ ein andere conſequentz und Folge ſchlieſſen koͤñen als dieſe: ad Juſtitiam, ad Nemeſin, auff daß ich ſie alle wegen ihrer Miß- handlung abſtraffe andern zum Exempel. Aber in dem mildeſten Gnaden- Gericht/ kom̃t gar eine andere unverhoffte conſequentz heraus/ deren man ſich nicht haͤtte verſehen/ die lautet alſo: Auff daß er ſich ihrer aller erbarme. Rom. 11, 32. Gal. 3, 22. Doch mit angehengter condition der Goͤttlichen Ordnung/ ſo ſie ſich demuͤtigen und appelliren vom Thron der Gerechtigkeit zu dem Gna- den-Thron: wañ ſie ſich von Moſe als dem Zuchtmeiſter laſſen fuͤhren und leiten zu Chriſto: wann ſie von den Wunden zu dem Artzt/ von dem credi- tore und Glaͤubiger zu dem Buͤrgen ſich begebẽ; Er der medicus ſelbſt gibt einen guten Rath; So du mit deinem Widerſacher fuͤr den Fůr- ſten geheſt/ ſo thue Fleiß an auff dem Wege/ daß du ſein loß werdeſt/ als wolte er ſagen: Verklaget dich einer fuͤr Gerichte/ und dir iſt nicht geheuer bey der Sache/ ſo wag es nicht/ vergleiche dich mit ihm guͤt- lich/ mache ihn klagloß/ auff daß er dich nicht etwan fuͤr den Rich- ter ziehe/ und mit ſcharffem Recht mit dir verfahre: und der Richter (wann du ſachfaͤllig worden) uͤber antworte dich dem Stockmei- ſter/ und der Stockmeiſter werffe dich ins Gefaͤngnuͤß/ Jch ſage dir/ du wirſt nicht von dannen heraus kommen/ biß du den letzten Heller bezahleſt; Aber das wird wol anſtehen biß in Ewig- keit. Alſo wer mit Moſe will rechten/ der verlieret es richtig/ er iſt gar zu accurat, hart und ſcharff/ er will bey einem Oertlein oder Hellerlein bezahlet werden. Jn der Welt gewinnet mancher eine boͤſe/ faule Sache vor Ge- richt/ da man bißweilen die kleine Diebe hencket/ die groſſen aber laͤſſet durch- Luc. 12, 58. 59.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/160>, abgerufen am 26.04.2024.