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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653.

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Die Vierdte
mir aber leider wie einem jungen zarten Rebreißlin/ so an einem Reb-
stock angebunden/ das kan nicht empor/ es wird mit Gewalt zur Erden
gekrümmet/ laßt mans loß/ so schwinget sichs alsbald in die höhe: also tru-
cket mich das beywohnend Sündenband hienab zur Erden. Ach wie gern
were ich desselben quit vnd loß? Darumm o HErr nach dir verlanget mich/
mein Hertz/ Sinn vnd Begierd stehen zu dem der Jacob über der Leyter
erschinen/ wann werde ich dahin kommen/ daß ich sein Antlitz sehe? hie lig
ich auff dem harten Creutzstein ohne Ruh! ich sehne mich nach dir Gott
vnd nach deinem Schoß/ der ewigen Ruhe! Lasset vns in allem Creutz/
Trübsal vnnd Widerwertigkeit hinauff sehen gen Himmel/ ja mitten
vnter den Creutzsteinen vnd in der letzten Todtes noth mit S. Stephano
gen Himmel sehen vnd sagen/ Welt gut Nacht/ ich sehe den Himmel
offen.
Den bescher vns allen Christus Jesus der ihn vns erworben/
Amen!



Die Vierdte Predigt.

Von der Göttichen Rede vnd Verheissung
deß gesegneten Samens.

GEliebte in Christo. Gantz hold seelig vnnd schön vergleicht
Matth. 13,
45, 46.
vnser Heyland das Reich Christi einem Perlin/ da er sagt:
Das Himmelreich ist gleich einem Kauffmann/ der
gute Perlin suchte/ vnd da er ein köstlich Perlein fand/ gieng
er hin/ vnd verkauffte alles was er hatte/ vnd kauffte dasselbe
:
verstehet durch das Perlein sich selbs/ dem er sich vergleicht. I. In ori-
Plin. l. 9.
c.
35.
gine, in dem Vrsprung: das Perlin wird gebohren in der Meer-
schneck/ die ein Jungfraw/ vnd von keinem Zusammengang/ oder von
keiner Vermischung weiß/ auß dem Thaw deß Himmels. Also ist Chri-
stus ein Mensch gebohren auß der Mutter/ die ein reine Jungfraw/ vom
Himmlischen Taw deß H. Geistes befeuchtet gewesen. Vnd wie solches in
der fülle der Zeit/ an seiner Person leiblicher weise beschehen/ also werden
Christo noch heut zu Tag geistlicher weise in der Christlichen Kirch/ durch
das gepredigte Wort/ durch den himmlischen Thaw deß H. Geistes Kinder
Ps. 110, 3.gezeuget. Deine Kinder werden dir gebohren/ wie der Thaw auß

der

Die Vierdte
mir aber leider wie einem jungen zarten Rebreißlin/ ſo an einem Reb-
ſtock angebunden/ das kan nicht empor/ es wird mit Gewalt zur Erden
gekruͤm̃et/ laßt mans loß/ ſo ſchwinget ſichs alsbald in die hoͤhe: alſo tru-
cket mich das beywohnend Suͤndenband hienab zur Erden. Ach wie gern
were ich deſſelben quit vnd loß? Darum̃ o HErꝛ nach dir verlanget mich/
mein Hertz/ Sinn vnd Begierd ſtehen zu dem der Jacob uͤber der Leyter
erſchinen/ wann werde ich dahin kommen/ daß ich ſein Antlitz ſehe? hie lig
ich auff dem harten Creutzſtein ohne Ruh! ich ſehne mich nach dir Gott
vnd nach deinem Schoß/ der ewigen Ruhe! Laſſet vns in allem Creutz/
Truͤbſal vnnd Widerwertigkeit hinauff ſehen gen Himmel/ ja mitten
vnter den Creutzſteinen vnd in der letzten Todtes noth mit S. Stephano
gen Himmel ſehen vnd ſagen/ Welt gut Nacht/ ich ſehe den Him̃el
offen.
Den beſcher vns allen Chriſtus Jeſus der ihn vns erworben/
Amen!



Die Vierdte Predigt.

Von der Goͤttichen Rede vnd Verheiſſung
deß geſegneten Samens.

GEliebte in Chriſto. Gantz hold ſeelig vnnd ſchoͤn vergleicht
Matth. 13,
45, 46.
vnſer Heyland das Reich Chriſti einem Perlin/ da er ſagt:
Das Himmelreich iſt gleich einem Kauffmann/ der
gute Perlin ſuchte/ vnd da er ein koͤſtlich Perlein fand/ gieng
er hin/ vnd verkauffte alles was er hatte/ vnd kauffte daſſelbe
:
verſtehet durch das Perlein ſich ſelbs/ dem er ſich vergleicht. I. In ori-
Plin. l. 9.
c.
35.
gine, in dem Vrſprung: das Perlin wird gebohren in der Meer-
ſchneck/ die ein Jungfraw/ vnd von keinem Zuſammengang/ oder von
keiner Vermiſchung weiß/ auß dem Thaw deß Himmels. Alſo iſt Chri-
ſtus ein Menſch gebohren auß der Mutter/ die ein reine Jungfraw/ vom
Him̃liſchen Taw deß H. Geiſtes befeuchtet geweſen. Vnd wie ſolches in
der fuͤlle der Zeit/ an ſeiner Perſon leiblicher weiſe beſchehen/ alſo werden
Chriſto noch heut zu Tag geiſtlicher weiſe in der Chriſtlichen Kirch/ durch
das gepredigte Wort/ durch den him̃liſchen Thaw deß H. Geiſtes Kinder
Pſ. 110, 3.gezeuget. Deine Kinder werdẽ dir gebohren/ wie der Thaw auß

der
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[34/0052] Die Vierdte mir aber leider wie einem jungen zarten Rebreißlin/ ſo an einem Reb- ſtock angebunden/ das kan nicht empor/ es wird mit Gewalt zur Erden gekruͤm̃et/ laßt mans loß/ ſo ſchwinget ſichs alsbald in die hoͤhe: alſo tru- cket mich das beywohnend Suͤndenband hienab zur Erden. Ach wie gern were ich deſſelben quit vnd loß? Darum̃ o HErꝛ nach dir verlanget mich/ mein Hertz/ Sinn vnd Begierd ſtehen zu dem der Jacob uͤber der Leyter erſchinen/ wann werde ich dahin kommen/ daß ich ſein Antlitz ſehe? hie lig ich auff dem harten Creutzſtein ohne Ruh! ich ſehne mich nach dir Gott vnd nach deinem Schoß/ der ewigen Ruhe! Laſſet vns in allem Creutz/ Truͤbſal vnnd Widerwertigkeit hinauff ſehen gen Himmel/ ja mitten vnter den Creutzſteinen vnd in der letzten Todtes noth mit S. Stephano gen Himmel ſehen vnd ſagen/ Welt gut Nacht/ ich ſehe den Him̃el offen. Den beſcher vns allen Chriſtus Jeſus der ihn vns erworben/ Amen! Die Vierdte Predigt. Von der Goͤttichen Rede vnd Verheiſſung deß geſegneten Samens. GEliebte in Chriſto. Gantz hold ſeelig vnnd ſchoͤn vergleicht vnſer Heyland das Reich Chriſti einem Perlin/ da er ſagt: Das Himmelreich iſt gleich einem Kauffmann/ der gute Perlin ſuchte/ vnd da er ein koͤſtlich Perlein fand/ gieng er hin/ vnd verkauffte alles was er hatte/ vnd kauffte daſſelbe: verſtehet durch das Perlein ſich ſelbs/ dem er ſich vergleicht. I. In ori- gine, in dem Vrſprung: das Perlin wird gebohren in der Meer- ſchneck/ die ein Jungfraw/ vnd von keinem Zuſammengang/ oder von keiner Vermiſchung weiß/ auß dem Thaw deß Himmels. Alſo iſt Chri- ſtus ein Menſch gebohren auß der Mutter/ die ein reine Jungfraw/ vom Him̃liſchen Taw deß H. Geiſtes befeuchtet geweſen. Vnd wie ſolches in der fuͤlle der Zeit/ an ſeiner Perſon leiblicher weiſe beſchehen/ alſo werden Chriſto noch heut zu Tag geiſtlicher weiſe in der Chriſtlichen Kirch/ durch das gepredigte Wort/ durch den him̃liſchen Thaw deß H. Geiſtes Kinder gezeuget. Deine Kinder werdẽ dir gebohren/ wie der Thaw auß der Matth. 13, 45, 46. Plin. l. 9. c. 35. Pſ. 110, 3.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus04_1653/52>, abgerufen am 21.12.2024.