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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Drittes Capitel.
nicht zwar als Gesammtheit; einzelne Häuser desselben tru-
gen die Herrschaft über Theile des Deutschen Reiches davon.
In diesen ehemahls reichsfürstlichen Häusern, welche gegen-
wärtig souveräne Häuser des Deutschen Bundes sind, findet
Untheilbarkeit und Primogenitur statt, im Princip der
alten Lehnsverfassung; aber der niedere Adel Deutschlands
ist hauptsächlich deßhalb außer Stande an die leergewordene
Stelle des hohen zu treten und ein kräftiges Oberhaus in
den neugepflanzten Verfassungen zu bilden, weil er das
Lehnsprincip meist verlassen hat, der Primogenitur wenig
oder nichts einräumt, imgleichen den Adel auf alle Söhne
überträgt. Diejenigen Staaten, welche an zahlreichen
Standesherren einen hohen Adel haben, besitzen in dem-
selben einige reale Elemente für die Ausstattung eines
Oberhauses, insofern die Standesherren geneigt sind, sich
als Glieder der Gesammtheit zu betrachten und geltend zu
machen.

Das Parlament von Großbritannien.

80. Das Oberhaus hat durch die Schottische und
die Irländische Union von den Jahren 1707 und 1800 von
seinem rein politischen Charakter etwas verloren. Denn
die alten Pärieen der unirten Königreiche sind nicht in das
Englische Oberhaus eingetreten; sie senden bloß Deputirte
aus ihrer Mitte, in Schottland nur für ein Parlament,
in Irland auf Lebenslang gewählt. Die Pärie ist mithin
insoweit kein politisches Erbamt mehr und der König kann
dieselbe nicht verleihen, außer insofern er Schotten und
Irländer zu Englischen Pärs erheben kann. Eben so
ist es mit den Irländischen Bischöfen bewandt, von wel-
chen nur 4, für ein Parlament gewählt, im Hause sitzen.
Seit der Roman catholic relief act von 1829, welche

Drittes Capitel.
nicht zwar als Geſammtheit; einzelne Haͤuſer deſſelben tru-
gen die Herrſchaft uͤber Theile des Deutſchen Reiches davon.
In dieſen ehemahls reichsfuͤrſtlichen Haͤuſern, welche gegen-
waͤrtig ſouveraͤne Haͤuſer des Deutſchen Bundes ſind, findet
Untheilbarkeit und Primogenitur ſtatt, im Princip der
alten Lehnsverfaſſung; aber der niedere Adel Deutſchlands
iſt hauptſaͤchlich deßhalb außer Stande an die leergewordene
Stelle des hohen zu treten und ein kraͤftiges Oberhaus in
den neugepflanzten Verfaſſungen zu bilden, weil er das
Lehnsprincip meiſt verlaſſen hat, der Primogenitur wenig
oder nichts einraͤumt, imgleichen den Adel auf alle Soͤhne
uͤbertraͤgt. Diejenigen Staaten, welche an zahlreichen
Standesherren einen hohen Adel haben, beſitzen in dem-
ſelben einige reale Elemente fuͤr die Ausſtattung eines
Oberhauſes, inſofern die Standesherren geneigt ſind, ſich
als Glieder der Geſammtheit zu betrachten und geltend zu
machen.

Das Parlament von Großbritannien.

80. Das Oberhaus hat durch die Schottiſche und
die Irlaͤndiſche Union von den Jahren 1707 und 1800 von
ſeinem rein politiſchen Charakter etwas verloren. Denn
die alten Paͤrieen der unirten Koͤnigreiche ſind nicht in das
Engliſche Oberhaus eingetreten; ſie ſenden bloß Deputirte
aus ihrer Mitte, in Schottland nur fuͤr ein Parlament,
in Irland auf Lebenslang gewaͤhlt. Die Paͤrie iſt mithin
inſoweit kein politiſches Erbamt mehr und der Koͤnig kann
dieſelbe nicht verleihen, außer inſofern er Schotten und
Irlaͤnder zu Engliſchen Paͤrs erheben kann. Eben ſo
iſt es mit den Irlaͤndiſchen Biſchoͤfen bewandt, von wel-
chen nur 4, fuͤr ein Parlament gewaͤhlt, im Hauſe ſitzen.
Seit der Roman catholic relief act von 1829, welche

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[62/0074] Drittes Capitel. nicht zwar als Geſammtheit; einzelne Haͤuſer deſſelben tru- gen die Herrſchaft uͤber Theile des Deutſchen Reiches davon. In dieſen ehemahls reichsfuͤrſtlichen Haͤuſern, welche gegen- waͤrtig ſouveraͤne Haͤuſer des Deutſchen Bundes ſind, findet Untheilbarkeit und Primogenitur ſtatt, im Princip der alten Lehnsverfaſſung; aber der niedere Adel Deutſchlands iſt hauptſaͤchlich deßhalb außer Stande an die leergewordene Stelle des hohen zu treten und ein kraͤftiges Oberhaus in den neugepflanzten Verfaſſungen zu bilden, weil er das Lehnsprincip meiſt verlaſſen hat, der Primogenitur wenig oder nichts einraͤumt, imgleichen den Adel auf alle Soͤhne uͤbertraͤgt. Diejenigen Staaten, welche an zahlreichen Standesherren einen hohen Adel haben, beſitzen in dem- ſelben einige reale Elemente fuͤr die Ausſtattung eines Oberhauſes, inſofern die Standesherren geneigt ſind, ſich als Glieder der Geſammtheit zu betrachten und geltend zu machen. Das Parlament von Großbritannien. 80. Das Oberhaus hat durch die Schottiſche und die Irlaͤndiſche Union von den Jahren 1707 und 1800 von ſeinem rein politiſchen Charakter etwas verloren. Denn die alten Paͤrieen der unirten Koͤnigreiche ſind nicht in das Engliſche Oberhaus eingetreten; ſie ſenden bloß Deputirte aus ihrer Mitte, in Schottland nur fuͤr ein Parlament, in Irland auf Lebenslang gewaͤhlt. Die Paͤrie iſt mithin inſoweit kein politiſches Erbamt mehr und der Koͤnig kann dieſelbe nicht verleihen, außer inſofern er Schotten und Irlaͤnder zu Engliſchen Paͤrs erheben kann. Eben ſo iſt es mit den Irlaͤndiſchen Biſchoͤfen bewandt, von wel- chen nur 4, fuͤr ein Parlament gewaͤhlt, im Hauſe ſitzen. Seit der Roman catholic relief act von 1829, welche

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/74>, abgerufen am 20.11.2024.