Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Schuhe von Holtze ist, und werden von demFrauenzimmer mittlern Stan- des getragen. Die bußfertigen Closter-Frauen der dritten Regul des H. Francisci in Teutschland tragen hohe höltzerne Schuhe an den blossen Füssen, die Capucine- rinnen aber und ungeschuheten Carmeliter Closter-Frauen in Spanien und Franckreich gehen gantz barfuß. In der Christ-Nacht pflegen offtermahls die Weibes- Bilder allerhand Gauckeleyen und abergläubisches Wesen mit denen Schuhen vorzunehmen. Schuhe alle Wochen ver- ändern, Ist ein alter Weiber Aberglau- Schuh-Bänder, Heissen diejenigen von aller- Schuhe einwarts treten, Ist ein lächerlicher und aber- Schuhe sie mit der Zeit reich, treten sie selbi-ge aber auswarts, würden sie arm. Schuh-Rosen, Seynd gewisse von Gold- oder Schuh-Schnallen, Seynd kleine zarte von Gold, Schuhes spielen, Ist ein kurtzweiliges und dem ersten Schuhe überbringen, Heisset, wenn der Braut ihre ge[-] Schu[h]
[Spaltenumbruch]
Schuhe von Holtze iſt, und werden von demFrauenzimmer mittlern Stan- des getragen. Die bußfertigen Cloſter-Frauen der dritten Regul des H. Franciſci in Teutſchland tragen hohe hoͤltzerne Schuhe an den bloſſen Fuͤſſen, die Capucine- rinnen aber und ungeſchuheten Carmeliter Cloſter-Frauen in Spanien und Franckreich gehen gantz barfuß. In der Chriſt-Nacht pflegen offtermahls die Weibes- Bilder allerhand Gauckeleyen und aberglaͤubiſches Weſen mit denen Schuhen vorzunehmen. Schuhe alle Wochen ver- aͤndern, Iſt ein alter Weiber Aberglau- Schuh-Baͤnder, Heiſſen diejenigen von aller- Schuhe einwarts treten, Iſt ein laͤcherlicher und aber- Schuhe ſie mit der Zeit reich, treten ſie ſelbi-ge aber auswarts, wuͤrden ſie arm. Schuh-Roſen, Seynd gewiſſe von Gold- oder Schuh-Schnallen, Seynd kleine zarte von Gold, Schuhes ſpielen, Iſt ein kurtzweiliges und dem erſten Schuhe uͤberbringen, Heiſſet, wenn der Braut ihre ge[-] Schu[h]
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Schuhe
Schuhe
von Holtze iſt, und werden von dem
Frauenzimmer mittlern Stan-
des getragen. Die bußfertigen
Cloſter-Frauen der dritten Regul
des H. Franciſci in Teutſchland
tragen hohe hoͤltzerne Schuhe an
den bloſſen Fuͤſſen, die Capucine-
rinnen aber und ungeſchuheten
Carmeliter Cloſter-Frauen in
Spanien und Franckreich gehen
gantz barfuß. In der Chriſt-Nacht
pflegen offtermahls die Weibes-
Bilder allerhand Gauckeleyen und
aberglaͤubiſches Weſen mit denen
Schuhen vorzunehmen.
Schuhe alle Wochen ver-
aͤndern,
Iſt ein alter Weiber Aberglau-
be, vermoͤge deſſen man denen
ſchwangern Weibern zu rathen
und einzugeben pfleget, daß ſie alle
Wochen ihren rechten Schuch mit
dem lincken verwechſeln, damit ihre
Leibes-Frucht munter und friſch
dadurch erhalten wuͤrde.
Schuh-Baͤnder,
Heiſſen diejenigen von aller-
hand Sorten breiten Band ge-
knuͤpfften Schleiffen, ſo ſich entwe-
der das Frauenzimmer vorn auf
die Schuhe abſonderlich ſetzet, oder
mit ſelbigen die Schuhe zubindet,
bey dem gemeinen Weibes-Bil-
dern ſind ſie insgemein von Floret-
ſeidenen auch wollenen oder Zwirn-
Band.
Schuhe einwarts treten,
Iſt ein laͤcherlicher und aber-
glaͤubiſcher Argwohn der Weiber,
ſo da meynen, wenn die Kinder die
Schuhe einwarts treten, wuͤrden
ſie mit der Zeit reich, treten ſie ſelbi-
ge aber auswarts, wuͤrden ſie arm.
Schuh-Roſen,
Seynd gewiſſe von Gold- oder
Silber-Drat kleine zuſammen ge-
bogne runde Roͤßlein oder Schleif-
fen, ſo das Frauenzimmer an etli-
chen Orten vornher auf den Schu-
hen zu tragen pfleget.
Schuh-Schnallen,
Seynd kleine zarte von Gold,
Silber, Stahl oder Printz-Metall
zuſammen geſchweiſte und polirte
Schnallen, wormit ſich das Frau-
enzim̃er ihre Schuhe um den Fuß
zuzuſchnallen und zu befeſtigen
pfleget.
Schuhes ſpielen,
Iſt ein kurtzweiliges und dem
Frauenzimmer offt gebraͤuchliches
Spiel, da ſich nehmlich eine gantze
Geſellſchafft in einen Creyß herum
auf die Erde gantz nahe und dichte
zuſammen ſetzet, einen holen Schos
machet, und einen Schuch, der von
einer um den Creyß herumgehen-
den Perſon geſuchet und ausge-
ſtaͤubert wird, einander verborgen
unter den Beinen geſchwind zuſte-
cket, damit der Suchende ſelbigen
nicht erwiſchet.
erſten Schuhe uͤberbringen,
Heiſſet, wenn der Braut ihre ge-
weſene Amme den andern Hochzeit-
Tag die allererſten Schuͤchlein, ſo
die Braut als ein Kind getragen,
dem Braͤutigam auf einem Teller
uͤber der Taffel præſentiret, und da-
vor ein ſtattliches Trinck-Geld er-
wartet.
Schuh
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