Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Hirschl Hirse durch einen Trichter guten Weines-sig hinein lauffen, und setzet es auf ein kühles Ort, machet einen Stöpf- fel vor das Loch, und wendet solches alle Tage oder auch in etlichen Ta- gen einmahl um; darnach möget ihr sie verspeisen, wenn ihr wollt, jedoch nur kalt. Hirschläuffte mit Butter und Citronen, Diese nehmet, wie sie geputzet Hirse, Milium, Millet (Millaco,) ist eine Hirsem Hobelsp häuffigen und temperirten Schleim,der dem Chylo vortreffliche Nah- rung giebt; dahero wird er nicht nur vor nährend, sondern auch vor gesund und kräfftig geachtet. Wie hoch gemeine Leute diese Frucht hal- ten, kan man daraus abnehmen, weil selbige, wenn sie sonderlich an Sonn- und Fest-Tagen sich wollen gütlich thun, gemeiniglich einen Hirschbrey in Milch, darein sie ein wenig Saffran thun, kochen, auff selbigen hernach braune Butter giessen, auch klaren Zucker oder ge- riebenen dicken Pfefferkuchen drü- ber streuen, und solche Gerichte mit dem grösten Appetit verzehren. Sonst braucht man ihn in der Kü- che an vielen Essen, welches bey de- nen Beschreibungen der Speisen hin und wieder wird zu sehen seyn. Hirse-Mus gelb gemacht am grossen Neujahrs-Tage essen. Ist ein alter Weiber Aberglau- Histiaea. siehe. Hestiaea. Histrina, Oder, wie sie von andern genen- Hobelspäne zu backen, Nehmet geschälter Mandeln ein Stück- D d 5
[Spaltenumbruch]
Hirſchl Hirſe durch einen Trichter guten Weineſ-ſig hinein lauffen, und ſetzet es auf ein kuͤhles Ort, machet einen Stoͤpf- fel vor das Loch, und wendet ſolches alle Tage oder auch in etlichen Ta- gen einmahl um; darnach moͤget ihr ſie verſpeiſen, wenn ihr wollt, jedoch nur kalt. Hirſchlaͤuffte mit Butter und Citronen, Dieſe nehmet, wie ſie geputzet Hirſe, Milium, Millet (Millaco,) iſt eine Hirſem Hobelſp haͤuffigen uñ temperirten Schleim,der dem Chylo vortreffliche Nah- rung giebt; dahero wird er nicht nur vor naͤhrend, ſondern auch vor geſund und kraͤfftig geachtet. Wie hoch gemeine Leute dieſe Frucht hal- ten, kan man daraus abnehmen, weil ſelbige, wenn ſie ſonderlich an Sonn- und Feſt-Tagen ſich wollen guͤtlich thun, gemeiniglich einen Hirſchbrey in Milch, darein ſie ein wenig Saffran thun, kochen, auff ſelbigen hernach braune Butter gieſſen, auch klaren Zucker oder ge- riebenen dicken Pfefferkuchen druͤ- ber ſtreuen, und ſolche Gerichte mit dem groͤſten Appetit verzehren. Sonſt braucht man ihn in der Kuͤ- che an vielen Eſſen, welches bey de- nen Beſchreibungen der Speiſen hin und wieder wird zu ſehen ſeyn. Hirſe-Mus gelb gemacht am groſſen Neujahrs-Tage eſſen. Iſt ein alter Weiber Aberglau- Hiſtiæa. ſiehe. Heſtiæa. Hiſtrina, Oder, wie ſie von andern genen- Hobelſpaͤne zu backen, Nehmet geſchaͤlter Mandeln ein Stuͤck- D d 5
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Hirſchl Hirſe
Hirſem Hobelſp
durch einen Trichter guten Weineſ-
ſig hinein lauffen, und ſetzet es auf
ein kuͤhles Ort, machet einen Stoͤpf-
fel vor das Loch, und wendet ſolches
alle Tage oder auch in etlichen Ta-
gen einmahl um; darnach moͤget
ihr ſie verſpeiſen, wenn ihr wollt,
jedoch nur kalt.
Hirſchlaͤuffte mit Butter
und Citronen,
Dieſe nehmet, wie ſie geputzet
ſind, leget ſolche in einen Tiegel,
thut ein Stuͤck Butter dran, ſetzet
ſelbige aufs Feuer und pasſiret ſie,
ſtreuet geriebene Semmel und
Muſcatenbluͤten, auch kleinge-
ſchnittene Citronenſcheler dran,
gieſſet gute bouillon drauf, ſchnei-
det eine Citrone, wenn erſtlich die
Schalen herunter, und das bittere
weggeſchnitten worden Scheiben-
weiſe, thut die Kern heraus, leget
die Citronen an die Hirſchlaͤuffte,
und laſſet es mit einander kochen,
biß die Bruͤhe ein wenig dicke wird,
alsdenn koͤnnet ihr es hingeben.
Das Saltzen werdet ihr hoffentlich
bey dem koſten nicht vergeſſen. Wie
uͤbrigens die Hirſchlaͤuffte ferner
zuzurichten, davon koͤnnen die nur
angefuͤhrten Beſchreibungen der
Hirſchohren und Hirchkolben
Nachricht geben. Ingleichen die
Beſchreibungen der Kaͤlber- und
Rindsfuͤſſe: ſo koͤmmet es auch mit
auf die ſelbſt eigene Invention eines
guten Kochs an.
Hirſe,
Milium, Millet (Millaco,) iſt eine
bekandte Huͤlſenfrucht, die in der
Haußhaltung viel Nutzen ſchafft.
Seine Krafft beſtehet in einem
haͤuffigen uñ temperirten Schleim,
der dem Chylo vortreffliche Nah-
rung giebt; dahero wird er nicht
nur vor naͤhrend, ſondern auch vor
geſund und kraͤfftig geachtet. Wie
hoch gemeine Leute dieſe Frucht hal-
ten, kan man daraus abnehmen,
weil ſelbige, wenn ſie ſonderlich an
Sonn- und Feſt-Tagen ſich wollen
guͤtlich thun, gemeiniglich einen
Hirſchbrey in Milch, darein ſie ein
wenig Saffran thun, kochen, auff
ſelbigen hernach braune Butter
gieſſen, auch klaren Zucker oder ge-
riebenen dicken Pfefferkuchen druͤ-
ber ſtreuen, und ſolche Gerichte mit
dem groͤſten Appetit verzehren.
Sonſt braucht man ihn in der Kuͤ-
che an vielen Eſſen, welches bey de-
nen Beſchreibungen der Speiſen
hin und wieder wird zu ſehen ſeyn.
Hirſe-Mus gelb gemacht am
groſſen Neujahrs-Tage
eſſen.
Iſt ein alter Weiber Aberglau-
be, ſo da meynen, es koͤnne derjeni-
gen Perſon, ſo am groſſen Neu-
jahrs-Tage gelbgemachtes Hirſe-
muß bey Tiſche mit aͤſſe, das gantze
Jahr uͤber nicht an Gelde fehlen.
Hiſtiæa. ſiehe. Heſtiæa.
Hiſtrina,
Oder, wie ſie von andern genen-
net wird, Iſtrina. ſiehe. Iſtrina.
Hobelſpaͤne zu backen,
Nehmet geſchaͤlter Mandeln ein
Viertel Pfund, ſo viel guten Zucker
mit Roſen-Waſſer abgeſtoſſen; als-
dann auff das allerduͤnnſte auf eine
Oblate geſtrichen, in ſchmahle
Stuͤck-
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