Ist eine an etlichen Orten in Sachsen bekannte Redens-Art, wenn man nemlich auf denen Hochzeiten oder Kindtauffen, wo sich das Frauenzimmer nach gehal- tener Abend-Mahlzeit mit Tan- tzen divertiret, um Mitternacht oder gegen Morgen etwas von Geleen, Gallerten oder andern kal- ten und überbliebenen Speisen dem jungen Volck auf dem Tantz- Platz offeriret und zum Anbiß ü- berreichet.
Hahnreyh machen,
Ist eine allgemeine und der Welt gebräuchliche Art zu reden, wodurch dasjenige Laster der Wei- ber angedeutet wird, die an ihren Männern wieder ihre Pflicht und Gewissen, durch verdächtige Con versation mit andern Männern untreu werden. In dem Lehn- Recht heisset dieses Laster Cucurbi- tatio, wenn nemlich der Vasall mit seines Herrn Weibe auf verbo- thene Art zu thun hat, worüber er um sein gantzes Lehn kömmt. 1. Ff. 5. & Bitschius in Comment. ad h. l.
Hahn scharrt Zucker,
Ist eine in den Kinder-Schulen alte bekannte Gewohnheit, allwo der Lehrmeister denen kleinen in dem A. B. C. studierenden Kindern allerhand Zucker oder Confect hin- ter das A. B. C. Buch heimlich zu stecken, und selbigen ihnen, wann sie mit ihrer Lection wohl bestan- den, einzuhändigen pfleget, unter dem Vorwand, ob hätte solchen der Hahn, so insgemein hinten an den [Spaltenumbruch]
Halb
A. B. C. Büchern abgedruckt zu finden, wegen ihres Fleisses ihnen gescharrt und verehret.
Halb-Ermel,
Sind kleine von weisser saube- rer Leinwand oder Coton, Nestel- Tuch, Terletenk, und andern zarten Gewebe, halbe Uberzüge, über die Arme, so sich das Fauenzimmer unter die Kleider-Ermel über den Arm anknüpffen läst: sie seynd ent- weder schlecht oder mit Spitzen Canten, und Zäcklein umstochen und eingefaßt.
Halb-Schwestern,
Heissen zwey von einem Vater und zwey Müttern, oder von einer Mutter und zweyen Vätern zu- sammen gebrachte Schwestern.
Halbfische, Platteissen, Schollen,
Passeres, Plies, (Carlets,) sind bekannte Meer- und See-Fische, die sich öffters aus Begierde zum süssen Wasser in die grossen Strö- me begeben; und meldet Lonicerus, es wären zu seiner Zeit etliche mahl lebendige Platteissen in dem Mayn-Strom gefangen worden. Der alte Fisch-Scribent Rondele- tius führet derselben unterschiedli- che Arten an, davon doch in Teutschland nur die glatten be- kannt seyn. Wenn man diese ab- gedürret, werden sie in Gebünde zu- sammen gebunden, und in grosser Menge verführet, welche dann, ab- sonderlich die fleischigsten, im Sommer zu guten Hauß-Kost die- nen. Die Holländer essen solche offt trocken, und trincken Brandte-
wein
[Spaltenumbruch]
Hahn
Hahne-Waͤcker,
Iſt eine an etlichen Orten in Sachſen bekannte Redens-Art, wenn man nemlich auf denen Hochzeiten oder Kindtauffen, wo ſich das Frauenzimmer nach gehal- tener Abend-Mahlzeit mit Tan- tzen divertiret, um Mitternacht oder gegen Morgen etwas von Gelèen, Gallerten oder andern kal- ten und uͤberbliebenen Speiſen dem jungen Volck auf dem Tantz- Platz offeriret und zum Anbiß uͤ- berreichet.
Hahnreyh machen,
Iſt eine allgemeine und der Welt gebraͤuchliche Art zu reden, wodurch dasjenige Laſter der Wei- ber angedeutet wird, die an ihren Maͤnnern wieder ihre Pflicht und Gewiſſen, durch verdaͤchtige Con verſation mit andern Maͤnnern untreu werden. In dem Lehn- Recht heiſſet dieſes Laſter Cucurbi- tatio, wenn nemlich der Vaſall mit ſeines Herrn Weibe auf verbo- thene Art zu thun hat, woruͤber er um ſein gantzes Lehn koͤmmt. 1. Ff. 5. & Bitſchius in Comment. ad h. l.
Hahn ſcharrt Zucker,
Iſt eine in den Kinder-Schulen alte bekannte Gewohnheit, allwo der Lehrmeiſter denen kleinen in dem A. B. C. ſtudierenden Kindern allerhand Zucker oder Confect hin- ter das A. B. C. Buch heimlich zu ſtecken, und ſelbigen ihnen, wann ſie mit ihrer Lection wohl beſtan- den, einzuhaͤndigen pfleget, unter dem Vorwand, ob haͤtte ſolchen der Hahn, ſo insgemein hinten an den [Spaltenumbruch]
Halb
A. B. C. Buͤchern abgedruckt zu finden, wegen ihres Fleiſſes ihnen geſcharrt und verehret.
Halb-Ermel,
Sind kleine von weiſſer ſaube- rer Leinwand oder Coton, Neſtel- Tuch, Terletenk, und andern zarten Gewebe, halbe Uberzuͤge, uͤber die Arme, ſo ſich das Fauenzimmer unter die Kleider-Ermel uͤber den Arm anknuͤpffen laͤſt: ſie ſeynd ent- weder ſchlecht oder mit Spitzen Canten, und Zaͤcklein umſtochen und eingefaßt.
Halb-Schweſtern,
Heiſſen zwey von einem Vater und zwey Muͤttern, oder von einer Mutter und zweyen Vaͤtern zu- ſammen gebrachte Schweſtern.
Halbfiſche, Platteiſſen, Schollen,
Paſſeres, Plies, (Carlets,) ſind bekannte Meer- und See-Fiſche, die ſich oͤffters aus Begierde zum ſuͤſſen Waſſer in die groſſen Stroͤ- me begeben; und meldet Lonicerus, es waͤren zu ſeiner Zeit etliche mahl lebendige Platteiſſen in dem Mayn-Strom gefangen worden. Der alte Fiſch-Scribent Rondele- tius fuͤhret derſelben unterſchiedli- che Arten an, davon doch in Teutſchland nur die glatten be- kannt ſeyn. Wenn man dieſe ab- geduͤrret, werden ſie in Gebuͤnde zu- ſammen gebunden, und in groſſer Menge verfuͤhret, welche dann, ab- ſonderlich die fleiſchigſten, im Sommer zu guten Hauß-Koſt die- nen. Die Hollaͤnder eſſen ſolche offt trocken, und trincken Brandte-
wein
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[0386]
Hahn
Halb
Hahne-Waͤcker,
Iſt eine an etlichen Orten in
Sachſen bekannte Redens-Art,
wenn man nemlich auf denen
Hochzeiten oder Kindtauffen, wo
ſich das Frauenzimmer nach gehal-
tener Abend-Mahlzeit mit Tan-
tzen divertiret, um Mitternacht
oder gegen Morgen etwas von
Gelèen, Gallerten oder andern kal-
ten und uͤberbliebenen Speiſen
dem jungen Volck auf dem Tantz-
Platz offeriret und zum Anbiß uͤ-
berreichet.
Hahnreyh machen,
Iſt eine allgemeine und der
Welt gebraͤuchliche Art zu reden,
wodurch dasjenige Laſter der Wei-
ber angedeutet wird, die an ihren
Maͤnnern wieder ihre Pflicht und
Gewiſſen, durch verdaͤchtige Con
verſation mit andern Maͤnnern
untreu werden. In dem Lehn-
Recht heiſſet dieſes Laſter Cucurbi-
tatio, wenn nemlich der Vaſall mit
ſeines Herrn Weibe auf verbo-
thene Art zu thun hat, woruͤber er
um ſein gantzes Lehn koͤmmt. 1. Ff.
5. & Bitſchius in Comment. ad h. l.
Hahn ſcharrt Zucker,
Iſt eine in den Kinder-Schulen
alte bekannte Gewohnheit, allwo
der Lehrmeiſter denen kleinen in
dem A. B. C. ſtudierenden Kindern
allerhand Zucker oder Confect hin-
ter das A. B. C. Buch heimlich zu
ſtecken, und ſelbigen ihnen, wann
ſie mit ihrer Lection wohl beſtan-
den, einzuhaͤndigen pfleget, unter
dem Vorwand, ob haͤtte ſolchen der
Hahn, ſo insgemein hinten an den
A. B. C. Buͤchern abgedruckt zu
finden, wegen ihres Fleiſſes ihnen
geſcharrt und verehret.
Halb-Ermel,
Sind kleine von weiſſer ſaube-
rer Leinwand oder Coton, Neſtel-
Tuch, Terletenk, und andern zarten
Gewebe, halbe Uberzuͤge, uͤber die
Arme, ſo ſich das Fauenzimmer
unter die Kleider-Ermel uͤber den
Arm anknuͤpffen laͤſt: ſie ſeynd ent-
weder ſchlecht oder mit Spitzen
Canten, und Zaͤcklein umſtochen
und eingefaßt.
Halb-Schweſtern,
Heiſſen zwey von einem Vater
und zwey Muͤttern, oder von einer
Mutter und zweyen Vaͤtern zu-
ſammen gebrachte Schweſtern.
Halbfiſche, Platteiſſen,
Schollen,
Paſſeres, Plies, (Carlets,) ſind
bekannte Meer- und See-Fiſche,
die ſich oͤffters aus Begierde zum
ſuͤſſen Waſſer in die groſſen Stroͤ-
me begeben; und meldet Lonicerus,
es waͤren zu ſeiner Zeit etliche
mahl lebendige Platteiſſen in dem
Mayn-Strom gefangen worden.
Der alte Fiſch-Scribent Rondele-
tius fuͤhret derſelben unterſchiedli-
che Arten an, davon doch in
Teutſchland nur die glatten be-
kannt ſeyn. Wenn man dieſe ab-
geduͤrret, werden ſie in Gebuͤnde zu-
ſammen gebunden, und in groſſer
Menge verfuͤhret, welche dann, ab-
ſonderlich die fleiſchigſten, im
Sommer zu guten Hauß-Koſt die-
nen. Die Hollaͤnder eſſen ſolche
offt trocken, und trincken Brandte-
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Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/386>, abgerufen am 23.02.2025.
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