Wenn wir die Statistik um Antwort darauf fragen, so schweigt sie über den größten Theil dessen, was heute und her- kömmlich die Frauenarbeit leistet. Die gesammte Berufsarbeit, welche in Haus und Familie durch die Gattin, die Töchter, die Verwandten des Hauses gethan wird, also das eigentliche Haupt- gebiet weiblicher Thätigkeit, über dessen Bedeutung so große Uebereinstimmung herrscht, daß Meinungsverschiedenheiten darüber nur Fragen zweiter Ordnung betreffen - sie fällt aus dem- jenigen, was die Statistik üblicher Weise und so die Berufs- zählung des Deutschen Reiches im Auge hat, völlig heraus. Denn der Statistik ist es darum zu thun, diejenige Arbeits- theilung zu ermitteln, nach welcher sich die Erwerbsthätigkeit gliedert, die aus dem eigenen Hause heraus tritt; ziffernmäßig festzustellen den so oft angerufenen Umfang der landwirthschaft- lichen Production gegenüber der gewerblichen, den Umfang des Großbetriebes gegenüber dem Kleinbetriebe, die Entwickelung nachzuweisen, welche in diesen Richtungen während der neuesten Zeit Platz gegriffen hat, und vielerlei Anderes, was hiermit zusammenhängt. Auch die Entwickelung der weiblichen Arbeit neben der männlichen verfolgt sie mit begründetem Jnteresse. Aber sie läßt unbeachtet jenes weite Gebiet weiblicher Arbeit,
Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 8
I.
Was ist das Gegebene?
Wenn wir die Statistik um Antwort darauf fragen, so schweigt sie über den größten Theil dessen, was heute und her- kömmlich die Frauenarbeit leistet. Die gesammte Berufsarbeit, welche in Haus und Familie durch die Gattin, die Töchter, die Verwandten des Hauses gethan wird, also das eigentliche Haupt- gebiet weiblicher Thätigkeit, über dessen Bedeutung so große Uebereinstimmung herrscht, daß Meinungsverschiedenheiten darüber nur Fragen zweiter Ordnung betreffen – sie fällt aus dem- jenigen, was die Statistik üblicher Weise und so die Berufs- zählung des Deutschen Reiches im Auge hat, völlig heraus. Denn der Statistik ist es darum zu thun, diejenige Arbeits- theilung zu ermitteln, nach welcher sich die Erwerbsthätigkeit gliedert, die aus dem eigenen Hause heraus tritt; ziffernmäßig festzustellen den so oft angerufenen Umfang der landwirthschaft- lichen Production gegenüber der gewerblichen, den Umfang des Großbetriebes gegenüber dem Kleinbetriebe, die Entwickelung nachzuweisen, welche in diesen Richtungen während der neuesten Zeit Platz gegriffen hat, und vielerlei Anderes, was hiermit zusammenhängt. Auch die Entwickelung der weiblichen Arbeit neben der männlichen verfolgt sie mit begründetem Jnteresse. Aber sie läßt unbeachtet jenes weite Gebiet weiblicher Arbeit,
Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 8
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[[113]/0129]
I.
Was ist das Gegebene?
Wenn wir die Statistik um Antwort darauf fragen, so
schweigt sie über den größten Theil dessen, was heute und her-
kömmlich die Frauenarbeit leistet. Die gesammte Berufsarbeit,
welche in Haus und Familie durch die Gattin, die Töchter, die
Verwandten des Hauses gethan wird, also das eigentliche Haupt-
gebiet weiblicher Thätigkeit, über dessen Bedeutung so große
Uebereinstimmung herrscht, daß Meinungsverschiedenheiten darüber
nur Fragen zweiter Ordnung betreffen – sie fällt aus dem-
jenigen, was die Statistik üblicher Weise und so die Berufs-
zählung des Deutschen Reiches im Auge hat, völlig heraus.
Denn der Statistik ist es darum zu thun, diejenige Arbeits-
theilung zu ermitteln, nach welcher sich die Erwerbsthätigkeit
gliedert, die aus dem eigenen Hause heraus tritt; ziffernmäßig
festzustellen den so oft angerufenen Umfang der landwirthschaft-
lichen Production gegenüber der gewerblichen, den Umfang des
Großbetriebes gegenüber dem Kleinbetriebe, die Entwickelung
nachzuweisen, welche in diesen Richtungen während der neuesten
Zeit Platz gegriffen hat, und vielerlei Anderes, was hiermit
zusammenhängt. Auch die Entwickelung der weiblichen Arbeit
neben der männlichen verfolgt sie mit begründetem Jnteresse.
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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. [113]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/129>, abgerufen am 03.03.2025.
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