langen. Kein Naturgesetz über die fortschreitende Differenzirung gibt uns den mindesten Aufschluß darüber, wo dieser Kreuzungs- punkt entgegengesetzter Forderungen unserer Cultur zu finden sei.
III.
Schon vorhin sahen wir, daß die Literatur vor zwei Jahrhunderten Zeugnisse aufweist, die den Vorwurf geistiger oder moralischer Jnferiorität des weiblichen Geschlechts gegen- über dem männlichen mit der Vertheidigung zurückweisen, nicht die Natur, sondern die Verschiedenheit der Erziehung verschulde diese Jnferiorität, oder die geradezu behaupten, die moralische Jnferiorität oder Differenz bestehe nur in der Einbildung des männlichen Geschlechts, und welche diesem sein echtes Bild im Spiegel seiner Vorwürfe zurückwerfen.
Es gebührte dem Zeitalter der Aufklärung und der fran- zösischen Revolution mit seinem Appell an die Natur und an die natürlichen Rechte, mit seinem Gegensatze des natürlichen oder vernünftigen Zustandes zu den Verirrungen der bisherigen Geschichte und Cultur, - es gebührte diesem Zeitalter, auch die Frage der Frauennatur aufzustellen und zu beantworten.
Nicht daß es häufig geschehen ist, daß es damals viel Jnteresse und vielen Beifall gefunden hätte. Es ist aber be- merkenswerth, es kennzeichnet die Folgerichtigkeit, mit der gewisse Richtungen eines Gedankenganges in einem Zeitalter sich durch- zusetzen wissen, daß in Frankreich, England, Deutschland damals je ein namhafter Schriftsteller auftritt und im Geiste der Zeit die Antwort findet.
langen. Kein Naturgesetz über die fortschreitende Differenzirung gibt uns den mindesten Aufschluß darüber, wo dieser Kreuzungs- punkt entgegengesetzter Forderungen unserer Cultur zu finden sei.
III.
Schon vorhin sahen wir, daß die Literatur vor zwei Jahrhunderten Zeugnisse aufweist, die den Vorwurf geistiger oder moralischer Jnferiorität des weiblichen Geschlechts gegen- über dem männlichen mit der Vertheidigung zurückweisen, nicht die Natur, sondern die Verschiedenheit der Erziehung verschulde diese Jnferiorität, oder die geradezu behaupten, die moralische Jnferiorität oder Differenz bestehe nur in der Einbildung des männlichen Geschlechts, und welche diesem sein echtes Bild im Spiegel seiner Vorwürfe zurückwerfen.
Es gebührte dem Zeitalter der Aufklärung und der fran- zösischen Revolution mit seinem Appell an die Natur und an die natürlichen Rechte, mit seinem Gegensatze des natürlichen oder vernünftigen Zustandes zu den Verirrungen der bisherigen Geschichte und Cultur, – es gebührte diesem Zeitalter, auch die Frage der Frauennatur aufzustellen und zu beantworten.
Nicht daß es häufig geschehen ist, daß es damals viel Jnteresse und vielen Beifall gefunden hätte. Es ist aber be- merkenswerth, es kennzeichnet die Folgerichtigkeit, mit der gewisse Richtungen eines Gedankenganges in einem Zeitalter sich durch- zusetzen wissen, daß in Frankreich, England, Deutschland damals je ein namhafter Schriftsteller auftritt und im Geiste der Zeit die Antwort findet.
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langen. Kein Naturgesetz über die fortschreitende Differenzirung
gibt uns den mindesten Aufschluß darüber, wo dieser Kreuzungs-
punkt entgegengesetzter Forderungen unserer Cultur zu finden sei.
III.
Schon vorhin sahen wir, daß die Literatur vor zwei
Jahrhunderten Zeugnisse aufweist, die den Vorwurf geistiger
oder moralischer Jnferiorität des weiblichen Geschlechts gegen-
über dem männlichen mit der Vertheidigung zurückweisen, nicht
die Natur, sondern die Verschiedenheit der Erziehung verschulde
diese Jnferiorität, oder die geradezu behaupten, die moralische
Jnferiorität oder Differenz bestehe nur in der Einbildung des
männlichen Geschlechts, und welche diesem sein echtes Bild im
Spiegel seiner Vorwürfe zurückwerfen.
Es gebührte dem Zeitalter der Aufklärung und der fran-
zösischen Revolution mit seinem Appell an die Natur und an
die natürlichen Rechte, mit seinem Gegensatze des natürlichen
oder vernünftigen Zustandes zu den Verirrungen der bisherigen
Geschichte und Cultur, – es gebührte diesem Zeitalter, auch
die Frage der Frauennatur aufzustellen und zu beantworten.
Nicht daß es häufig geschehen ist, daß es damals viel
Jnteresse und vielen Beifall gefunden hätte. Es ist aber be-
merkenswerth, es kennzeichnet die Folgerichtigkeit, mit der gewisse
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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/104>, abgerufen am 03.03.2025.
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