Drittes Kapitel. Vom Gegenstande des strategischen Angriffs.
Das Niederwerfen des Feindes ist das Ziel des Krieges, Vernichtung der feindlichen Streitkräfte das Mit- tel. Es bleibt beim Angriff wie bei der Vertheidigung. Diese führt durch die Vernichtung der feindlichen Streit- kräfte zum Angriff, dieser zur Eroberung des Landes; es ist also dies sein Gegenstand, braucht aber nicht das ganze Land zu sein, sondern kann sich auf einen Theil, eine Pro- vinz, einen Landstrich, eine Festung u. s. w. beschränken. Alle diese Dinge können einen genügenden Werth haben als politische Gewichte beim Frieden, entweder zum Behal- ten oder zum Austausch.
Der Gegenstand des strategischen Angriffs kann also von der Eroberung des ganzen Landes in zahllosen Abstu- fungen herab gedacht werden bis zum unbedeutendsten Platz. Sobald dieser Gegenstand erreicht ist und der Angriff auf- hört, tritt die Vertheidigung ein. -- Man könnte sich also einen strategischen Angriff als eine bestimmt begrenzte Ein- heit denken. So ist es aber, wenn wir die Sache prak- tisch nehmen, d. h. nach den wirklichen Erscheinungen, nicht. Hier laufen die Angriffsmomente, d. h. die Absich- ten und Maaßregeln, oft eben so unbestimmt in die Ver- theidigung aus, wie die Pläne der Vertheidigung in den Angriff. Selten oder wenigstens nicht immer schreibt sich der Feldherr genau vor was er erobern will, sondern er läßt es von den Ereignissen abhängen. Sein Angriff führt ihn oft weiter als er gedacht hat, er bekömmt oft nach
Drittes Kapitel. Vom Gegenſtande des ſtrategiſchen Angriffs.
Das Niederwerfen des Feindes iſt das Ziel des Krieges, Vernichtung der feindlichen Streitkraͤfte das Mit- tel. Es bleibt beim Angriff wie bei der Vertheidigung. Dieſe fuͤhrt durch die Vernichtung der feindlichen Streit- kraͤfte zum Angriff, dieſer zur Eroberung des Landes; es iſt alſo dies ſein Gegenſtand, braucht aber nicht das ganze Land zu ſein, ſondern kann ſich auf einen Theil, eine Pro- vinz, einen Landſtrich, eine Feſtung u. ſ. w. beſchraͤnken. Alle dieſe Dinge koͤnnen einen genuͤgenden Werth haben als politiſche Gewichte beim Frieden, entweder zum Behal- ten oder zum Austauſch.
Der Gegenſtand des ſtrategiſchen Angriffs kann alſo von der Eroberung des ganzen Landes in zahlloſen Abſtu- fungen herab gedacht werden bis zum unbedeutendſten Platz. Sobald dieſer Gegenſtand erreicht iſt und der Angriff auf- hoͤrt, tritt die Vertheidigung ein. — Man koͤnnte ſich alſo einen ſtrategiſchen Angriff als eine beſtimmt begrenzte Ein- heit denken. So iſt es aber, wenn wir die Sache prak- tiſch nehmen, d. h. nach den wirklichen Erſcheinungen, nicht. Hier laufen die Angriffsmomente, d. h. die Abſich- ten und Maaßregeln, oft eben ſo unbeſtimmt in die Ver- theidigung aus, wie die Plaͤne der Vertheidigung in den Angriff. Selten oder wenigſtens nicht immer ſchreibt ſich der Feldherr genau vor was er erobern will, ſondern er laͤßt es von den Ereigniſſen abhaͤngen. Sein Angriff fuͤhrt ihn oft weiter als er gedacht hat, er bekoͤmmt oft nach
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Drittes Kapitel.
Vom Gegenſtande des ſtrategiſchen
Angriffs.
Das Niederwerfen des Feindes iſt das Ziel des
Krieges, Vernichtung der feindlichen Streitkraͤfte das Mit-
tel. Es bleibt beim Angriff wie bei der Vertheidigung.
Dieſe fuͤhrt durch die Vernichtung der feindlichen Streit-
kraͤfte zum Angriff, dieſer zur Eroberung des Landes; es
iſt alſo dies ſein Gegenſtand, braucht aber nicht das ganze
Land zu ſein, ſondern kann ſich auf einen Theil, eine Pro-
vinz, einen Landſtrich, eine Feſtung u. ſ. w. beſchraͤnken.
Alle dieſe Dinge koͤnnen einen genuͤgenden Werth haben
als politiſche Gewichte beim Frieden, entweder zum Behal-
ten oder zum Austauſch.
Der Gegenſtand des ſtrategiſchen Angriffs kann alſo
von der Eroberung des ganzen Landes in zahlloſen Abſtu-
fungen herab gedacht werden bis zum unbedeutendſten Platz.
Sobald dieſer Gegenſtand erreicht iſt und der Angriff auf-
hoͤrt, tritt die Vertheidigung ein. — Man koͤnnte ſich alſo
einen ſtrategiſchen Angriff als eine beſtimmt begrenzte Ein-
heit denken. So iſt es aber, wenn wir die Sache prak-
tiſch nehmen, d. h. nach den wirklichen Erſcheinungen,
nicht. Hier laufen die Angriffsmomente, d. h. die Abſich-
ten und Maaßregeln, oft eben ſo unbeſtimmt in die Ver-
theidigung aus, wie die Plaͤne der Vertheidigung in den
Angriff. Selten oder wenigſtens nicht immer ſchreibt ſich
der Feldherr genau vor was er erobern will, ſondern er
laͤßt es von den Ereigniſſen abhaͤngen. Sein Angriff fuͤhrt
ihn oft weiter als er gedacht hat, er bekoͤmmt oft nach
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/23>, abgerufen am 20.11.2024.
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