Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite


Drittes Capitel,
von den
Begebenheiten der Moralischen
Wesen oder Dinge.
§. 1.
Sichtbare Willen gehören zur Historie?

Ohngeachtet die Veränderungen der mensch-
lichen Seele, besonders des Willens, von
grosser Wichtigkeit sind, weil daraus die
Entschlüssungen, Handlungen, Würckun-
gen
und Wercke der Menschen entstehen; so
pflegen doch blosse Gedancken und blosse
Willensmeinungen
unter den Menschen in kei-
ne sonderliche Betrachtung gezogen zu werden:
besonders darum, weil Fremde dieselben nicht
wissen können. Sie können also auch in der Hi-
storie nicht sehr in Anschlag kommen. Jm gemei-
nen Leben wird nur auf solche Gedancken und
Willensmeinungen gerechnet, welche äusserlich in
Worte und Wercke ausbrechen, und durch die un-
mittelbar aus ihnen fliessenden Würckungen sicht-
bar
werden.

§. 2.
Und werden nach ihren äusserlichen Folgen
betrachtet.

Eintzelne Gedancken bringen auch eintzelne
sichtbare Handlungen und Würckungen herfür.
Und wie sie ihrer Natur nach genau mit einander

verbun-


Drittes Capitel,
von den
Begebenheiten der Moraliſchen
Weſen oder Dinge.
§. 1.
Sichtbare Willen gehoͤren zur Hiſtorie?

Ohngeachtet die Veraͤnderungen der menſch-
lichen Seele, beſonders des Willens, von
groſſer Wichtigkeit ſind, weil daraus die
Entſchluͤſſungen, Handlungen, Wuͤrckun-
gen
und Wercke der Menſchen entſtehen; ſo
pflegen doch bloſſe Gedancken und bloſſe
Willensmeinungen
unter den Menſchen in kei-
ne ſonderliche Betrachtung gezogen zu werden:
beſonders darum, weil Fremde dieſelben nicht
wiſſen koͤnnen. Sie koͤnnen alſo auch in der Hi-
ſtorie nicht ſehr in Anſchlag kommen. Jm gemei-
nen Leben wird nur auf ſolche Gedancken und
Willensmeinungen gerechnet, welche aͤuſſerlich in
Worte und Wercke ausbrechen, und durch die un-
mittelbar aus ihnen flieſſenden Wuͤrckungen ſicht-
bar
werden.

§. 2.
Und werden nach ihren aͤuſſerlichen Folgen
betrachtet.

Eintzelne Gedancken bringen auch eintzelne
ſichtbare Handlungen und Wuͤrckungen herfuͤr.
Und wie ſie ihrer Natur nach genau mit einander

verbun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0095" n="59"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Drittes Capitel</hi>,</hi><lb/>
von den<lb/><hi rendition="#b">Begebenheiten der Morali&#x017F;chen<lb/>
We&#x017F;en oder Dinge.</hi></head><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 1.<lb/>
Sichtbare Willen geho&#x0364;ren zur Hi&#x017F;torie?</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">O</hi>hngeachtet die Vera&#x0364;nderungen der men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Seele, be&#x017F;onders des Willens, von<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Wichtigkeit &#x017F;ind, weil daraus die<lb/><hi rendition="#fr">Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ungen, Handlungen, Wu&#x0364;rckun-<lb/>
gen</hi> und <hi rendition="#fr">Wercke</hi> der Men&#x017F;chen ent&#x017F;tehen; &#x017F;o<lb/>
pflegen doch <hi rendition="#fr">blo&#x017F;&#x017F;e Gedancken</hi> und <hi rendition="#fr">blo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Willensmeinungen</hi> unter den Men&#x017F;chen in kei-<lb/>
ne &#x017F;onderliche Betrachtung gezogen zu werden:<lb/>
be&#x017F;onders darum, weil Fremde die&#x017F;elben nicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen. Sie ko&#x0364;nnen al&#x017F;o auch in der Hi-<lb/>
&#x017F;torie nicht &#x017F;ehr in An&#x017F;chlag kommen. Jm gemei-<lb/>
nen Leben wird nur auf &#x017F;olche Gedancken und<lb/>
Willensmeinungen gerechnet, welche a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich in<lb/>
Worte und Wercke ausbrechen, und durch die un-<lb/>
mittelbar aus ihnen flie&#x017F;&#x017F;enden Wu&#x0364;rckungen <hi rendition="#fr">&#x017F;icht-<lb/>
bar</hi> werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 2.<lb/>
Und werden nach ihren a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Folgen<lb/>
betrachtet.</head><lb/>
          <p>Eintzelne Gedancken bringen auch eintzelne<lb/>
&#x017F;ichtbare Handlungen und Wu&#x0364;rckungen herfu&#x0364;r.<lb/>
Und wie &#x017F;ie ihrer Natur nach genau mit einander<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">verbun-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0095] Drittes Capitel, von den Begebenheiten der Moraliſchen Weſen oder Dinge. §. 1. Sichtbare Willen gehoͤren zur Hiſtorie? Ohngeachtet die Veraͤnderungen der menſch- lichen Seele, beſonders des Willens, von groſſer Wichtigkeit ſind, weil daraus die Entſchluͤſſungen, Handlungen, Wuͤrckun- gen und Wercke der Menſchen entſtehen; ſo pflegen doch bloſſe Gedancken und bloſſe Willensmeinungen unter den Menſchen in kei- ne ſonderliche Betrachtung gezogen zu werden: beſonders darum, weil Fremde dieſelben nicht wiſſen koͤnnen. Sie koͤnnen alſo auch in der Hi- ſtorie nicht ſehr in Anſchlag kommen. Jm gemei- nen Leben wird nur auf ſolche Gedancken und Willensmeinungen gerechnet, welche aͤuſſerlich in Worte und Wercke ausbrechen, und durch die un- mittelbar aus ihnen flieſſenden Wuͤrckungen ſicht- bar werden. §. 2. Und werden nach ihren aͤuſſerlichen Folgen betrachtet. Eintzelne Gedancken bringen auch eintzelne ſichtbare Handlungen und Wuͤrckungen herfuͤr. Und wie ſie ihrer Natur nach genau mit einander verbun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/95
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/95>, abgerufen am 13.11.2024.