höret zur historischen Erkentniß (§. 25.): und man kan von der Beschaffenheit unsers Wollens nicht Rechenschafft, wenigstens nicht genaue Re- chenschafft geben, wenn man nicht von der Be- schaffenheit der historischen Erkentniß unterrich- tet ist.
§. 28. Viele Arten der Dinge, die von der histori- schen Erkentniß abhangen.
Jm gemeinen Leben ist nicht sowohl der all- gemeine Begriff der Willensmeinungen, als viel- mehr die Arten derselben bekant, als da sind: Befehle, Gesetze, Versprechungen, Pacte, Drohungen, Verheissungen u. s. w. Was wir aber von den Willensmeinungen über- haupt gewiesen haben (§. 27.), daß sie sich auf historische Sätze gründen, und daß man von ih- rer innerlichen Beschaffenheit nichts erweisen kan, ohne die historische Erkentniß voraus zu setzen, das gilt auch von allen ihren angesührten Arten. Man kan nehmlich die Beschaffenheit der Befeh- le, Gesetze, Versprechungen, Pacten, Verheis- sungen, Drohungen u. s. w. nicht recht einsehen, wenn nicht die Beschaffenheit der historischen Er- kentniß vorher in ein helles Licht gesetzet worden.
§. 29. Rechtsgelahrheit und historische Erkentniß werden verglichen.
Da die Jurisprudentz mit lauter bürgerli- chen Gesetzen zu thun hat, welche, wie offenbar, Gesetze, und mithin Willensmeinungen sind; die
Erkent-
Erſtes Capitel,
hoͤret zur hiſtoriſchen Erkentniß (§. 25.): und man kan von der Beſchaffenheit unſers Wollens nicht Rechenſchafft, wenigſtens nicht genaue Re- chenſchafft geben, wenn man nicht von der Be- ſchaffenheit der hiſtoriſchen Erkentniß unterrich- tet iſt.
§. 28. Viele Arten der Dinge, die von der hiſtori- ſchen Erkentniß abhangen.
Jm gemeinen Leben iſt nicht ſowohl der all- gemeine Begriff der Willensmeinungen, als viel- mehr die Arten derſelben bekant, als da ſind: Befehle, Geſetze, Verſprechungen, Pacte, Drohungen, Verheiſſungen u. ſ. w. Was wir aber von den Willensmeinungen uͤber- haupt gewieſen haben (§. 27.), daß ſie ſich auf hiſtoriſche Saͤtze gruͤnden, und daß man von ih- rer innerlichen Beſchaffenheit nichts erweiſen kan, ohne die hiſtoriſche Erkentniß voraus zu ſetzen, das gilt auch von allen ihren angeſuͤhrten Arten. Man kan nehmlich die Beſchaffenheit der Befeh- le, Geſetze, Verſprechungen, Pacten, Verheiſ- ſungen, Drohungen u. ſ. w. nicht recht einſehen, wenn nicht die Beſchaffenheit der hiſtoriſchen Er- kentniß vorher in ein helles Licht geſetzet worden.
§. 29. Rechtsgelahrheit und hiſtoriſche Erkentniß werden verglichen.
Da die Jurisprudentz mit lauter buͤrgerli- chen Geſetzen zu thun hat, welche, wie offenbar, Geſetze, und mithin Willensmeinungen ſind; die
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Erſtes Capitel,
hoͤret zur hiſtoriſchen Erkentniß (§. 25.): und
man kan von der Beſchaffenheit unſers Wollens
nicht Rechenſchafft, wenigſtens nicht genaue Re-
chenſchafft geben, wenn man nicht von der Be-
ſchaffenheit der hiſtoriſchen Erkentniß unterrich-
tet iſt.
§. 28.
Viele Arten der Dinge, die von der hiſtori-
ſchen Erkentniß abhangen.
Jm gemeinen Leben iſt nicht ſowohl der all-
gemeine Begriff der Willensmeinungen, als viel-
mehr die Arten derſelben bekant, als da ſind:
Befehle, Geſetze, Verſprechungen, Pacte,
Drohungen, Verheiſſungen u. ſ. w. Was
wir aber von den Willensmeinungen uͤber-
haupt gewieſen haben (§. 27.), daß ſie ſich auf
hiſtoriſche Saͤtze gruͤnden, und daß man von ih-
rer innerlichen Beſchaffenheit nichts erweiſen kan,
ohne die hiſtoriſche Erkentniß voraus zu ſetzen,
das gilt auch von allen ihren angeſuͤhrten Arten.
Man kan nehmlich die Beſchaffenheit der Befeh-
le, Geſetze, Verſprechungen, Pacten, Verheiſ-
ſungen, Drohungen u. ſ. w. nicht recht einſehen,
wenn nicht die Beſchaffenheit der hiſtoriſchen Er-
kentniß vorher in ein helles Licht geſetzet worden.
§. 29.
Rechtsgelahrheit und hiſtoriſche Erkentniß
werden verglichen.
Da die Jurisprudentz mit lauter buͤrgerli-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/52>, abgerufen am 13.11.2024.
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