Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

von der histor. Erkentniß überhaupt.
Begebenheiten genennet; nachdem man sie ent-
weder vor sich, oder aber in der Verbindung mit
dem vorher gegangenen betrachtet. Eine Sache
die da ist, welche entweder in dem Begriff einer
andern enthalten ist, oder wenigstens damit zu-
sammenhanget, und ihr gleichsam an die Seite
gesetzet ist: heisset ein Umstand. Eine Bege-
benheit, die die Folge einer andern ändert, heis-
set ein Zufall.

§. 4.
Was ein historischer Satz ist?

Wenn wir bey einer Begebenheit gegenwär-
tig sind, und wir uns derselben bewust sind, so
entstehet in unserm Verstande ein Urtheil. Ein
Urtheil pflegt gemeiniglich uns der Worte zu er-
innern, wodurch man solches ausdrucken könte.
Wenigstens, wenn wir unsere Vorstellung von
einer Begebenheit andern bekannt machen wollen,
so brauchen wir Worte dazu, und suchen solche,
wodurch sich unser Urtheil geschickt ausdrucken
lässet. Ein Satz, dadurch eine Begebenheit,
oder unser Urtheil von der Begebenheit ausge-
druckt wird, wollen wir einen historischen Satz
nennen.

§. 5.
Was wir eine einige Begebenheit heissen?

Gleichwie jeder eintzelne Satz nur ein einiges
Prädicat haben soll; also soll auch durch einen
historischen Satz nur eine einige Begebenheit ausge-
druckt werden. Wir müssen daher genauer be-
stimmen, was eine einige Begebenheit sey?

Die
A 2

von der hiſtor. Erkentniß uͤberhaupt.
Begebenheiten genennet; nachdem man ſie ent-
weder vor ſich, oder aber in der Verbindung mit
dem vorher gegangenen betrachtet. Eine Sache
die da iſt, welche entweder in dem Begriff einer
andern enthalten iſt, oder wenigſtens damit zu-
ſammenhanget, und ihr gleichſam an die Seite
geſetzet iſt: heiſſet ein Umſtand. Eine Bege-
benheit, die die Folge einer andern aͤndert, heiſ-
ſet ein Zufall.

§. 4.
Was ein hiſtoriſcher Satz iſt?

Wenn wir bey einer Begebenheit gegenwaͤr-
tig ſind, und wir uns derſelben bewuſt ſind, ſo
entſtehet in unſerm Verſtande ein Urtheil. Ein
Urtheil pflegt gemeiniglich uns der Worte zu er-
innern, wodurch man ſolches ausdrucken koͤnte.
Wenigſtens, wenn wir unſere Vorſtellung von
einer Begebenheit andern bekannt machen wollen,
ſo brauchen wir Worte dazu, und ſuchen ſolche,
wodurch ſich unſer Urtheil geſchickt ausdrucken
laͤſſet. Ein Satz, dadurch eine Begebenheit,
oder unſer Urtheil von der Begebenheit ausge-
druckt wird, wollen wir einen hiſtoriſchen Satz
nennen.

§. 5.
Was wir eine einige Begebenheit heiſſen?

Gleichwie jeder eintzelne Satz nur ein einiges
Praͤdicat haben ſoll; alſo ſoll auch durch einen
hiſtoriſchen Satz nur eine einige Begebenheit ausge-
druckt werden. Wir muͤſſen daher genauer be-
ſtimmen, was eine einige Begebenheit ſey?

Die
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der hi&#x017F;tor. Erkentniß u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Begebenheiten</hi> genennet; nachdem man &#x017F;ie ent-<lb/>
weder vor &#x017F;ich, oder aber in der Verbindung mit<lb/>
dem vorher gegangenen betrachtet. Eine Sache<lb/>
die da i&#x017F;t, welche entweder in dem Begriff einer<lb/>
andern enthalten i&#x017F;t, oder wenig&#x017F;tens damit zu-<lb/>
&#x017F;ammenhanget, und ihr gleich&#x017F;am an die Seite<lb/>
ge&#x017F;etzet i&#x017F;t: hei&#x017F;&#x017F;et ein <hi rendition="#fr">Um&#x017F;tand.</hi> Eine Bege-<lb/>
benheit, die die Folge einer andern a&#x0364;ndert, hei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et ein <hi rendition="#fr">Zufall.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 4.<lb/>
Was ein hi&#x017F;tori&#x017F;cher Satz i&#x017F;t?</head><lb/>
          <p>Wenn wir bey einer Begebenheit gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tig &#x017F;ind, und wir uns der&#x017F;elben bewu&#x017F;t &#x017F;ind, &#x017F;o<lb/>
ent&#x017F;tehet in un&#x017F;erm Ver&#x017F;tande ein <hi rendition="#fr">Urtheil.</hi> Ein<lb/>
Urtheil pflegt gemeiniglich uns der Worte zu er-<lb/>
innern, wodurch man &#x017F;olches ausdrucken ko&#x0364;nte.<lb/>
Wenig&#x017F;tens, wenn wir un&#x017F;ere Vor&#x017F;tellung von<lb/>
einer Begebenheit andern bekannt machen wollen,<lb/>
&#x017F;o brauchen wir Worte dazu, und &#x017F;uchen &#x017F;olche,<lb/>
wodurch &#x017F;ich un&#x017F;er Urtheil ge&#x017F;chickt ausdrucken<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Ein Satz, dadurch eine Begebenheit,<lb/>
oder un&#x017F;er Urtheil von der Begebenheit ausge-<lb/>
druckt wird, wollen wir einen <hi rendition="#fr">hi&#x017F;tori&#x017F;chen Satz</hi><lb/>
nennen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 5.<lb/>
Was wir eine einige Begebenheit hei&#x017F;&#x017F;en?</head><lb/>
          <p>Gleichwie jeder eintzelne Satz nur ein einiges<lb/>
Pra&#x0364;dicat haben &#x017F;oll; al&#x017F;o &#x017F;oll auch durch <hi rendition="#fr">einen</hi><lb/>
hi&#x017F;tori&#x017F;chen Satz nur eine einige Begebenheit ausge-<lb/>
druckt werden. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en daher genauer be-<lb/>
&#x017F;timmen, was <hi rendition="#fr">eine einige</hi> Begebenheit &#x017F;ey?<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0039] von der hiſtor. Erkentniß uͤberhaupt. Begebenheiten genennet; nachdem man ſie ent- weder vor ſich, oder aber in der Verbindung mit dem vorher gegangenen betrachtet. Eine Sache die da iſt, welche entweder in dem Begriff einer andern enthalten iſt, oder wenigſtens damit zu- ſammenhanget, und ihr gleichſam an die Seite geſetzet iſt: heiſſet ein Umſtand. Eine Bege- benheit, die die Folge einer andern aͤndert, heiſ- ſet ein Zufall. §. 4. Was ein hiſtoriſcher Satz iſt? Wenn wir bey einer Begebenheit gegenwaͤr- tig ſind, und wir uns derſelben bewuſt ſind, ſo entſtehet in unſerm Verſtande ein Urtheil. Ein Urtheil pflegt gemeiniglich uns der Worte zu er- innern, wodurch man ſolches ausdrucken koͤnte. Wenigſtens, wenn wir unſere Vorſtellung von einer Begebenheit andern bekannt machen wollen, ſo brauchen wir Worte dazu, und ſuchen ſolche, wodurch ſich unſer Urtheil geſchickt ausdrucken laͤſſet. Ein Satz, dadurch eine Begebenheit, oder unſer Urtheil von der Begebenheit ausge- druckt wird, wollen wir einen hiſtoriſchen Satz nennen. §. 5. Was wir eine einige Begebenheit heiſſen? Gleichwie jeder eintzelne Satz nur ein einiges Praͤdicat haben ſoll; alſo ſoll auch durch einen hiſtoriſchen Satz nur eine einige Begebenheit ausge- druckt werden. Wir muͤſſen daher genauer be- ſtimmen, was eine einige Begebenheit ſey? Die A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/39
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/39>, abgerufen am 13.11.2024.