Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.v. d. historischen Wahrscheinlichkeit. gewesen, oder 2) die vorhandene Aussage weg-geschafft worden. (§. 8.) Wenn man alle diese Regeln bey alten und neuen Geschichten beobachtet, so wird man finden, daß eine ungemeine Menge von Zweiffeln wegfallen wird. Alle Zweiffel he- ben wollen ist eine Unmöglichkeit: denn wie die Menschen unvermeidlicher Weise unendlich vieles nicht wissen; also ist auch nothwendig, daß sie vie- les nur mit zweiffeln wissen. Denn das Mittel zwischen wissen und nicht wissen ist zweiffeln. §. 11. Von der historischen Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlichkeit ist eine Art des Zweif- theil,
v. d. hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit. geweſen, oder 2) die vorhandene Ausſage weg-geſchafft worden. (§. 8.) Wenn man alle dieſe Regeln bey alten und neuen Geſchichten beobachtet, ſo wird man finden, daß eine ungemeine Menge von Zweiffeln wegfallen wird. Alle Zweiffel he- ben wollen iſt eine Unmoͤglichkeit: denn wie die Menſchen unvermeidlicher Weiſe unendlich vieles nicht wiſſen; alſo iſt auch nothwendig, daß ſie vie- les nur mit zweiffeln wiſſen. Denn das Mittel zwiſchen wiſſen und nicht wiſſen iſt zweiffeln. §. 11. Von der hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit. Wahrſcheinlichkeit iſt eine Art des Zweif- theil,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0367" n="331"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">v. d. hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit.</hi></fw><lb/> geweſen, oder 2) die vorhandene Ausſage weg-<lb/> geſchafft worden. (§. 8.) Wenn man alle dieſe<lb/> Regeln bey alten und neuen Geſchichten beobachtet,<lb/> ſo wird man finden, daß eine ungemeine Menge<lb/> von Zweiffeln wegfallen wird. Alle Zweiffel he-<lb/> ben wollen iſt eine Unmoͤglichkeit: denn wie die<lb/> Menſchen unvermeidlicher Weiſe unendlich vieles<lb/> nicht wiſſen; alſo iſt auch nothwendig, daß ſie vie-<lb/> les nur mit zweiffeln wiſſen. Denn das Mittel<lb/> zwiſchen wiſſen und nicht wiſſen iſt <hi rendition="#fr">zweiffeln.</hi></p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. 11.<lb/> Von der hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Wahrſcheinlichkeit</hi> iſt eine Art des Zweif-<lb/> fels, welche ſchwehr zu beſtimmen iſt. Sie aͤuſ-<lb/> ſert ſich aber ſo in der Seele. Bey manchem Zweif-<lb/> fel iſt uns das <hi rendition="#fr">Bejahen</hi> ſo ſehr am Hertzen gelegen,<lb/> als das <hi rendition="#fr">Verneinen,</hi> und wir trauen uns nicht vor<lb/> die Wahrheit eines oder des andern zu ſtehen.<lb/> Manchmahl aber ſind wir auf die Wahrheit einer<lb/> Sache ziemlich verſichert, nur iſt etwas, daß auch<lb/> die Vorſtellung des Gegentheils immer bey uns re-<lb/> ge macht, welches denn zu mancher Stunde mit<lb/> mehrerer Klarheit geſchiehet, als in der andern.<lb/> Dieſer Zuſtand der Seele iſt unlaͤugbar, daß er<lb/> bey vielen Dingen in unſerer Seele vorhanden ſey.<lb/> Da nun dieſelbe <hi rendition="#fr">Wahrſcheinlichkeit</hi> heiſſet, ſo<lb/> iſt die <hi rendition="#fr">Wahrſcheinlichkeit</hi> ſo gut, als das <hi rendition="#aq">op-<lb/> poſitum,</hi> nehmlich der <hi rendition="#fr">voͤllige</hi> Zweiffel, und das<lb/><hi rendition="#aq">Genus</hi> davon, welches <hi rendition="#fr">Zweiffel</hi> ſchlecht weg heiſ-<lb/> ſet, aus der Erfahrung bekannt. Gemeiniglich<lb/> aber erklaͤret man <hi rendition="#fr">wahrſcheinlich</hi> durch ein Ur-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">theil,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [331/0367]
v. d. hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit.
geweſen, oder 2) die vorhandene Ausſage weg-
geſchafft worden. (§. 8.) Wenn man alle dieſe
Regeln bey alten und neuen Geſchichten beobachtet,
ſo wird man finden, daß eine ungemeine Menge
von Zweiffeln wegfallen wird. Alle Zweiffel he-
ben wollen iſt eine Unmoͤglichkeit: denn wie die
Menſchen unvermeidlicher Weiſe unendlich vieles
nicht wiſſen; alſo iſt auch nothwendig, daß ſie vie-
les nur mit zweiffeln wiſſen. Denn das Mittel
zwiſchen wiſſen und nicht wiſſen iſt zweiffeln.
§. 11.
Von der hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit.
Wahrſcheinlichkeit iſt eine Art des Zweif-
fels, welche ſchwehr zu beſtimmen iſt. Sie aͤuſ-
ſert ſich aber ſo in der Seele. Bey manchem Zweif-
fel iſt uns das Bejahen ſo ſehr am Hertzen gelegen,
als das Verneinen, und wir trauen uns nicht vor
die Wahrheit eines oder des andern zu ſtehen.
Manchmahl aber ſind wir auf die Wahrheit einer
Sache ziemlich verſichert, nur iſt etwas, daß auch
die Vorſtellung des Gegentheils immer bey uns re-
ge macht, welches denn zu mancher Stunde mit
mehrerer Klarheit geſchiehet, als in der andern.
Dieſer Zuſtand der Seele iſt unlaͤugbar, daß er
bey vielen Dingen in unſerer Seele vorhanden ſey.
Da nun dieſelbe Wahrſcheinlichkeit heiſſet, ſo
iſt die Wahrſcheinlichkeit ſo gut, als das op-
poſitum, nehmlich der voͤllige Zweiffel, und das
Genus davon, welches Zweiffel ſchlecht weg heiſ-
ſet, aus der Erfahrung bekannt. Gemeiniglich
aber erklaͤret man wahrſcheinlich durch ein Ur-
theil,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |