Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Neuntes Capitel,
bungen stehet: Denn sie sagen zugleich, daß sie
dieselben aus der seltsamen Staatsraison, damit
des Goldes nicht zu viel werden möchte, nicht er-
öffneten. Uneröffnete Goldminen aber haben gar
keine Zuschauer, und ist also nicht eine tüchtige
Aussage davon vorhanden. Der Jüden ihr
Fluß, Sabbation, ist auf nichts gegründet,
weil sie keinen Autor anführen, der ihn gesehen
hätte. Hingegen, daß in Amsterdam eine Börse,
in Egypten hohe Pyramiden, in Rom eine Pe-
terskirche ist, und daß in Jtalien der Po fliesset,
sind Dinge, die öffentlich bekannt sind, und wo-
von man gar leichte gewesene Zuschauer, als Aus-
sager und Zeugen erlangen kan: Darzu das Still-
schweigen derer kommt, die Gelegenheit und Ur-
sach genug gehabt hätten, denen Nachrichten da-
von, wenn sie falsch wären, zu widersprechen.

§. 34.
Schrifftliche Händel.

Geschäffte die schrifftlich tractirt werden,
können auch leichte zur Gewißheit gebracht wer-
den. Denn wer die Schrifften in die Hände
bekommt, ist eben so gut davon versichert, als
von Geschichten, dabey man selbst gegenwärtig
gewesen ist. Oeffentliche Schrifften haben
noch einen Vorzug; weil da die Ursachen zu wider-
sprechen in grösserer Menge vorhanden sind; und
daher das Stillschweigen sich in viele Aussagen
verwandelt (§. 32.). So kan man von den Ge-
schichten des Reichstages zu Regensburg sehr zu-
verläßige Nachrichten, ja untrügliche Nachricht

haben,

Neuntes Capitel,
bungen ſtehet: Denn ſie ſagen zugleich, daß ſie
dieſelben aus der ſeltſamen Staatsraiſon, damit
des Goldes nicht zu viel werden moͤchte, nicht er-
oͤffneten. Uneroͤffnete Goldminen aber haben gar
keine Zuſchauer, und iſt alſo nicht eine tuͤchtige
Ausſage davon vorhanden. Der Juͤden ihr
Fluß, Sabbation, iſt auf nichts gegruͤndet,
weil ſie keinen Autor anfuͤhren, der ihn geſehen
haͤtte. Hingegen, daß in Amſterdam eine Boͤrſe,
in Egypten hohe Pyramiden, in Rom eine Pe-
terskirche iſt, und daß in Jtalien der Po flieſſet,
ſind Dinge, die oͤffentlich bekannt ſind, und wo-
von man gar leichte geweſene Zuſchauer, als Aus-
ſager und Zeugen erlangen kan: Darzu das Still-
ſchweigen derer kommt, die Gelegenheit und Ur-
ſach genug gehabt haͤtten, denen Nachrichten da-
von, wenn ſie falſch waͤren, zu widerſprechen.

§. 34.
Schrifftliche Haͤndel.

Geſchaͤffte die ſchrifftlich tractirt werden,
koͤnnen auch leichte zur Gewißheit gebracht wer-
den. Denn wer die Schrifften in die Haͤnde
bekommt, iſt eben ſo gut davon verſichert, als
von Geſchichten, dabey man ſelbſt gegenwaͤrtig
geweſen iſt. Oeffentliche Schrifften haben
noch einen Vorzug; weil da die Urſachen zu wider-
ſprechen in groͤſſerer Menge vorhanden ſind; und
daher das Stillſchweigen ſich in viele Ausſagen
verwandelt (§. 32.). So kan man von den Ge-
ſchichten des Reichstages zu Regensburg ſehr zu-
verlaͤßige Nachrichten, ja untruͤgliche Nachricht

haben,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0348" n="312"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neuntes Capitel,</hi></fw><lb/>
bungen &#x017F;tehet: Denn &#x017F;ie &#x017F;agen zugleich, daß &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;elben aus der &#x017F;elt&#x017F;amen Staatsrai&#x017F;on, damit<lb/>
des Goldes nicht zu viel werden mo&#x0364;chte, nicht er-<lb/>
o&#x0364;ffneten. Unero&#x0364;ffnete Goldminen aber haben gar<lb/>
keine Zu&#x017F;chauer, und i&#x017F;t al&#x017F;o nicht eine tu&#x0364;chtige<lb/>
Aus&#x017F;age davon vorhanden. Der Ju&#x0364;den ihr<lb/>
Fluß, <hi rendition="#fr">Sabbation,</hi> i&#x017F;t auf nichts gegru&#x0364;ndet,<lb/>
weil &#x017F;ie keinen Autor anfu&#x0364;hren, der ihn ge&#x017F;ehen<lb/>
ha&#x0364;tte. Hingegen, daß in Am&#x017F;terdam eine Bo&#x0364;r&#x017F;e,<lb/>
in Egypten hohe Pyramiden, in Rom eine Pe-<lb/>
terskirche i&#x017F;t, und daß in Jtalien der Po flie&#x017F;&#x017F;et,<lb/>
&#x017F;ind Dinge, die o&#x0364;ffentlich bekannt &#x017F;ind, und wo-<lb/>
von man gar leichte gewe&#x017F;ene Zu&#x017F;chauer, als Aus-<lb/>
&#x017F;ager und Zeugen erlangen kan: Darzu das Still-<lb/>
&#x017F;chweigen derer kommt, die Gelegenheit und Ur-<lb/>
&#x017F;ach genug gehabt ha&#x0364;tten, denen Nachrichten da-<lb/>
von, wenn &#x017F;ie fal&#x017F;ch wa&#x0364;ren, zu wider&#x017F;prechen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 34.<lb/>
Schrifftliche Ha&#x0364;ndel.</head><lb/>
          <p>Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte die <hi rendition="#fr">&#x017F;chrifftlich</hi> tractirt werden,<lb/>
ko&#x0364;nnen auch leichte zur Gewißheit gebracht wer-<lb/>
den. Denn wer die <hi rendition="#fr">Schrifften</hi> in die Ha&#x0364;nde<lb/>
bekommt, i&#x017F;t eben &#x017F;o gut davon ver&#x017F;ichert, als<lb/>
von Ge&#x017F;chichten, dabey man &#x017F;elb&#x017F;t gegenwa&#x0364;rtig<lb/>
gewe&#x017F;en i&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Oeffentliche Schrifften</hi> haben<lb/>
noch einen Vorzug; weil da die Ur&#x017F;achen zu wider-<lb/>
&#x017F;prechen in gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Menge vorhanden &#x017F;ind; und<lb/>
daher das Still&#x017F;chweigen &#x017F;ich in viele Aus&#x017F;agen<lb/>
verwandelt (§. 32.). So kan man von den Ge-<lb/>
&#x017F;chichten des Reichstages zu Regensburg &#x017F;ehr zu-<lb/>
verla&#x0364;ßige Nachrichten, ja untru&#x0364;gliche Nachricht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">haben,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0348] Neuntes Capitel, bungen ſtehet: Denn ſie ſagen zugleich, daß ſie dieſelben aus der ſeltſamen Staatsraiſon, damit des Goldes nicht zu viel werden moͤchte, nicht er- oͤffneten. Uneroͤffnete Goldminen aber haben gar keine Zuſchauer, und iſt alſo nicht eine tuͤchtige Ausſage davon vorhanden. Der Juͤden ihr Fluß, Sabbation, iſt auf nichts gegruͤndet, weil ſie keinen Autor anfuͤhren, der ihn geſehen haͤtte. Hingegen, daß in Amſterdam eine Boͤrſe, in Egypten hohe Pyramiden, in Rom eine Pe- terskirche iſt, und daß in Jtalien der Po flieſſet, ſind Dinge, die oͤffentlich bekannt ſind, und wo- von man gar leichte geweſene Zuſchauer, als Aus- ſager und Zeugen erlangen kan: Darzu das Still- ſchweigen derer kommt, die Gelegenheit und Ur- ſach genug gehabt haͤtten, denen Nachrichten da- von, wenn ſie falſch waͤren, zu widerſprechen. §. 34. Schrifftliche Haͤndel. Geſchaͤffte die ſchrifftlich tractirt werden, koͤnnen auch leichte zur Gewißheit gebracht wer- den. Denn wer die Schrifften in die Haͤnde bekommt, iſt eben ſo gut davon verſichert, als von Geſchichten, dabey man ſelbſt gegenwaͤrtig geweſen iſt. Oeffentliche Schrifften haben noch einen Vorzug; weil da die Urſachen zu wider- ſprechen in groͤſſerer Menge vorhanden ſind; und daher das Stillſchweigen ſich in viele Ausſagen verwandelt (§. 32.). So kan man von den Ge- ſchichten des Reichstages zu Regensburg ſehr zu- verlaͤßige Nachrichten, ja untruͤgliche Nachricht haben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/348
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/348>, abgerufen am 21.12.2024.