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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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von der Gewißheit der Geschichte etc.
Autors fast allein ausmacht. Man hat solche Ei-
genschafft das Ansehen genennet, weil natürlicher
Weise, die Unwahrheit zu reden, eine Verstellung
der Gebehrden und Unordnung in der Aussage bey
sich hat; so daß man es vielen angesehen hat, daß
sie Unwahrheiten redeten. Nachdem es aber
Leute so weit gebracht haben, daß ihnen Unwahr-
heiten zu reden was natürliches geworden ist, so
darff man sich auf dieses äusserliche Ansehen nicht
mehr verlassen.

§. 24.
Eintheilung des Ansehens.

Man siehet, daß die Qualitäten, welche das
Ansehen ausmachen, auch wohl nur zum Theil bey
einem Aussager, ja so gar bey einem Autor können
angetroffen werden. Daher ist das Ansehen eines
Aussagers manchmahl völlig, manchmahl un-
vollkommen.
Das völlige Ansehen eines
Autors
ziehet die Gewißheit nach sich: denn weil
er vermöge dieses Begriffs 1. bey der Sache ge-
genwärtig gewesen, 2. auch die nöthige Aufmerck-
samkeit und Einsicht gehabt, daß er im Stande
ist, die Sache zu erzehlen, und daß er 3. sie würck-
lich erzehlen will; (§. 19. 23.) so kan dieses Anse-
hen nicht ohne der Wahrheit der Sache selbst statt
finden: und es kan kein anderer Autor aufkommen,
der ebenfalls ein völliges Ansehen haben, und doch
das Gegentheil aussagen sollte. Es ist eben wie
bey Demonstrationen, man kan zwar mit ver-
geblichen Demonstrationen hintergangen werden:

aber

von der Gewißheit der Geſchichte ꝛc.
Autors faſt allein ausmacht. Man hat ſolche Ei-
genſchafft das Anſehen genennet, weil natuͤrlicher
Weiſe, die Unwahrheit zu reden, eine Verſtellung
der Gebehrden und Unordnung in der Ausſage bey
ſich hat; ſo daß man es vielen angeſehen hat, daß
ſie Unwahrheiten redeten. Nachdem es aber
Leute ſo weit gebracht haben, daß ihnen Unwahr-
heiten zu reden was natuͤrliches geworden iſt, ſo
darff man ſich auf dieſes aͤuſſerliche Anſehen nicht
mehr verlaſſen.

§. 24.
Eintheilung des Anſehens.

Man ſiehet, daß die Qualitaͤten, welche das
Anſehen ausmachen, auch wohl nur zum Theil bey
einem Ausſager, ja ſo gar bey einem Autor koͤnnen
angetroffen werden. Daher iſt das Anſehen eines
Ausſagers manchmahl voͤllig, manchmahl un-
vollkommen.
Das voͤllige Anſehen eines
Autors
ziehet die Gewißheit nach ſich: denn weil
er vermoͤge dieſes Begriffs 1. bey der Sache ge-
genwaͤrtig geweſen, 2. auch die noͤthige Aufmerck-
ſamkeit und Einſicht gehabt, daß er im Stande
iſt, die Sache zu erzehlen, und daß er 3. ſie wuͤrck-
lich erzehlen will; (§. 19. 23.) ſo kan dieſes Anſe-
hen nicht ohne der Wahrheit der Sache ſelbſt ſtatt
finden: und es kan kein anderer Autor aufkommen,
der ebenfalls ein voͤlliges Anſehen haben, und doch
das Gegentheil ausſagen ſollte. Es iſt eben wie
bey Demonſtrationen, man kan zwar mit ver-
geblichen Demonſtrationen hintergangen werden:

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[303/0339] von der Gewißheit der Geſchichte ꝛc. Autors faſt allein ausmacht. Man hat ſolche Ei- genſchafft das Anſehen genennet, weil natuͤrlicher Weiſe, die Unwahrheit zu reden, eine Verſtellung der Gebehrden und Unordnung in der Ausſage bey ſich hat; ſo daß man es vielen angeſehen hat, daß ſie Unwahrheiten redeten. Nachdem es aber Leute ſo weit gebracht haben, daß ihnen Unwahr- heiten zu reden was natuͤrliches geworden iſt, ſo darff man ſich auf dieſes aͤuſſerliche Anſehen nicht mehr verlaſſen. §. 24. Eintheilung des Anſehens. Man ſiehet, daß die Qualitaͤten, welche das Anſehen ausmachen, auch wohl nur zum Theil bey einem Ausſager, ja ſo gar bey einem Autor koͤnnen angetroffen werden. Daher iſt das Anſehen eines Ausſagers manchmahl voͤllig, manchmahl un- vollkommen. Das voͤllige Anſehen eines Autors ziehet die Gewißheit nach ſich: denn weil er vermoͤge dieſes Begriffs 1. bey der Sache ge- genwaͤrtig geweſen, 2. auch die noͤthige Aufmerck- ſamkeit und Einſicht gehabt, daß er im Stande iſt, die Sache zu erzehlen, und daß er 3. ſie wuͤrck- lich erzehlen will; (§. 19. 23.) ſo kan dieſes Anſe- hen nicht ohne der Wahrheit der Sache ſelbſt ſtatt finden: und es kan kein anderer Autor aufkommen, der ebenfalls ein voͤlliges Anſehen haben, und doch das Gegentheil ausſagen ſollte. Es iſt eben wie bey Demonſtrationen, man kan zwar mit ver- geblichen Demonſtrationen hintergangen werden: aber

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/339>, abgerufen am 13.11.2024.