gerey mir zur Gnüge bekannt ist; sollte mir dabey nun einfallen, daß derselbe wissentlich eine Waare vor was anders ausgeben sollte, als sie würcklich ist. Solche besondere Umstände machen also das Anse- hen eines Autors aus. Woraus folget, daß zwey Personen erfordert werden, wenn iemanden ein An- sehen beygelegt werden soll: nehmlich iemand, der Eigenschafften besitzet, die mit Unwahrheiten in- compatibel sind; und so dann ein anderer, dem die- se Eigenschafften zur Gnüge bekannt sind.
§. 23. Jnnerliche Beschaffenheit des Ansehens.
Weil die Unwahrheit, welche Menschen reden, theils aus Mangel der Erkentniß, theils aus Män- geln des Willens entstehen, (§. 19.) so werden sich die Eigenschafften, welche das Ansehen eines Autors ausmachen, auf 2. Stück zusammen zie- hen lassen: 1. auf den guten Verstand, den er beym Anschauen der Sache und bey der Erzehlung ge- braucht. 2. Auf die Wahrhafftigkeit. Ja da unsere Historie gröstentheils aus solchen Begeben- heiten bestehet, die handgreifflich sind: Geburt und Sterben der grossen Herren, Kriegsrüstungen und Thaten im Felde, bey denen gelehrten Wercken, die sie geschrieben; in der Kirchengeschichte Conci- cilia, ritus, die in die Augen fallen: wobey also keine grosse Schwierigkeit in Ansehung der Einsicht entstehen kan; (§. 12.) so wird die Liebe zur Wahr- heit und Aufrichtigkeit fast überall als diejenige Ei- genschafft angesehen, welche das Ansehen eines
Autors
Neuntes Capitel,
gerey mir zur Gnuͤge bekannt iſt; ſollte mir dabey nun einfallen, daß derſelbe wiſſentlich eine Waare vor was anders ausgeben ſollte, als ſie wuͤrcklich iſt. Solche beſondere Umſtaͤnde machen alſo das Anſe- hen eines Autors aus. Woraus folget, daß zwey Perſonen erfordert werden, wenn iemanden ein An- ſehen beygelegt werden ſoll: nehmlich iemand, der Eigenſchafften beſitzet, die mit Unwahrheiten in- compatibel ſind; und ſo dann ein anderer, dem die- ſe Eigenſchafften zur Gnuͤge bekannt ſind.
§. 23. Jnnerliche Beſchaffenheit des Anſehens.
Weil die Unwahrheit, welche Menſchen reden, theils aus Mangel der Erkentniß, theils aus Maͤn- geln des Willens entſtehen, (§. 19.) ſo werden ſich die Eigenſchafften, welche das Anſehen eines Autors ausmachen, auf 2. Stuͤck zuſammen zie- hen laſſen: 1. auf den guten Verſtand, den er beym Anſchauen der Sache und bey der Erzehlung ge- braucht. 2. Auf die Wahrhafftigkeit. Ja da unſere Hiſtorie groͤſtentheils aus ſolchen Begeben- heiten beſtehet, die handgreifflich ſind: Geburt und Sterben der groſſen Herren, Kriegsruͤſtungen und Thaten im Felde, bey denen gelehrten Wercken, die ſie geſchrieben; in der Kirchengeſchichte Conci- cilia, ritus, die in die Augen fallen: wobey alſo keine groſſe Schwierigkeit in Anſehung der Einſicht entſtehen kan; (§. 12.) ſo wird die Liebe zur Wahr- heit und Aufrichtigkeit faſt uͤberall als diejenige Ei- genſchafft angeſehen, welche das Anſehen eines
Autors
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Neuntes Capitel,
gerey mir zur Gnuͤge bekannt iſt; ſollte mir dabey
nun einfallen, daß derſelbe wiſſentlich eine Waare
vor was anders ausgeben ſollte, als ſie wuͤrcklich iſt.
Solche beſondere Umſtaͤnde machen alſo das Anſe-
hen eines Autors aus. Woraus folget, daß zwey
Perſonen erfordert werden, wenn iemanden ein An-
ſehen beygelegt werden ſoll: nehmlich iemand, der
Eigenſchafften beſitzet, die mit Unwahrheiten in-
compatibel ſind; und ſo dann ein anderer, dem die-
ſe Eigenſchafften zur Gnuͤge bekannt ſind.
§. 23.
Jnnerliche Beſchaffenheit des Anſehens.
Weil die Unwahrheit, welche Menſchen reden,
theils aus Mangel der Erkentniß, theils aus Maͤn-
geln des Willens entſtehen, (§. 19.) ſo werden
ſich die Eigenſchafften, welche das Anſehen eines
Autors ausmachen, auf 2. Stuͤck zuſammen zie-
hen laſſen: 1. auf den guten Verſtand, den er beym
Anſchauen der Sache und bey der Erzehlung ge-
braucht. 2. Auf die Wahrhafftigkeit. Ja da
unſere Hiſtorie groͤſtentheils aus ſolchen Begeben-
heiten beſtehet, die handgreifflich ſind: Geburt
und Sterben der groſſen Herren, Kriegsruͤſtungen
und Thaten im Felde, bey denen gelehrten Wercken,
die ſie geſchrieben; in der Kirchengeſchichte Conci-
cilia, ritus, die in die Augen fallen: wobey alſo
keine groſſe Schwierigkeit in Anſehung der Einſicht
entſtehen kan; (§. 12.) ſo wird die Liebe zur Wahr-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/338>, abgerufen am 03.03.2025.
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