Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.Siebentes Capitel, hen immer mehr und mehr Menschen ab, die da-von Nachricht haben; bis zuletzt auch nicht einer mehr übrig bleibt. Wie Z. E. die Egyptische oder Coptische Sprache noch bis ins vorige Jahrhundert gedauert hat; da der letzte gestor- ben ist, der sie verstanden hat. Maillet Descri- ption de l' Egypte T. I. p. 22. Zur sicherern Verhinderung solches Untergangs ist dienlich, daß die Geschichte, wenn sie fortgepflantzt werden sol- len, von Zeit zu Zeit erneuert werden: So daß mit dieser neuen Geschichte, als durch ein Ve- hiculum, jene alte aufs neue mit ausgebreitet wird. Dergleichen Neuigkeiten, die den verleschen wol- lenden Geschichten wieder aufhelffen, sind die hun- dertjährigen Feyern, welche nach Art aller, besonders aber seltener Feste, jedermann aufmerck- sam machen, und anreitzen, nach der alten Ge- schichte, als nach der Ursachen des gegenwärtigen Otii und Freude sich zu erkundigen. §. 37. Eine Geschichte entdecken. Wenn man zur Erkenntniß einer Geschichte we- Nach-
Siebentes Capitel, hen immer mehr und mehr Menſchen ab, die da-von Nachricht haben; bis zuletzt auch nicht einer mehr uͤbrig bleibt. Wie Z. E. die Egyptiſche oder Coptiſche Sprache noch bis ins vorige Jahrhundert gedauert hat; da der letzte geſtor- ben iſt, der ſie verſtanden hat. Maillet Deſcri- ption de l’ Egypte T. I. p. 22. Zur ſicherern Verhinderung ſolches Untergangs iſt dienlich, daß die Geſchichte, wenn ſie fortgepflantzt werden ſol- len, von Zeit zu Zeit erneuert werden: So daß mit dieſer neuen Geſchichte, als durch ein Ve- hiculum, jene alte aufs neue mit ausgebreitet wird. Dergleichen Neuigkeiten, die den verleſchen wol- lenden Geſchichten wieder aufhelffen, ſind die hun- dertjaͤhrigen Feyern, welche nach Art aller, beſonders aber ſeltener Feſte, jedermann aufmerck- ſam machen, und anreitzen, nach der alten Ge- ſchichte, als nach der Urſachen des gegenwaͤrtigen Otii und Freude ſich zu erkundigen. §. 37. Eine Geſchichte entdecken. Wenn man zur Erkenntniß einer Geſchichte we- Nach-
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Siebentes Capitel,
hen immer mehr und mehr Menſchen ab, die da-
von Nachricht haben; bis zuletzt auch nicht einer
mehr uͤbrig bleibt. Wie Z. E. die Egyptiſche
oder Coptiſche Sprache noch bis ins vorige
Jahrhundert gedauert hat; da der letzte geſtor-
ben iſt, der ſie verſtanden hat. Maillet Deſcri-
ption de l’ Egypte T. I. p. 22. Zur ſicherern
Verhinderung ſolches Untergangs iſt dienlich, daß
die Geſchichte, wenn ſie fortgepflantzt werden ſol-
len, von Zeit zu Zeit erneuert werden: So daß
mit dieſer neuen Geſchichte, als durch ein Ve-
hiculum, jene alte aufs neue mit ausgebreitet wird.
Dergleichen Neuigkeiten, die den verleſchen wol-
lenden Geſchichten wieder aufhelffen, ſind die hun-
dertjaͤhrigen Feyern, welche nach Art aller,
beſonders aber ſeltener Feſte, jedermann aufmerck-
ſam machen, und anreitzen, nach der alten Ge-
ſchichte, als nach der Urſachen des gegenwaͤrtigen
Otii und Freude ſich zu erkundigen.
§. 37.
Eine Geſchichte entdecken.
Wenn man zur Erkenntniß einer Geſchichte we-
der durchs Dabeyſeyn, noch durch Nachrichten, ſon-
dern auf eine andere Art gelanget: So heiſſet das
eine Geſchichte entdecken. Den Unterſcheid dieſes
Begriffes von andern, die damit eine groſſe Ver-
wandſchafft haben, beſſer zu beſtimmen, wollen wir
auch dieſe anzeigen. Wenn man von einer Sache,
die vor uns ſollte verborgen gehalten werden, den-
noch Nachricht bekommt, ſo ſagt man: Jch bin dar-
hinter gekommen: Wenn wir eine muͤndliche
Nach-
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