sehr viel Arten von Zuschauern bey jeden Händeln, Thaten, Geschäfften, und überhaupt bey jeden eintzeln Weltgeschichten.
§. 8. Jeder betrachtet die Sachen nach seinem Stande;
Daß jemand mit gewissen eintzeln Personen, oder mit gewissen moralischen Wesen, oder auch mit gewissen Händeln, Thaten, oder Geschäfften zu thun hat, oder damit verwickelt ist, das ge- höret zu seinem Stand (§. 4. C. 4.). Nun be- trachtet jeder die Sache nach seiner besondern Ver- bindung, die er vor sich mit derselben hat (§. 5. 6. 7.): folglich richtet sich die Vorstellung, oder das Anschauen der Geschichte nach jedes Zuschauers seinem Stande, dergestalt, daß sein Stand dar- an schuld ist, daß der eine dieses, der andere je- nes wahrnimmt, daß er die Sache auf dieser, der andere auf jener Seite betrachtet.
§. 9. ingleichen nach seiner Stelle;
Wenn diejenigen, die in einerley Stande sich befinden, dennoch sich zugleich in sehr mercklich verschiedenen Umständen befinden, so heisset ein solcher besonderer Zustand eine Stelle. Man kan bey einer Sache die obere, untere, oder auch eine mittlere Stelle haben: wie solches bey einem Regimente zu ersehen, das aus gar sehr ver- schiedenen Personen zusammen gesetzet ist, die doch alle zum Regimente gehören, und mit demselben als Glieder verbunden sind. Wie nun das An-
schauen
Fuͤnfftes Capitel,
ſehr viel Arten von Zuſchauern bey jeden Haͤndeln, Thaten, Geſchaͤfften, und uͤberhaupt bey jeden eintzeln Weltgeſchichten.
§. 8. Jeder betrachtet die Sachen nach ſeinem Stande;
Daß jemand mit gewiſſen eintzeln Perſonen, oder mit gewiſſen moraliſchen Weſen, oder auch mit gewiſſen Haͤndeln, Thaten, oder Geſchaͤfften zu thun hat, oder damit verwickelt iſt, das ge- hoͤret zu ſeinem Stand (§. 4. C. 4.). Nun be- trachtet jeder die Sache nach ſeiner beſondern Ver- bindung, die er vor ſich mit derſelben hat (§. 5. 6. 7.): folglich richtet ſich die Vorſtellung, oder das Anſchauen der Geſchichte nach jedes Zuſchauers ſeinem Stande, dergeſtalt, daß ſein Stand dar- an ſchuld iſt, daß der eine dieſes, der andere je- nes wahrnimmt, daß er die Sache auf dieſer, der andere auf jener Seite betrachtet.
§. 9. ingleichen nach ſeiner Stelle;
Wenn diejenigen, die in einerley Stande ſich befinden, dennoch ſich zugleich in ſehr mercklich verſchiedenen Umſtaͤnden befinden, ſo heiſſet ein ſolcher beſonderer Zuſtand eine Stelle. Man kan bey einer Sache die obere, untere, oder auch eine mittlere Stelle haben: wie ſolches bey einem Regimente zu erſehen, das aus gar ſehr ver- ſchiedenen Perſonen zuſammen geſetzet iſt, die doch alle zum Regimente gehoͤren, und mit demſelben als Glieder verbunden ſind. Wie nun das An-
ſchauen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0134"n="98"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Fuͤnfftes Capitel,</hi></fw><lb/>ſehr viel Arten von Zuſchauern bey jeden Haͤndeln,<lb/>
Thaten, Geſchaͤfften, und uͤberhaupt bey jeden<lb/>
eintzeln Weltgeſchichten.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 8.<lb/>
Jeder betrachtet die Sachen nach ſeinem<lb/>
Stande;</head><lb/><p>Daß jemand mit gewiſſen eintzeln Perſonen,<lb/>
oder mit gewiſſen moraliſchen Weſen, oder auch<lb/>
mit gewiſſen Haͤndeln, Thaten, oder Geſchaͤfften<lb/>
zu thun hat, oder damit verwickelt iſt, das ge-<lb/>
hoͤret zu ſeinem Stand (§. 4. C. 4.). Nun be-<lb/>
trachtet jeder die Sache nach ſeiner beſondern Ver-<lb/>
bindung, die er vor ſich mit derſelben hat (§. 5.<lb/>
6. 7.): folglich richtet ſich die Vorſtellung, oder<lb/>
das Anſchauen der Geſchichte nach jedes Zuſchauers<lb/>ſeinem <hirendition="#fr">Stande,</hi> dergeſtalt, daß ſein Stand dar-<lb/>
an ſchuld iſt, daß der eine dieſes, der andere je-<lb/>
nes wahrnimmt, daß er die Sache auf dieſer, der<lb/>
andere auf jener Seite betrachtet.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 9.<lb/>
ingleichen nach ſeiner Stelle;</head><lb/><p>Wenn diejenigen, die in einerley Stande ſich<lb/>
befinden, dennoch ſich zugleich in ſehr mercklich<lb/>
verſchiedenen Umſtaͤnden befinden, ſo heiſſet<lb/>
ein ſolcher beſonderer Zuſtand eine <hirendition="#fr">Stelle.</hi> Man<lb/>
kan bey einer Sache die obere, untere, oder auch<lb/>
eine mittlere Stelle haben: wie ſolches bey einem<lb/><hirendition="#fr">Regimente</hi> zu erſehen, das aus gar ſehr ver-<lb/>ſchiedenen Perſonen zuſammen geſetzet iſt, die doch<lb/>
alle zum Regimente gehoͤren, und mit demſelben<lb/>
als Glieder verbunden ſind. Wie nun das An-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchauen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[98/0134]
Fuͤnfftes Capitel,
ſehr viel Arten von Zuſchauern bey jeden Haͤndeln,
Thaten, Geſchaͤfften, und uͤberhaupt bey jeden
eintzeln Weltgeſchichten.
§. 8.
Jeder betrachtet die Sachen nach ſeinem
Stande;
Daß jemand mit gewiſſen eintzeln Perſonen,
oder mit gewiſſen moraliſchen Weſen, oder auch
mit gewiſſen Haͤndeln, Thaten, oder Geſchaͤfften
zu thun hat, oder damit verwickelt iſt, das ge-
hoͤret zu ſeinem Stand (§. 4. C. 4.). Nun be-
trachtet jeder die Sache nach ſeiner beſondern Ver-
bindung, die er vor ſich mit derſelben hat (§. 5.
6. 7.): folglich richtet ſich die Vorſtellung, oder
das Anſchauen der Geſchichte nach jedes Zuſchauers
ſeinem Stande, dergeſtalt, daß ſein Stand dar-
an ſchuld iſt, daß der eine dieſes, der andere je-
nes wahrnimmt, daß er die Sache auf dieſer, der
andere auf jener Seite betrachtet.
§. 9.
ingleichen nach ſeiner Stelle;
Wenn diejenigen, die in einerley Stande ſich
befinden, dennoch ſich zugleich in ſehr mercklich
verſchiedenen Umſtaͤnden befinden, ſo heiſſet
ein ſolcher beſonderer Zuſtand eine Stelle. Man
kan bey einer Sache die obere, untere, oder auch
eine mittlere Stelle haben: wie ſolches bey einem
Regimente zu erſehen, das aus gar ſehr ver-
ſchiedenen Perſonen zuſammen geſetzet iſt, die doch
alle zum Regimente gehoͤren, und mit demſelben
als Glieder verbunden ſind. Wie nun das An-
ſchauen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/134>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.