Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.Fünfftes Capitel, wenn auch gleich keine Zuschauer dabey wären.Jeder vernünfftiger Mensch ist zwar in Ansehung seiner eigenen Handlungen und Begebenheiten, wegen seiner Vernunfft, ein Zuschauer: doch han- get die Existentz seiner Handlungen und Begeben- heiten von diesem Zuschauer nicht ab: und eben so ist es mit den Begebenheiten jedes Menschen in Ansehung anderer beschaffen, daß es ihm an Zuschauern nicht fehlet: wie daraus erhellet, weil etwas so schwer zu verbergen ist. Aber alle die- se Zuschauer sind zur Existentz der Begebenheiten selbst gar nicht nöthig. Allein bey der Erkent- niß der Begebenheiten, und denen daraus flüssenden Erzehlungen, ist es eben so nöthig, auf den Zuschauer und dessen Beschaffenheit achtung zu geben, als auf die Sache selbst. Von beyden hanget die Erkentniß der Begebenheiten, und mit- hin auch die Wahrheit der Erzehlungen selbst ab. §. 2. Besonders bey cörperlichen Dingen. Denn so ist bey Cörpern offenbar, daß ihre alle-
Fuͤnfftes Capitel, wenn auch gleich keine Zuſchauer dabey waͤren.Jeder vernuͤnfftiger Menſch iſt zwar in Anſehung ſeiner eigenen Handlungen und Begebenheiten, wegen ſeiner Vernunfft, ein Zuſchauer: doch han- get die Exiſtentz ſeiner Handlungen und Begeben- heiten von dieſem Zuſchauer nicht ab: und eben ſo iſt es mit den Begebenheiten jedes Menſchen in Anſehung anderer beſchaffen, daß es ihm an Zuſchauern nicht fehlet: wie daraus erhellet, weil etwas ſo ſchwer zu verbergen iſt. Aber alle die- ſe Zuſchauer ſind zur Exiſtentz der Begebenheiten ſelbſt gar nicht noͤthig. Allein bey der Erkent- niß der Begebenheiten, und denen daraus fluͤſſenden Erzehlungen, iſt es eben ſo noͤthig, auf den Zuſchauer und deſſen Beſchaffenheit achtung zu geben, als auf die Sache ſelbſt. Von beyden hanget die Erkentniß der Begebenheiten, und mit- hin auch die Wahrheit der Erzehlungen ſelbſt ab. §. 2. Beſonders bey coͤrperlichen Dingen. Denn ſo iſt bey Coͤrpern offenbar, daß ihre alle-
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Fuͤnfftes Capitel,
wenn auch gleich keine Zuſchauer dabey waͤren.
Jeder vernuͤnfftiger Menſch iſt zwar in Anſehung
ſeiner eigenen Handlungen und Begebenheiten,
wegen ſeiner Vernunfft, ein Zuſchauer: doch han-
get die Exiſtentz ſeiner Handlungen und Begeben-
heiten von dieſem Zuſchauer nicht ab: und eben
ſo iſt es mit den Begebenheiten jedes Menſchen
in Anſehung anderer beſchaffen, daß es ihm an
Zuſchauern nicht fehlet: wie daraus erhellet, weil
etwas ſo ſchwer zu verbergen iſt. Aber alle die-
ſe Zuſchauer ſind zur Exiſtentz der Begebenheiten
ſelbſt gar nicht noͤthig. Allein bey der Erkent-
niß der Begebenheiten, und denen daraus
fluͤſſenden Erzehlungen, iſt es eben ſo noͤthig, auf
den Zuſchauer und deſſen Beſchaffenheit achtung
zu geben, als auf die Sache ſelbſt. Von beyden
hanget die Erkentniß der Begebenheiten, und mit-
hin auch die Wahrheit der Erzehlungen ſelbſt ab.
§. 2.
Beſonders bey coͤrperlichen Dingen.
Denn ſo iſt bey Coͤrpern offenbar, daß ihre
Veraͤnderungen und Begebenheiten eine gantz an-
dere Geſtalt bekommen, nachdem ſich der Zu-
ſchauer in Anſehung derſelben verhaͤlt, ob er na-
he oder ferne, hoͤher oder tieffer ſtehet: ob er ach-
tung giebt, oder nicht. Die Fixſterne, wie itzo
alle Gelehrte wiſſen, ſind vor diejenigen, die nahe
genug ſind, Sonnen, vor uns aber, ſind ſie we-
gen der unbeſchreiblichen Weite, kleine Himmels-
lichter. Der Mond iſt bald voll, bald halb, bald
noch weniger erleuchtet, nehmlich vor uns; denn
aus einem andern Sehepunckte betrachtet, iſt er
alle-
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