beitung richtiger heißt statt der früheren Bezeichnung der vergleichenden Anatomie) von C. Th. E. von Siebold und Hermann Stan- nius dar (1845 und 1846). Eine umfassende Uebersicht des Baues und der Leistungen der Thierkörper hat neuerdings Henri Milne Ed- wards zu bearbeiten begonnen, an welcher sowohl die Beherrschung der Aufgabe, allerdings von vorwaltend physiologischem Standpunkte aus, als auch die gründliche Gelehrsamkeit des Verfassers charakteristisch hervortritt. Am Schlusse der hier zu berücksichtigenden Zeit bezeichnet das Erschienen von Carl Gegenbaur's Grundzügen der vergleichen- den Anatomie das Durchbrechen der wissenschaftlichen Behandlung der Thieranatomie auch in den allgemeinen Darstellungen. Als wesentliche Förderungsmittel, besonders durch Verbreitung des thatsächlich Errun- genen sind endlich die Jahresberichte zu bezeichnen, wie sie nach Ber- zelius' Beispiel von Joh. Müller in seinem Archiv begonnen wurden.
Paläontologie.
Das wissenschaftliche Interesse an den fossilen Funden hatte sich früher vorzüglich an die Frage des wirklich thierischen Ursprungs der- selben geknüpft. Nachdem die nur hier und da noch auftauchende An- nahme, in ihnen nur Naturspiele erblicken zu müssen, aus der wissen- schaftlichen Behandlung derselben für immer beseitigt war, galt es nun die Bestimmung derselben im systematischen Sinne zu unternehmen. Vielfach glaubte man noch, die Reste gehörten noch jetzt lebenden Arten an und hoffte, in noch undurchforschten Gebieten der Erde die lebenden Träger der versteinert gefundenen Knochen, Schalen u. s. f. einst zu entdecken. Es ist das Verdienst Georg Cuvier's, durch Unter- suchungen, welche im Jahre 1796 begannen, die Verschiedenheit der fossilen von den lebenden Arten zuerst in weiterem Umfange und durch eingehende anatomische Vergleichungen planmäßig nachgewiesen zu haben, wenn schon vor ihm Einzelne, wie z. B. Camper, Blumenbach u. A., diese Verschiedenheit behauptet hatten. Während Cuvier sich ausschließlich mit Wirbelthierresten beschäftigte, wies Lamarck die zahlreichen im Pariser Tertiärbecken vorkommenden Schalthiergehäuse als gleichfalls von den jetzt lebenden verschieden nach. Cuvier's Ver-
beitung richtiger heißt ſtatt der früheren Bezeichnung der vergleichenden Anatomie) von C. Th. E. von Siebold und Hermann Stan- nius dar (1845 und 1846). Eine umfaſſende Ueberſicht des Baues und der Leiſtungen der Thierkörper hat neuerdings Henri Milne Ed- wards zu bearbeiten begonnen, an welcher ſowohl die Beherrſchung der Aufgabe, allerdings von vorwaltend phyſiologiſchem Standpunkte aus, als auch die gründliche Gelehrſamkeit des Verfaſſers charakteriſtiſch hervortritt. Am Schluſſe der hier zu berückſichtigenden Zeit bezeichnet das Erſchienen von Carl Gegenbaur's Grundzügen der vergleichen- den Anatomie das Durchbrechen der wiſſenſchaftlichen Behandlung der Thieranatomie auch in den allgemeinen Darſtellungen. Als weſentliche Förderungsmittel, beſonders durch Verbreitung des thatſächlich Errun- genen ſind endlich die Jahresberichte zu bezeichnen, wie ſie nach Ber- zelius' Beiſpiel von Joh. Müller in ſeinem Archiv begonnen wurden.
Paläontologie.
Das wiſſenſchaftliche Intereſſe an den foſſilen Funden hatte ſich früher vorzüglich an die Frage des wirklich thieriſchen Urſprungs der- ſelben geknüpft. Nachdem die nur hier und da noch auftauchende An- nahme, in ihnen nur Naturſpiele erblicken zu müſſen, aus der wiſſen- ſchaftlichen Behandlung derſelben für immer beſeitigt war, galt es nun die Beſtimmung derſelben im ſyſtematiſchen Sinne zu unternehmen. Vielfach glaubte man noch, die Reſte gehörten noch jetzt lebenden Arten an und hoffte, in noch undurchforſchten Gebieten der Erde die lebenden Träger der verſteinert gefundenen Knochen, Schalen u. ſ. f. einſt zu entdecken. Es iſt das Verdienſt Georg Cuvier's, durch Unter- ſuchungen, welche im Jahre 1796 begannen, die Verſchiedenheit der foſſilen von den lebenden Arten zuerſt in weiterem Umfange und durch eingehende anatomiſche Vergleichungen planmäßig nachgewieſen zu haben, wenn ſchon vor ihm Einzelne, wie z. B. Camper, Blumenbach u. A., dieſe Verſchiedenheit behauptet hatten. Während Cuvier ſich ausſchließlich mit Wirbelthierreſten beſchäftigte, wies Lamarck die zahlreichen im Pariſer Tertiärbecken vorkommenden Schalthiergehäuſe als gleichfalls von den jetzt lebenden verſchieden nach. Cuvier's Ver-
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nius dar (1845 und 1846). Eine umfaſſende Ueberſicht des Baues
und der Leiſtungen der Thierkörper hat neuerdings Henri Milne Ed-
wards zu bearbeiten begonnen, an welcher ſowohl die Beherrſchung
der Aufgabe, allerdings von vorwaltend phyſiologiſchem Standpunkte
aus, als auch die gründliche Gelehrſamkeit des Verfaſſers charakteriſtiſch
hervortritt. Am Schluſſe der hier zu berückſichtigenden Zeit bezeichnet
das Erſchienen von Carl Gegenbaur's Grundzügen der vergleichen-
den Anatomie das Durchbrechen der wiſſenſchaftlichen Behandlung der
Thieranatomie auch in den allgemeinen Darſtellungen. Als weſentliche
Förderungsmittel, beſonders durch Verbreitung des thatſächlich Errun-
genen ſind endlich die Jahresberichte zu bezeichnen, wie ſie nach Ber-
zelius' Beiſpiel von Joh. Müller in ſeinem Archiv begonnen wurden.
Paläontologie.
Das wiſſenſchaftliche Intereſſe an den foſſilen Funden hatte ſich
früher vorzüglich an die Frage des wirklich thieriſchen Urſprungs der-
ſelben geknüpft. Nachdem die nur hier und da noch auftauchende An-
nahme, in ihnen nur Naturſpiele erblicken zu müſſen, aus der wiſſen-
ſchaftlichen Behandlung derſelben für immer beſeitigt war, galt es nun
die Beſtimmung derſelben im ſyſtematiſchen Sinne zu unternehmen.
Vielfach glaubte man noch, die Reſte gehörten noch jetzt lebenden Arten
an und hoffte, in noch undurchforſchten Gebieten der Erde die lebenden
Träger der verſteinert gefundenen Knochen, Schalen u. ſ. f. einſt zu
entdecken. Es iſt das Verdienſt Georg Cuvier's, durch Unter-
ſuchungen, welche im Jahre 1796 begannen, die Verſchiedenheit der
foſſilen von den lebenden Arten zuerſt in weiterem Umfange und durch
eingehende anatomiſche Vergleichungen planmäßig nachgewieſen zu
haben, wenn ſchon vor ihm Einzelne, wie z. B. Camper, Blumenbach
u. A., dieſe Verſchiedenheit behauptet hatten. Während Cuvier ſich
ausſchließlich mit Wirbelthierreſten beſchäftigte, wies Lamarck die
zahlreichen im Pariſer Tertiärbecken vorkommenden Schalthiergehäuſe
als gleichfalls von den jetzt lebenden verſchieden nach. Cuvier's Ver-
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/658>, abgerufen am 03.03.2025.
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