den, Neues zu bieten, angeführt werden; es könnte hierfür vielleicht die auseinanderführende Richtung mancher Schulen sprechen. Es galt nun zwar, die bisherigen Ansichten mit den neuen vermittelnd zu ver- binden; es wird sich auch zeigen, welche Uebergangsstellung zwischen Realismus und Nominalismus z. B. Albert der Große einnahm. Im Allgemeinen aber sprang sofort die Bemerkung entgegen, daß man es hier mit einer Fülle von Thatsachen zu thun hatte, welche je nach Um- ständen durch neue Beobachtungen entweder bestätigt, oder widerlegt oder erweitert werden konnten. So kam die erste Andeutung des so überaus wichtigen Momentes der sichern Constatirung einer wirklich oder angeblich auf Beobachtung beruhenden Angabe, der Verificirung der Thatsachen und damit die erste leise Spur der Kritik in die Zoolo- gie, welche sich freilich noch nicht sogleich soweit erheben konnte, alles Fabelhafte zurückzuweisen.
Die drei Hauptwerke des dreizehnten Jahrhunderts.
Drei Dominikaner sind es, welche in der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts sich zuerst die Aufgabe stellten, unter Benutzung des Ari- stoteles das gesammte zoologische Wissen der damaligen Zeit in einer umfassenden Form zur Darstellung zu bringen. Wenn bei der Schil- derung dieser drei Männer die Zeitfolge des Erscheinens ihrer zoologi- schen Schriften als bestimmend angesehen werden sollte, so dürfte ver- muthlich Vincenz von Beauvais zwischen die beiden andern zu stellen sein. Doch schließt sich Albert der Große so eng an Thomas von Can- timpre an, daß er nicht von diesem zu trennen ist.
Als Hagiograph zwar nicht unbekannt ist Thomas doch auch für die Naturgeschichte des Mittelalters von großer Bedeutung. Er ver- dient daher zunächst einer eingehenden Erwähnung; er tritt nicht bloß zuerst auf, sondern hat den beiden andern vielfach als Quelle gedient.
Nach seinem Geburtsort Leeuw St. Peter bei Lüttich wird er häufig als Brabantinus bezeichnet, meist jedoch mit dem Namen seines Klosters. Choulant gibt 1186 als sein Geburtsjahr, 1263 als sein
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Das dreizehnte Jahrhundert.
den, Neues zu bieten, angeführt werden; es könnte hierfür vielleicht die auseinanderführende Richtung mancher Schulen ſprechen. Es galt nun zwar, die bisherigen Anſichten mit den neuen vermittelnd zu ver- binden; es wird ſich auch zeigen, welche Uebergangsſtellung zwiſchen Realismus und Nominalismus z. B. Albert der Große einnahm. Im Allgemeinen aber ſprang ſofort die Bemerkung entgegen, daß man es hier mit einer Fülle von Thatſachen zu thun hatte, welche je nach Um- ſtänden durch neue Beobachtungen entweder beſtätigt, oder widerlegt oder erweitert werden konnten. So kam die erſte Andeutung des ſo überaus wichtigen Momentes der ſichern Conſtatirung einer wirklich oder angeblich auf Beobachtung beruhenden Angabe, der Verificirung der Thatſachen und damit die erſte leiſe Spur der Kritik in die Zoolo- gie, welche ſich freilich noch nicht ſogleich ſoweit erheben konnte, alles Fabelhafte zurückzuweiſen.
Die drei Hauptwerke des dreizehnten Jahrhunderts.
Drei Dominikaner ſind es, welche in der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts ſich zuerſt die Aufgabe ſtellten, unter Benutzung des Ari- ſtoteles das geſammte zoologiſche Wiſſen der damaligen Zeit in einer umfaſſenden Form zur Darſtellung zu bringen. Wenn bei der Schil- derung dieſer drei Männer die Zeitfolge des Erſcheinens ihrer zoologi- ſchen Schriften als beſtimmend angeſehen werden ſollte, ſo dürfte ver- muthlich Vincenz von Beauvais zwiſchen die beiden andern zu ſtellen ſein. Doch ſchließt ſich Albert der Große ſo eng an Thomas von Can- timpré an, daß er nicht von dieſem zu trennen iſt.
Als Hagiograph zwar nicht unbekannt iſt Thomas doch auch für die Naturgeſchichte des Mittelalters von großer Bedeutung. Er ver- dient daher zunächſt einer eingehenden Erwähnung; er tritt nicht bloß zuerſt auf, ſondern hat den beiden andern vielfach als Quelle gedient.
Nach ſeinem Geburtsort Leeuw St. Peter bei Lüttich wird er häufig als Brabantinus bezeichnet, meiſt jedoch mit dem Namen ſeines Kloſters. Choulant gibt 1186 als ſein Geburtsjahr, 1263 als ſein
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Das dreizehnte Jahrhundert.
den, Neues zu bieten, angeführt werden; es könnte hierfür vielleicht
die auseinanderführende Richtung mancher Schulen ſprechen. Es galt
nun zwar, die bisherigen Anſichten mit den neuen vermittelnd zu ver-
binden; es wird ſich auch zeigen, welche Uebergangsſtellung zwiſchen
Realismus und Nominalismus z. B. Albert der Große einnahm. Im
Allgemeinen aber ſprang ſofort die Bemerkung entgegen, daß man es
hier mit einer Fülle von Thatſachen zu thun hatte, welche je nach Um-
ſtänden durch neue Beobachtungen entweder beſtätigt, oder widerlegt
oder erweitert werden konnten. So kam die erſte Andeutung des ſo
überaus wichtigen Momentes der ſichern Conſtatirung einer wirklich
oder angeblich auf Beobachtung beruhenden Angabe, der Verificirung
der Thatſachen und damit die erſte leiſe Spur der Kritik in die Zoolo-
gie, welche ſich freilich noch nicht ſogleich ſoweit erheben konnte, alles
Fabelhafte zurückzuweiſen.
Die drei Hauptwerke des dreizehnten Jahrhunderts.
Drei Dominikaner ſind es, welche in der Mitte des dreizehnten
Jahrhunderts ſich zuerſt die Aufgabe ſtellten, unter Benutzung des Ari-
ſtoteles das geſammte zoologiſche Wiſſen der damaligen Zeit in einer
umfaſſenden Form zur Darſtellung zu bringen. Wenn bei der Schil-
derung dieſer drei Männer die Zeitfolge des Erſcheinens ihrer zoologi-
ſchen Schriften als beſtimmend angeſehen werden ſollte, ſo dürfte ver-
muthlich Vincenz von Beauvais zwiſchen die beiden andern zu ſtellen
ſein. Doch ſchließt ſich Albert der Große ſo eng an Thomas von Can-
timpré an, daß er nicht von dieſem zu trennen iſt.
Thomas von Cantimpré.
Als Hagiograph zwar nicht unbekannt iſt Thomas doch auch für
die Naturgeſchichte des Mittelalters von großer Bedeutung. Er ver-
dient daher zunächſt einer eingehenden Erwähnung; er tritt nicht bloß
zuerſt auf, ſondern hat den beiden andern vielfach als Quelle gedient.
Nach ſeinem Geburtsort Leeuw St. Peter bei Lüttich wird er
häufig als Brabantinus bezeichnet, meiſt jedoch mit dem Namen ſeines
Kloſters. Choulant gibt 1186 als ſein Geburtsjahr, 1263 als ſein
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/222>, abgerufen am 03.03.2025.
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