so wie das nunmehr schon größtentheils verschwundene Wollhaar, wieder aus, um andern Platz zu machen.
§. 718.
Gesichtstheile, Rumpf und Gliedmaßen sind nun gehörig ausgebildet, die Nägel fester und größer, die Haut von ge- wöhnlicher Farbe und da, wo sie am Nabel mit der vom Am- nion sich fortsetzenden Scheide des Nabelstranges gränzt, zeigt sich ein hochrothes Rändchen, welches auf die hier größere Ge- fäßthätigkeit (um den Nabelstrang, fast gleich einem brandigen Theil vom gesunden nach der Geburt abzustoßen) hindeutet. Die Geschlechtstheile des Knaben zeichnen sich jetzt aus durch ein stark gerunzeltes Scrotum, in welchem beide Hoden liegen, und die vollkommen durch die Vorhaut bedeckte Eichel. Bei Mäd- chen sind die Labia majora stärker, und bedecken die Nymphen und Clitoris beinahe. Geboren schläft das Kind nicht mehr so viel, erzeugt mehr Wärme, schreit mit kräftiger Stimme, und das Saugen geht gut von Statten. -- Alles Zeichen, wodurch, wenn man sie mit den in frühern Paragraphen geschilderten Zuständen des noch nicht ausgetragenen Kindes vergleicht, ein Unterscheiden des ausgetragenen von dem nicht ausgetragenen Kinde sehr leicht wird; obwohl man hierbei nie übersehen darf, daß der Grad der Ernährungsthätigkeit im Uterus sehr verschieden ist, und daher zuweilen ein schlecht genährtes ausgetragenes Kind, wenn man blos auf Länge und Schwere Rücksicht nehmen wollte, einem unausgetragenen Kinde allerdings ähnlich seyn muß.
§. 719.
Zum Behuf richtiger Einsicht in die Lehre von dem Durch- bewegen des Kindes durch das Becken, bleiben übrigens noch mehrere Flächen und Maaße des Kindeskörpers zu berücksichtigen übrig, und vorzüglich muß in dieser Hinsicht der Kopf des Kin- des einer genauen Messung unterworfen werden. Wir unter- scheiden demnach am Kindeskopfe vier Durchmesser und sechs Flächen. Die Durchmesser sind folgende: 1) Querdurchmesser, von einem Scheitelbeinhöcker (Tuber
ſo wie das nunmehr ſchon groͤßtentheils verſchwundene Wollhaar, wieder aus, um andern Platz zu machen.
§. 718.
Geſichtstheile, Rumpf und Gliedmaßen ſind nun gehoͤrig ausgebildet, die Naͤgel feſter und groͤßer, die Haut von ge- woͤhnlicher Farbe und da, wo ſie am Nabel mit der vom Am- nion ſich fortſetzenden Scheide des Nabelſtranges graͤnzt, zeigt ſich ein hochrothes Raͤndchen, welches auf die hier groͤßere Ge- faͤßthaͤtigkeit (um den Nabelſtrang, faſt gleich einem brandigen Theil vom geſunden nach der Geburt abzuſtoßen) hindeutet. Die Geſchlechtstheile des Knaben zeichnen ſich jetzt aus durch ein ſtark gerunzeltes Scrotum, in welchem beide Hoden liegen, und die vollkommen durch die Vorhaut bedeckte Eichel. Bei Maͤd- chen ſind die Labia majora ſtaͤrker, und bedecken die Nymphen und Clitoris beinahe. Geboren ſchlaͤft das Kind nicht mehr ſo viel, erzeugt mehr Waͤrme, ſchreit mit kraͤftiger Stimme, und das Saugen geht gut von Statten. — Alles Zeichen, wodurch, wenn man ſie mit den in fruͤhern Paragraphen geſchilderten Zuſtaͤnden des noch nicht ausgetragenen Kindes vergleicht, ein Unterſcheiden des ausgetragenen von dem nicht ausgetragenen Kinde ſehr leicht wird; obwohl man hierbei nie uͤberſehen darf, daß der Grad der Ernaͤhrungsthaͤtigkeit im Uterus ſehr verſchieden iſt, und daher zuweilen ein ſchlecht genaͤhrtes ausgetragenes Kind, wenn man blos auf Laͤnge und Schwere Ruͤckſicht nehmen wollte, einem unausgetragenen Kinde allerdings aͤhnlich ſeyn muß.
§. 719.
Zum Behuf richtiger Einſicht in die Lehre von dem Durch- bewegen des Kindes durch das Becken, bleiben uͤbrigens noch mehrere Flaͤchen und Maaße des Kindeskoͤrpers zu beruͤckſichtigen uͤbrig, und vorzuͤglich muß in dieſer Hinſicht der Kopf des Kin- des einer genauen Meſſung unterworfen werden. Wir unter- ſcheiden demnach am Kindeskopfe vier Durchmeſſer und ſechs Flaͤchen. Die Durchmeſſer ſind folgende: 1) Querdurchmeſſer, von einem Scheitelbeinhoͤcker (Tuber
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0069"n="47"/>ſo wie das nunmehr ſchon groͤßtentheils verſchwundene Wollhaar,<lb/>
wieder aus, um andern Platz zu machen.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 718.</head><lb/><p>Geſichtstheile, Rumpf und Gliedmaßen ſind nun gehoͤrig<lb/>
ausgebildet, die Naͤgel feſter und groͤßer, die Haut von ge-<lb/>
woͤhnlicher Farbe und da, wo ſie am Nabel mit der vom Am-<lb/>
nion ſich fortſetzenden Scheide des Nabelſtranges graͤnzt, zeigt<lb/>ſich ein hochrothes Raͤndchen, welches auf die hier groͤßere Ge-<lb/>
faͤßthaͤtigkeit (um den Nabelſtrang, faſt gleich einem brandigen<lb/>
Theil vom geſunden nach der Geburt abzuſtoßen) hindeutet.<lb/>
Die Geſchlechtstheile des Knaben zeichnen ſich jetzt aus durch<lb/>
ein ſtark gerunzeltes <hirendition="#aq">Scrotum,</hi> in welchem beide Hoden liegen,<lb/>
und die vollkommen durch die Vorhaut bedeckte Eichel. Bei Maͤd-<lb/>
chen ſind die <hirendition="#aq">Labia majora</hi>ſtaͤrker, und bedecken die Nymphen<lb/>
und <hirendition="#aq">Clitoris</hi> beinahe. Geboren ſchlaͤft das Kind nicht mehr ſo viel,<lb/>
erzeugt mehr Waͤrme, ſchreit mit kraͤftiger Stimme, und das<lb/>
Saugen geht gut von Statten. — Alles Zeichen, wodurch, wenn<lb/>
man ſie mit den in fruͤhern Paragraphen geſchilderten Zuſtaͤnden<lb/>
des noch nicht ausgetragenen Kindes vergleicht, ein Unterſcheiden<lb/>
des ausgetragenen von dem nicht ausgetragenen Kinde ſehr leicht<lb/>
wird; obwohl man hierbei nie uͤberſehen darf, daß der Grad<lb/>
der Ernaͤhrungsthaͤtigkeit im Uterus ſehr verſchieden iſt, und<lb/>
daher zuweilen ein ſchlecht genaͤhrtes ausgetragenes Kind, wenn<lb/>
man blos auf Laͤnge und Schwere Ruͤckſicht nehmen wollte,<lb/>
einem unausgetragenen Kinde allerdings aͤhnlich ſeyn muß.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 719.</head><lb/><p>Zum Behuf richtiger Einſicht in die Lehre von dem Durch-<lb/>
bewegen des Kindes durch das Becken, bleiben uͤbrigens noch<lb/>
mehrere Flaͤchen und Maaße des Kindeskoͤrpers zu beruͤckſichtigen<lb/>
uͤbrig, und vorzuͤglich muß in dieſer Hinſicht der Kopf des Kin-<lb/>
des einer genauen Meſſung unterworfen werden. Wir unter-<lb/>ſcheiden demnach am Kindeskopfe <hirendition="#g">vier Durchmeſſer</hi> und<lb/><hirendition="#g">ſechs Flaͤchen</hi>. Die <hirendition="#g">Durchmeſſer</hi>ſind folgende: 1)<lb/><hirendition="#g">Querdurchmeſſer</hi>, von einem Scheitelbeinhoͤcker <hirendition="#aq">(Tuber<lb/></hi></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[47/0069]
ſo wie das nunmehr ſchon groͤßtentheils verſchwundene Wollhaar,
wieder aus, um andern Platz zu machen.
§. 718.
Geſichtstheile, Rumpf und Gliedmaßen ſind nun gehoͤrig
ausgebildet, die Naͤgel feſter und groͤßer, die Haut von ge-
woͤhnlicher Farbe und da, wo ſie am Nabel mit der vom Am-
nion ſich fortſetzenden Scheide des Nabelſtranges graͤnzt, zeigt
ſich ein hochrothes Raͤndchen, welches auf die hier groͤßere Ge-
faͤßthaͤtigkeit (um den Nabelſtrang, faſt gleich einem brandigen
Theil vom geſunden nach der Geburt abzuſtoßen) hindeutet.
Die Geſchlechtstheile des Knaben zeichnen ſich jetzt aus durch
ein ſtark gerunzeltes Scrotum, in welchem beide Hoden liegen,
und die vollkommen durch die Vorhaut bedeckte Eichel. Bei Maͤd-
chen ſind die Labia majora ſtaͤrker, und bedecken die Nymphen
und Clitoris beinahe. Geboren ſchlaͤft das Kind nicht mehr ſo viel,
erzeugt mehr Waͤrme, ſchreit mit kraͤftiger Stimme, und das
Saugen geht gut von Statten. — Alles Zeichen, wodurch, wenn
man ſie mit den in fruͤhern Paragraphen geſchilderten Zuſtaͤnden
des noch nicht ausgetragenen Kindes vergleicht, ein Unterſcheiden
des ausgetragenen von dem nicht ausgetragenen Kinde ſehr leicht
wird; obwohl man hierbei nie uͤberſehen darf, daß der Grad
der Ernaͤhrungsthaͤtigkeit im Uterus ſehr verſchieden iſt, und
daher zuweilen ein ſchlecht genaͤhrtes ausgetragenes Kind, wenn
man blos auf Laͤnge und Schwere Ruͤckſicht nehmen wollte,
einem unausgetragenen Kinde allerdings aͤhnlich ſeyn muß.
§. 719.
Zum Behuf richtiger Einſicht in die Lehre von dem Durch-
bewegen des Kindes durch das Becken, bleiben uͤbrigens noch
mehrere Flaͤchen und Maaße des Kindeskoͤrpers zu beruͤckſichtigen
uͤbrig, und vorzuͤglich muß in dieſer Hinſicht der Kopf des Kin-
des einer genauen Meſſung unterworfen werden. Wir unter-
ſcheiden demnach am Kindeskopfe vier Durchmeſſer und
ſechs Flaͤchen. Die Durchmeſſer ſind folgende: 1)
Querdurchmeſſer, von einem Scheitelbeinhoͤcker (Tuber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/69>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.