Die Behandlung ist zuvörderst verschieden, jenachdem sich aus partiell getrennten Stellen Blutungen einfin- den oder nicht. Im erstern Falle wird man bei noch bedeutend fester Adhasion zunächst zur Vermehrung der Contraktion des Uterus auf die mehrerwähnte Weise hinwirken, da durch diese theils die allmählige Lösung der Placenta befördert, theils bei festerem Anpressen der gelösten Stellen der Placenta, weitere Blutergießung gehindert wird; Ziehen am Nabelstrange aber muß durchaus unterbleiben und die Kreisende in der horizontalen Lage erhalten werden. Ist hingegen die Blutung sehr heftig, so bleibt als Mittel zur Stillung derselben ge- wöhnlich nur die völlige Entleerung des Uterus ausreichend, und es muß sodann nach früher gelehrten Regeln (§. 1308) zur Lösung und Entwicklung der Placenta geschritten werden, worauf bei demungeachtet fortdauernder Blutung dieselbe durch Injektionen, Einreibungen, @. Cinnamomi u. s. w. zu beseitigen ist.
§. 1506.
Wo hingegen die Placenta noch allgemein fest anhängt und keine Blutung vorhanden ist, muß zuerst, um nicht etwa die letztere künstlich zu veranlassen, oder Inversio uteri, oder wenigstens Abreißen der Nabelschnur herbei zu führen, alles Anziehen des Nabelstranges vermieden werden, so wie überhaupt ein ruhiges Verhalten der Kreisenden, Untersagen alles Pressens während der Nachgeburts-Wehen u. s. w. unentbehrlich ist. -- Ferner ist hierbei, so wie in den Fällen wo anfänglich etwa vorhandene Blutung völlig zum Stehen gebracht ist, ein ruhiges Abwarten der Naturthätigkeit erste Pflicht des Geburtshelfers; man sucht hierbei die Contraktio- nen zu unterhalten (eintretende Atonie fordert daher die oben (§. 1368) genannten Mittel) und wird so häufig durch das Fortwirken derselben allmählig die Trennung bewerkstelligt finden. Immer aber ist es zum Beßten der Kranken, daß,
§. 1505.
Die Behandlung iſt zuvoͤrderſt verſchieden, jenachdem ſich aus partiell getrennten Stellen Blutungen einfin- den oder nicht. Im erſtern Falle wird man bei noch bedeutend feſter Adhaſion zunaͤchſt zur Vermehrung der Contraktion des Uterus auf die mehrerwaͤhnte Weiſe hinwirken, da durch dieſe theils die allmaͤhlige Loͤſung der Placenta befoͤrdert, theils bei feſterem Anpreſſen der geloͤſten Stellen der Placenta, weitere Blutergießung gehindert wird; Ziehen am Nabelſtrange aber muß durchaus unterbleiben und die Kreiſende in der horizontalen Lage erhalten werden. Iſt hingegen die Blutung ſehr heftig, ſo bleibt als Mittel zur Stillung derſelben ge- woͤhnlich nur die voͤllige Entleerung des Uterus ausreichend, und es muß ſodann nach fruͤher gelehrten Regeln (§. 1308) zur Loͤſung und Entwicklung der Placenta geſchritten werden, worauf bei demungeachtet fortdauernder Blutung dieſelbe durch Injektionen, Einreibungen, . Cinnamomi u. ſ. w. zu beſeitigen iſt.
§. 1506.
Wo hingegen die Placenta noch allgemein feſt anhaͤngt und keine Blutung vorhanden iſt, muß zuerſt, um nicht etwa die letztere kuͤnſtlich zu veranlaſſen, oder Inversio uteri, oder wenigſtens Abreißen der Nabelſchnur herbei zu fuͤhren, alles Anziehen des Nabelſtranges vermieden werden, ſo wie uͤberhaupt ein ruhiges Verhalten der Kreiſenden, Unterſagen alles Preſſens waͤhrend der Nachgeburts-Wehen u. ſ. w. unentbehrlich iſt. — Ferner iſt hierbei, ſo wie in den Faͤllen wo anfaͤnglich etwa vorhandene Blutung voͤllig zum Stehen gebracht iſt, ein ruhiges Abwarten der Naturthaͤtigkeit erſte Pflicht des Geburtshelfers; man ſucht hierbei die Contraktio- nen zu unterhalten (eintretende Atonie fordert daher die oben (§. 1368) genannten Mittel) und wird ſo haͤufig durch das Fortwirken derſelben allmaͤhlig die Trennung bewerkſtelligt finden. Immer aber iſt es zum Beßten der Kranken, daß,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><pbfacs="#f0535"n="509"/><divn="9"><head>§. 1505.</head><lb/><p><hirendition="#g">Die Behandlung</hi> iſt zuvoͤrderſt verſchieden, jenachdem<lb/>ſich aus <hirendition="#g">partiell getrennten Stellen</hi> Blutungen einfin-<lb/>
den oder nicht. Im erſtern Falle wird man bei noch bedeutend<lb/>
feſter Adhaſion zunaͤchſt zur Vermehrung der Contraktion des<lb/>
Uterus auf die mehrerwaͤhnte Weiſe hinwirken, da durch dieſe<lb/>
theils die allmaͤhlige Loͤſung der Placenta befoͤrdert, theils<lb/>
bei feſterem Anpreſſen der geloͤſten Stellen der Placenta,<lb/>
weitere Blutergießung gehindert wird; Ziehen am Nabelſtrange<lb/>
aber muß durchaus unterbleiben und die Kreiſende in der<lb/>
horizontalen Lage erhalten werden. Iſt hingegen die Blutung<lb/>ſehr heftig, ſo bleibt als Mittel zur Stillung derſelben ge-<lb/>
woͤhnlich nur die voͤllige Entleerung des Uterus ausreichend,<lb/>
und es muß ſodann nach fruͤher gelehrten Regeln (§. 1308)<lb/>
zur Loͤſung und Entwicklung der Placenta geſchritten werden,<lb/>
worauf bei demungeachtet fortdauernder Blutung dieſelbe durch<lb/>
Injektionen, Einreibungen, <hirendition="#aq">. Cinnamomi</hi> u. ſ. w. zu<lb/>
beſeitigen iſt.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 1506.</head><lb/><p>Wo hingegen die Placenta noch allgemein <hirendition="#g">feſt anhaͤngt</hi><lb/>
und keine Blutung vorhanden iſt, muß zuerſt, um nicht etwa<lb/>
die letztere kuͤnſtlich zu veranlaſſen, oder <hirendition="#aq">Inversio uteri,</hi><lb/>
oder wenigſtens Abreißen der Nabelſchnur herbei zu fuͤhren,<lb/>
alles Anziehen des Nabelſtranges vermieden werden, ſo wie<lb/>
uͤberhaupt ein ruhiges Verhalten der Kreiſenden, Unterſagen<lb/>
alles Preſſens waͤhrend der Nachgeburts-Wehen u. ſ. w.<lb/>
unentbehrlich iſt. — Ferner iſt hierbei, ſo wie in den Faͤllen<lb/>
wo anfaͤnglich etwa vorhandene Blutung voͤllig zum Stehen<lb/>
gebracht iſt, ein ruhiges Abwarten der Naturthaͤtigkeit erſte<lb/>
Pflicht des Geburtshelfers; man ſucht hierbei die Contraktio-<lb/>
nen zu unterhalten (eintretende Atonie fordert daher die oben<lb/>
(§. 1368) genannten Mittel) und wird ſo haͤufig durch das<lb/>
Fortwirken derſelben allmaͤhlig die Trennung bewerkſtelligt<lb/>
finden. Immer aber iſt es zum Beßten der Kranken, daß,<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[509/0535]
§. 1505.
Die Behandlung iſt zuvoͤrderſt verſchieden, jenachdem
ſich aus partiell getrennten Stellen Blutungen einfin-
den oder nicht. Im erſtern Falle wird man bei noch bedeutend
feſter Adhaſion zunaͤchſt zur Vermehrung der Contraktion des
Uterus auf die mehrerwaͤhnte Weiſe hinwirken, da durch dieſe
theils die allmaͤhlige Loͤſung der Placenta befoͤrdert, theils
bei feſterem Anpreſſen der geloͤſten Stellen der Placenta,
weitere Blutergießung gehindert wird; Ziehen am Nabelſtrange
aber muß durchaus unterbleiben und die Kreiſende in der
horizontalen Lage erhalten werden. Iſt hingegen die Blutung
ſehr heftig, ſo bleibt als Mittel zur Stillung derſelben ge-
woͤhnlich nur die voͤllige Entleerung des Uterus ausreichend,
und es muß ſodann nach fruͤher gelehrten Regeln (§. 1308)
zur Loͤſung und Entwicklung der Placenta geſchritten werden,
worauf bei demungeachtet fortdauernder Blutung dieſelbe durch
Injektionen, Einreibungen, . Cinnamomi u. ſ. w. zu
beſeitigen iſt.
§. 1506.
Wo hingegen die Placenta noch allgemein feſt anhaͤngt
und keine Blutung vorhanden iſt, muß zuerſt, um nicht etwa
die letztere kuͤnſtlich zu veranlaſſen, oder Inversio uteri,
oder wenigſtens Abreißen der Nabelſchnur herbei zu fuͤhren,
alles Anziehen des Nabelſtranges vermieden werden, ſo wie
uͤberhaupt ein ruhiges Verhalten der Kreiſenden, Unterſagen
alles Preſſens waͤhrend der Nachgeburts-Wehen u. ſ. w.
unentbehrlich iſt. — Ferner iſt hierbei, ſo wie in den Faͤllen
wo anfaͤnglich etwa vorhandene Blutung voͤllig zum Stehen
gebracht iſt, ein ruhiges Abwarten der Naturthaͤtigkeit erſte
Pflicht des Geburtshelfers; man ſucht hierbei die Contraktio-
nen zu unterhalten (eintretende Atonie fordert daher die oben
(§. 1368) genannten Mittel) und wird ſo haͤufig durch das
Fortwirken derſelben allmaͤhlig die Trennung bewerkſtelligt
finden. Immer aber iſt es zum Beßten der Kranken, daß,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/535>, abgerufen am 24.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.