der fernere Gang des Uebels, jedoch wiederum sehr verschieden, je- nachdem die Frucht sich frei in der Bauchhöhle, oder eingeschlossen in der Tuba oder im Eierstocke entwickelt. Mehrere Zeichen der Schwangerschaft überhaupt, als Verlieren der Menstruation, Anschwellen der Brüste u. s. w. werden indeß meistens beobach- tet, obwohl weniger constant als in der wahren Schwanger- schaft. Im erstern Falle ist zuweilen auch im Fortschreiten der Entwicklung das Wohlbefinden der Schwangern nicht beträchtlich gestört, so daß öfters bei denselben gar der Ver- dacht eines widernatürlichen Zustandes nicht erwachen konnte. Zuweilen aber kündigt sich der Zustand auch hier, wenigstens vom zweiten oder dritten Monate, durch ungewöhnliche Zufälle an. Die Schwangern leiden, in Folge des entzündungsartigen Reizes an einer Stelle des Bauchfells, an heftigen Schmerzen und Störungen in den Funktionen der Unterleibseingeweide, welche durch die umgeänderten räumlichen Verhältnisse, durch sich bildende Verwachsung u. s. w. veranlaßt werden; also an Erbrechen, Krämpfen, Durchfall, Obstruktion u. s. w. verbunden mit einseitiger, von der schmerzhaften Stelle aus- gehender Anschwellung des Unterleibes.
§. 1437.
Merkwürdig ist ferner das Verhalten des eigentlichen Geschlechtsapparats. Auch der Uterus nämlich verändert sich hierbei wie bei einer angehenden Gebärmutterschwangerschaft, seine innere Haut lockert sich auf, seine Substanz selbst schwillt etwas an, seine Höhle wird geräumiger und die Vaginalportion, deren Muttermund rundlicher wird, fängt an sich etwas zu verkürzen. Vorzüglich wichtig aber ist die Bildung einer wahren flockigen Haut (Membrana decidua Hunteri) an seiner innern Fläche, welche bei länger dauernden Schwan- gerschaften dieser Art oft zu Molenartigen Massen anschwillt, ja in dieser Form zuletzt wohl wirklich geboren werden kann*).
*) So in dem von Navara (Journal univers. des sciences modic. 1816. Jul. erzählten Falle.
der fernere Gang des Uebels, jedoch wiederum ſehr verſchieden, je- nachdem die Frucht ſich frei in der Bauchhoͤhle, oder eingeſchloſſen in der Tuba oder im Eierſtocke entwickelt. Mehrere Zeichen der Schwangerſchaft uͤberhaupt, als Verlieren der Menſtruation, Anſchwellen der Bruͤſte u. ſ. w. werden indeß meiſtens beobach- tet, obwohl weniger conſtant als in der wahren Schwanger- ſchaft. Im erſtern Falle iſt zuweilen auch im Fortſchreiten der Entwicklung das Wohlbefinden der Schwangern nicht betraͤchtlich geſtoͤrt, ſo daß oͤfters bei denſelben gar der Ver- dacht eines widernatuͤrlichen Zuſtandes nicht erwachen konnte. Zuweilen aber kuͤndigt ſich der Zuſtand auch hier, wenigſtens vom zweiten oder dritten Monate, durch ungewoͤhnliche Zufaͤlle an. Die Schwangern leiden, in Folge des entzuͤndungsartigen Reizes an einer Stelle des Bauchfells, an heftigen Schmerzen und Stoͤrungen in den Funktionen der Unterleibseingeweide, welche durch die umgeaͤnderten raͤumlichen Verhaͤltniſſe, durch ſich bildende Verwachſung u. ſ. w. veranlaßt werden; alſo an Erbrechen, Kraͤmpfen, Durchfall, Obſtruktion u. ſ. w. verbunden mit einſeitiger, von der ſchmerzhaften Stelle aus- gehender Anſchwellung des Unterleibes.
§. 1437.
Merkwuͤrdig iſt ferner das Verhalten des eigentlichen Geſchlechtsapparats. Auch der Uterus naͤmlich veraͤndert ſich hierbei wie bei einer angehenden Gebaͤrmutterſchwangerſchaft, ſeine innere Haut lockert ſich auf, ſeine Subſtanz ſelbſt ſchwillt etwas an, ſeine Hoͤhle wird geraͤumiger und die Vaginalportion, deren Muttermund rundlicher wird, faͤngt an ſich etwas zu verkuͤrzen. Vorzuͤglich wichtig aber iſt die Bildung einer wahren flockigen Haut (Membrana decidua Hunteri) an ſeiner innern Flaͤche, welche bei laͤnger dauernden Schwan- gerſchaften dieſer Art oft zu Molenartigen Maſſen anſchwillt, ja in dieſer Form zuletzt wohl wirklich geboren werden kann*).
*) So in dem von Navara (Journal univers. des sciences módic. 1816. Jul. erzaͤhlten Falle.
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der fernere Gang des Uebels, jedoch wiederum ſehr verſchieden, je-
nachdem die Frucht ſich frei in der Bauchhoͤhle, oder eingeſchloſſen
in der Tuba oder im Eierſtocke entwickelt. Mehrere Zeichen
der Schwangerſchaft uͤberhaupt, als Verlieren der Menſtruation,
Anſchwellen der Bruͤſte u. ſ. w. werden indeß meiſtens beobach-
tet, obwohl weniger conſtant als in der wahren Schwanger-
ſchaft. Im erſtern Falle iſt zuweilen auch im Fortſchreiten
der Entwicklung das Wohlbefinden der Schwangern nicht
betraͤchtlich geſtoͤrt, ſo daß oͤfters bei denſelben gar der Ver-
dacht eines widernatuͤrlichen Zuſtandes nicht erwachen konnte.
Zuweilen aber kuͤndigt ſich der Zuſtand auch hier, wenigſtens
vom zweiten oder dritten Monate, durch ungewoͤhnliche Zufaͤlle
an. Die Schwangern leiden, in Folge des entzuͤndungsartigen
Reizes an einer Stelle des Bauchfells, an heftigen Schmerzen
und Stoͤrungen in den Funktionen der Unterleibseingeweide,
welche durch die umgeaͤnderten raͤumlichen Verhaͤltniſſe, durch
ſich bildende Verwachſung u. ſ. w. veranlaßt werden; alſo
an Erbrechen, Kraͤmpfen, Durchfall, Obſtruktion u. ſ. w.
verbunden mit einſeitiger, von der ſchmerzhaften Stelle aus-
gehender Anſchwellung des Unterleibes.
§. 1437.
Merkwuͤrdig iſt ferner das Verhalten des eigentlichen
Geſchlechtsapparats. Auch der Uterus naͤmlich veraͤndert ſich
hierbei wie bei einer angehenden Gebaͤrmutterſchwangerſchaft,
ſeine innere Haut lockert ſich auf, ſeine Subſtanz ſelbſt ſchwillt
etwas an, ſeine Hoͤhle wird geraͤumiger und die Vaginalportion,
deren Muttermund rundlicher wird, faͤngt an ſich etwas zu
verkuͤrzen. Vorzuͤglich wichtig aber iſt die Bildung einer
wahren flockigen Haut (Membrana decidua Hunteri) an
ſeiner innern Flaͤche, welche bei laͤnger dauernden Schwan-
gerſchaften dieſer Art oft zu Molenartigen Maſſen anſchwillt,
ja in dieſer Form zuletzt wohl wirklich geboren werden kann *).
*) So in dem von Navara (Journal univers. des sciences módic. 1816.
Jul. erzaͤhlten Falle.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/494>, abgerufen am 03.12.2024.
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