haften Zuständen der Geburtstheile ab. Zu den erstern ge- hört ein abnorm starkes, durch den Coitus nicht zerrissenes Hymen; auch dieses wird gewöhnlich einen Einschnitt, dann aber die sorgfältigste Unterstützung, um das Weiterreißen zu verhüten, nöthig machen. Häufiger kommen die später ent- standenen Verengerungen vor. Sie werden verursacht durch Entzündungsgeschwulst, variköse Anschwellungen, wahre Dege- nerationen der Nymphen oder der Klitoris, Bruchgeschwülste der großen Schamlippen oder ödematöse Anschwellungen der- selben. Sämmtliche Regelwidrigkeiten werden theils dem Aus- tritte des Kindes hinderlich, und demselben sonach bei längerer Verzögerung sogar gefährlich, theils können sie mehrfache Ge- fahren auch für den mütterlichen Körper herbeiführen. Rigi- dität und Trockenheit enger Geburtstheile, macht das Eingießen von etwas Oehl in der vierten Periode nöthig.
§. 1409.
Die Behandlung derselben richtet sich nach den Ursachen: Bruchgeschwülste machen die schon früher (§. 1329.) erwähnte Behandlung der Brüche nothwendig, so wie in der Leitung des Geburtsgeschäfts darauf gesehen werden muß, daß, wo- fern das Zurückbringen nicht möglich ist, der Druck der Ge- schwulst beim Eingange des Kopfs möglichst vermindert, oder wenigstens (nöthigenfalls durch operative Hülfe) abgekürzt werde. Das letztere wird eben so bei varikösen Geschwülsten nothwendig, obwohl hier noch überdieß das Fomentiren dersel- ben durch kalten rothen Wein, durch ein kaltes Decoctum Cort. Quercus mit Spirit. Serpilli vermischt u. s. w. Statt finden muß. -- Oedematöse Geschwülste erfordern, wenn sie beträchtlich sind, außer der zeitig anzunehmenden horizontalen Lage, oftmals Scarificationen der Schamlippen, um die Ge- fahr die Aufspringens, und des zu heftige Quetschung der- selben zu vermindern. -- Deformitäten der Nymphen oder der Klitoris sind bei Gebärenden fast nie so bedeutend, daß nicht die Geburt, bei einiger Behutsamkeit, auch trotz dersel- ben zu Ende geführt werden könnte.
haften Zuſtaͤnden der Geburtstheile ab. Zu den erſtern ge- hoͤrt ein abnorm ſtarkes, durch den Coitus nicht zerriſſenes Hymen; auch dieſes wird gewoͤhnlich einen Einſchnitt, dann aber die ſorgfaͤltigſte Unterſtuͤtzung, um das Weiterreißen zu verhuͤten, noͤthig machen. Haͤufiger kommen die ſpaͤter ent- ſtandenen Verengerungen vor. Sie werden verurſacht durch Entzuͤndungsgeſchwulſt, varikoͤſe Anſchwellungen, wahre Dege- nerationen der Nymphen oder der Klitoris, Bruchgeſchwuͤlſte der großen Schamlippen oder oͤdematoͤſe Anſchwellungen der- ſelben. Saͤmmtliche Regelwidrigkeiten werden theils dem Aus- tritte des Kindes hinderlich, und demſelben ſonach bei laͤngerer Verzoͤgerung ſogar gefaͤhrlich, theils koͤnnen ſie mehrfache Ge- fahren auch fuͤr den muͤtterlichen Koͤrper herbeifuͤhren. Rigi- ditaͤt und Trockenheit enger Geburtstheile, macht das Eingießen von etwas Oehl in der vierten Periode noͤthig.
§. 1409.
Die Behandlung derſelben richtet ſich nach den Urſachen: Bruchgeſchwuͤlſte machen die ſchon fruͤher (§. 1329.) erwaͤhnte Behandlung der Bruͤche nothwendig, ſo wie in der Leitung des Geburtsgeſchaͤfts darauf geſehen werden muß, daß, wo- fern das Zuruͤckbringen nicht moͤglich iſt, der Druck der Ge- ſchwulſt beim Eingange des Kopfs moͤglichſt vermindert, oder wenigſtens (noͤthigenfalls durch operative Huͤlfe) abgekuͤrzt werde. Das letztere wird eben ſo bei varikoͤſen Geſchwuͤlſten nothwendig, obwohl hier noch uͤberdieß das Fomentiren derſel- ben durch kalten rothen Wein, durch ein kaltes Decoctum Cort. Quercus mit Spirit. Serpilli vermiſcht u. ſ. w. Statt finden muß. — Oedematoͤſe Geſchwuͤlſte erfordern, wenn ſie betraͤchtlich ſind, außer der zeitig anzunehmenden horizontalen Lage, oftmals Scarificationen der Schamlippen, um die Ge- fahr die Aufſpringens, und des zu heftige Quetſchung der- ſelben zu vermindern. — Deformitaͤten der Nymphen oder der Klitoris ſind bei Gebaͤrenden faſt nie ſo bedeutend, daß nicht die Geburt, bei einiger Behutſamkeit, auch trotz derſel- ben zu Ende gefuͤhrt werden koͤnnte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><p><pbfacs="#f0477"n="451"/>
haften Zuſtaͤnden der Geburtstheile ab. Zu den erſtern ge-<lb/>
hoͤrt ein abnorm ſtarkes, durch den <hirendition="#aq">Coitus</hi> nicht zerriſſenes<lb/>
Hymen; auch dieſes wird gewoͤhnlich einen Einſchnitt, dann<lb/>
aber die ſorgfaͤltigſte Unterſtuͤtzung, um das Weiterreißen zu<lb/>
verhuͤten, noͤthig machen. Haͤufiger kommen die ſpaͤter ent-<lb/>ſtandenen Verengerungen vor. Sie werden verurſacht durch<lb/>
Entzuͤndungsgeſchwulſt, varikoͤſe Anſchwellungen, wahre Dege-<lb/>
nerationen der Nymphen oder der Klitoris, Bruchgeſchwuͤlſte<lb/>
der großen Schamlippen oder oͤdematoͤſe Anſchwellungen der-<lb/>ſelben. Saͤmmtliche Regelwidrigkeiten werden theils dem Aus-<lb/>
tritte des Kindes hinderlich, und demſelben ſonach bei laͤngerer<lb/>
Verzoͤgerung ſogar gefaͤhrlich, theils koͤnnen ſie mehrfache Ge-<lb/>
fahren auch fuͤr den muͤtterlichen Koͤrper herbeifuͤhren. Rigi-<lb/>
ditaͤt und Trockenheit enger Geburtstheile, macht das Eingießen<lb/>
von etwas Oehl in der vierten Periode noͤthig.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 1409.</head><lb/><p>Die Behandlung derſelben richtet ſich nach den Urſachen:<lb/>
Bruchgeſchwuͤlſte machen die ſchon fruͤher (§. 1329.) erwaͤhnte<lb/>
Behandlung der Bruͤche nothwendig, ſo wie in der Leitung<lb/>
des Geburtsgeſchaͤfts darauf geſehen werden muß, daß, wo-<lb/>
fern das Zuruͤckbringen nicht moͤglich iſt, der Druck der Ge-<lb/>ſchwulſt beim Eingange des Kopfs moͤglichſt vermindert, oder<lb/>
wenigſtens (noͤthigenfalls durch operative Huͤlfe) abgekuͤrzt<lb/>
werde. Das letztere wird eben ſo bei varikoͤſen Geſchwuͤlſten<lb/>
nothwendig, obwohl hier noch uͤberdieß das Fomentiren derſel-<lb/>
ben durch kalten rothen Wein, durch ein kaltes <hirendition="#aq">Decoctum<lb/>
Cort. Quercus</hi> mit <hirendition="#aq">Spirit. Serpilli</hi> vermiſcht u. ſ. w. Statt<lb/>
finden muß. — Oedematoͤſe Geſchwuͤlſte erfordern, wenn ſie<lb/>
betraͤchtlich ſind, außer der zeitig anzunehmenden horizontalen<lb/>
Lage, oftmals Scarificationen der Schamlippen, um die Ge-<lb/>
fahr die Aufſpringens, und des zu heftige Quetſchung der-<lb/>ſelben zu vermindern. — Deformitaͤten der Nymphen oder<lb/>
der Klitoris ſind bei Gebaͤrenden faſt nie ſo bedeutend, daß<lb/>
nicht die Geburt, bei einiger Behutſamkeit, auch trotz derſel-<lb/>
ben zu Ende gefuͤhrt werden koͤnnte.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[451/0477]
haften Zuſtaͤnden der Geburtstheile ab. Zu den erſtern ge-
hoͤrt ein abnorm ſtarkes, durch den Coitus nicht zerriſſenes
Hymen; auch dieſes wird gewoͤhnlich einen Einſchnitt, dann
aber die ſorgfaͤltigſte Unterſtuͤtzung, um das Weiterreißen zu
verhuͤten, noͤthig machen. Haͤufiger kommen die ſpaͤter ent-
ſtandenen Verengerungen vor. Sie werden verurſacht durch
Entzuͤndungsgeſchwulſt, varikoͤſe Anſchwellungen, wahre Dege-
nerationen der Nymphen oder der Klitoris, Bruchgeſchwuͤlſte
der großen Schamlippen oder oͤdematoͤſe Anſchwellungen der-
ſelben. Saͤmmtliche Regelwidrigkeiten werden theils dem Aus-
tritte des Kindes hinderlich, und demſelben ſonach bei laͤngerer
Verzoͤgerung ſogar gefaͤhrlich, theils koͤnnen ſie mehrfache Ge-
fahren auch fuͤr den muͤtterlichen Koͤrper herbeifuͤhren. Rigi-
ditaͤt und Trockenheit enger Geburtstheile, macht das Eingießen
von etwas Oehl in der vierten Periode noͤthig.
§. 1409.
Die Behandlung derſelben richtet ſich nach den Urſachen:
Bruchgeſchwuͤlſte machen die ſchon fruͤher (§. 1329.) erwaͤhnte
Behandlung der Bruͤche nothwendig, ſo wie in der Leitung
des Geburtsgeſchaͤfts darauf geſehen werden muß, daß, wo-
fern das Zuruͤckbringen nicht moͤglich iſt, der Druck der Ge-
ſchwulſt beim Eingange des Kopfs moͤglichſt vermindert, oder
wenigſtens (noͤthigenfalls durch operative Huͤlfe) abgekuͤrzt
werde. Das letztere wird eben ſo bei varikoͤſen Geſchwuͤlſten
nothwendig, obwohl hier noch uͤberdieß das Fomentiren derſel-
ben durch kalten rothen Wein, durch ein kaltes Decoctum
Cort. Quercus mit Spirit. Serpilli vermiſcht u. ſ. w. Statt
finden muß. — Oedematoͤſe Geſchwuͤlſte erfordern, wenn ſie
betraͤchtlich ſind, außer der zeitig anzunehmenden horizontalen
Lage, oftmals Scarificationen der Schamlippen, um die Ge-
fahr die Aufſpringens, und des zu heftige Quetſchung der-
ſelben zu vermindern. — Deformitaͤten der Nymphen oder
der Klitoris ſind bei Gebaͤrenden faſt nie ſo bedeutend, daß
nicht die Geburt, bei einiger Behutſamkeit, auch trotz derſel-
ben zu Ende gefuͤhrt werden koͤnnte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/477>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.