Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Kindes, Beförderung desselben durch Zange oder Extraktion,
theils eine vorher angewendete Venäsektion das einzige Mittel
seyn, das Reißen derselben zu verhüten.

§. 1329.

Auch vorhandene Bruchgeschwülste fordern bei Ge-
bärenden besondere Aufsicht, da ohne dieselbe leicht Einklem-
mungen sich bilden könnten. Im Allgemeinen habe ich zwar
meistens beobachtet, daß sich Schenkel-, Leisten-, Mutterscheiden-
und Nabelbrüche bei herannahender Geburtsarbeit von selbst
zurückzogen und nicht leicht bedeutende Beschwerden unter den
Wehen verursachten *). Demungeachtet fordert es die Vor-
sicht, auch solche Kreisende gleich vom Beginn der Wehen an
in horizontale Lage zu bringen, die Brüche wenn sie nicht von
selbst zurückgewichen sind, wo möglich zurückzubringen, und die
Bruchspalten unter den Wehen durch die aufgelegten Ballen
der Hand unterstützen, die Wehen selbst aber durchaus nicht
verarbeiten zu lassen. Eingetretene Einklemmungen indiciren
schleunige Beendigung der Geburt auf eine der Lage der Dinge
angemessene Weise; worauf dann die weitere chirurgische Be-
handlung der Brucheinklemmung Statt finden muß.

§. 1330.

Von Vorfällen kommt vorzüglich der des Mastdarms
bei Gebärenden, vorzüglich solchen, welche an Hämorrhoidal-
Uebeln leiden, nicht selten vor. Auch hier ist es nöthig die
Gebärende zeitig sich niederlegen, ferner zeitig für hinlängliche
Entleerung des Darmkanals Sorge tragen, und die erschlaff-
ten Theile durch Auflegen einer mit kaltem rothem Wein be-
feuchteten Compresse fleißig fomentiren zu lassen. Während
der austreibenden Wehen ferner wird gewöhnlich, indem man

*) Einzig in seiner Art ist wohl der von Sartorph beobachtete
Fall, wo die Geburt (und zwar natürlich) erfolgte, obgleich die ganze
Gebärmutter in einem großen Leisten-Bruchsacke außerhalb der
Bauchhöhle lag. (s. Acta Reg. Societatis Med. Hafniens. Vol. V.)

Kindes, Befoͤrderung deſſelben durch Zange oder Extraktion,
theils eine vorher angewendete Venaͤſektion das einzige Mittel
ſeyn, das Reißen derſelben zu verhuͤten.

§. 1329.

Auch vorhandene Bruchgeſchwuͤlſte fordern bei Ge-
baͤrenden beſondere Aufſicht, da ohne dieſelbe leicht Einklem-
mungen ſich bilden koͤnnten. Im Allgemeinen habe ich zwar
meiſtens beobachtet, daß ſich Schenkel-, Leiſten-, Mutterſcheiden-
und Nabelbruͤche bei herannahender Geburtsarbeit von ſelbſt
zuruͤckzogen und nicht leicht bedeutende Beſchwerden unter den
Wehen verurſachten *). Demungeachtet fordert es die Vor-
ſicht, auch ſolche Kreiſende gleich vom Beginn der Wehen an
in horizontale Lage zu bringen, die Bruͤche wenn ſie nicht von
ſelbſt zuruͤckgewichen ſind, wo moͤglich zuruͤckzubringen, und die
Bruchſpalten unter den Wehen durch die aufgelegten Ballen
der Hand unterſtuͤtzen, die Wehen ſelbſt aber durchaus nicht
verarbeiten zu laſſen. Eingetretene Einklemmungen indiciren
ſchleunige Beendigung der Geburt auf eine der Lage der Dinge
angemeſſene Weiſe; worauf dann die weitere chirurgiſche Be-
handlung der Brucheinklemmung Statt finden muß.

§. 1330.

Von Vorfaͤllen kommt vorzuͤglich der des Maſtdarms
bei Gebaͤrenden, vorzuͤglich ſolchen, welche an Haͤmorrhoidal-
Uebeln leiden, nicht ſelten vor. Auch hier iſt es noͤthig die
Gebaͤrende zeitig ſich niederlegen, ferner zeitig fuͤr hinlaͤngliche
Entleerung des Darmkanals Sorge tragen, und die erſchlaff-
ten Theile durch Auflegen einer mit kaltem rothem Wein be-
feuchteten Compreſſe fleißig fomentiren zu laſſen. Waͤhrend
der austreibenden Wehen ferner wird gewoͤhnlich, indem man

*) Einzig in ſeiner Art iſt wohl der von Sartorph beobachtete
Fall, wo die Geburt (und zwar natuͤrlich) erfolgte, obgleich die ganze
Gebaͤrmutter in einem großen Leiſten-Bruchſacke außerhalb der
Bauchhoͤhle lag. (ſ. Acta Reg. Societatis Med. Hafniens. Vol. V.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0432" n="406"/>
Kindes, Befo&#x0364;rderung de&#x017F;&#x017F;elben durch Zange oder Extraktion,<lb/>
theils eine vorher angewendete Vena&#x0364;&#x017F;ektion das einzige Mittel<lb/>
&#x017F;eyn, das Reißen der&#x017F;elben zu verhu&#x0364;ten.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 1329.</head><lb/>
                        <p>Auch vorhandene <hi rendition="#g">Bruchge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;te</hi> fordern bei Ge-<lb/>
ba&#x0364;renden be&#x017F;ondere Auf&#x017F;icht, da ohne die&#x017F;elbe leicht Einklem-<lb/>
mungen &#x017F;ich bilden ko&#x0364;nnten. Im Allgemeinen habe ich zwar<lb/>
mei&#x017F;tens beobachtet, daß &#x017F;ich Schenkel-, Lei&#x017F;ten-, Mutter&#x017F;cheiden-<lb/>
und Nabelbru&#x0364;che bei herannahender Geburtsarbeit von &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zuru&#x0364;ckzogen und nicht leicht bedeutende Be&#x017F;chwerden unter den<lb/>
Wehen verur&#x017F;achten <note place="foot" n="*)">Einzig in &#x017F;einer Art i&#x017F;t wohl der von <hi rendition="#g">Sartorph</hi> beobachtete<lb/>
Fall, wo die Geburt (und zwar natu&#x0364;rlich) erfolgte, obgleich die ganze<lb/>
Geba&#x0364;rmutter in einem großen Lei&#x017F;ten-Bruch&#x017F;acke außerhalb der<lb/>
Bauchho&#x0364;hle lag. (&#x017F;. <hi rendition="#aq">Acta Reg. Societatis Med. Hafniens. Vol. V.</hi>)</note>. Demungeachtet fordert es die Vor-<lb/>
&#x017F;icht, auch &#x017F;olche Krei&#x017F;ende gleich vom Beginn der Wehen an<lb/>
in horizontale Lage zu bringen, die Bru&#x0364;che wenn &#x017F;ie nicht von<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;ckgewichen &#x017F;ind, wo mo&#x0364;glich zuru&#x0364;ckzubringen, und die<lb/>
Bruch&#x017F;palten unter den Wehen durch die aufgelegten Ballen<lb/>
der Hand unter&#x017F;tu&#x0364;tzen, die Wehen &#x017F;elb&#x017F;t aber durchaus nicht<lb/>
verarbeiten zu la&#x017F;&#x017F;en. Eingetretene Einklemmungen indiciren<lb/>
&#x017F;chleunige Beendigung der Geburt auf eine der Lage der Dinge<lb/>
angeme&#x017F;&#x017F;ene Wei&#x017F;e; worauf dann die weitere chirurgi&#x017F;che Be-<lb/>
handlung der Brucheinklemmung Statt finden muß.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 1330.</head><lb/>
                        <p>Von <hi rendition="#g">Vorfa&#x0364;llen</hi> kommt vorzu&#x0364;glich der des Ma&#x017F;tdarms<lb/>
bei Geba&#x0364;renden, vorzu&#x0364;glich &#x017F;olchen, welche an Ha&#x0364;morrhoidal-<lb/>
Uebeln leiden, nicht &#x017F;elten vor. Auch hier i&#x017F;t es no&#x0364;thig die<lb/>
Geba&#x0364;rende zeitig &#x017F;ich niederlegen, ferner zeitig fu&#x0364;r hinla&#x0364;ngliche<lb/>
Entleerung des Darmkanals Sorge tragen, und die er&#x017F;chlaff-<lb/>
ten Theile durch Auflegen einer mit kaltem rothem Wein be-<lb/>
feuchteten Compre&#x017F;&#x017F;e fleißig fomentiren zu la&#x017F;&#x017F;en. Wa&#x0364;hrend<lb/>
der austreibenden Wehen ferner wird gewo&#x0364;hnlich, indem man<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0432] Kindes, Befoͤrderung deſſelben durch Zange oder Extraktion, theils eine vorher angewendete Venaͤſektion das einzige Mittel ſeyn, das Reißen derſelben zu verhuͤten. §. 1329. Auch vorhandene Bruchgeſchwuͤlſte fordern bei Ge- baͤrenden beſondere Aufſicht, da ohne dieſelbe leicht Einklem- mungen ſich bilden koͤnnten. Im Allgemeinen habe ich zwar meiſtens beobachtet, daß ſich Schenkel-, Leiſten-, Mutterſcheiden- und Nabelbruͤche bei herannahender Geburtsarbeit von ſelbſt zuruͤckzogen und nicht leicht bedeutende Beſchwerden unter den Wehen verurſachten *). Demungeachtet fordert es die Vor- ſicht, auch ſolche Kreiſende gleich vom Beginn der Wehen an in horizontale Lage zu bringen, die Bruͤche wenn ſie nicht von ſelbſt zuruͤckgewichen ſind, wo moͤglich zuruͤckzubringen, und die Bruchſpalten unter den Wehen durch die aufgelegten Ballen der Hand unterſtuͤtzen, die Wehen ſelbſt aber durchaus nicht verarbeiten zu laſſen. Eingetretene Einklemmungen indiciren ſchleunige Beendigung der Geburt auf eine der Lage der Dinge angemeſſene Weiſe; worauf dann die weitere chirurgiſche Be- handlung der Brucheinklemmung Statt finden muß. §. 1330. Von Vorfaͤllen kommt vorzuͤglich der des Maſtdarms bei Gebaͤrenden, vorzuͤglich ſolchen, welche an Haͤmorrhoidal- Uebeln leiden, nicht ſelten vor. Auch hier iſt es noͤthig die Gebaͤrende zeitig ſich niederlegen, ferner zeitig fuͤr hinlaͤngliche Entleerung des Darmkanals Sorge tragen, und die erſchlaff- ten Theile durch Auflegen einer mit kaltem rothem Wein be- feuchteten Compreſſe fleißig fomentiren zu laſſen. Waͤhrend der austreibenden Wehen ferner wird gewoͤhnlich, indem man *) Einzig in ſeiner Art iſt wohl der von Sartorph beobachtete Fall, wo die Geburt (und zwar natuͤrlich) erfolgte, obgleich die ganze Gebaͤrmutter in einem großen Leiſten-Bruchſacke außerhalb der Bauchhoͤhle lag. (ſ. Acta Reg. Societatis Med. Hafniens. Vol. V.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/432
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/432>, abgerufen am 21.11.2024.