Zeigen sich indeß demungeachtet Fieberzustände und Ent- zündungszufälle, so muß der stärkere antiphlogistische Heilap- parat, örtliche oder allgemeine Blutentziehung, Nitrum und kleine Dosen des versüßten Quecksilbers, ohne zu ängstliche Rücksicht auf schwächliche Constitution (denn leichter tödtet die Entzündung als Schwäche) in Gebrauch gezogen werden und überhaupt die später zu erörternde Behandlung des Puerpe- ralfiebers eintreten. Sollte dagegen in den spätern Ta- gen, in Folge unkräftiger Reproduktion übele Beschaffenheit des Eiters und Sinken der Kräfte bemerkt werden, so wird es nöthig, theils durch eine nahrhaftere Diät, theils durch die innerlich und äußerlich angewendete China, theils durch mäßi- gen Genuß eines guten Weins, diesen zu begegnen.
§. 1293.
Geht nun die Heilung glücklich von Statten, so ist es gleichwohl nöthig die Wicke im untern Winkel der Bauchwunde immer noch liegen zu lassen, bis der Ausfluß völlig aufgehört hat; ferner, auch wenn die Wunde ganz geschlossen ist, doch noch alle Anstrengungen vermeiden und nach Osiander's Rath eine gut anschließende Bauchbinde noch längere Zeit tra- gen zu lassen, welches insbesondere, wenn der Einschnitt mehr seitwärts gemacht worden war, vorzüglich nothwendig ist.
2. Vom Bauchschnitte. (Gastrotomia.)
§. 1294.
Wir verstehen unter dieser Operation, welche man auch mit dem Namen des unvollkommenen Kaiserschnittes zuweilen belegt hat, die Eröffnung der Bauchhöhle, entweder durch die Bauchdecken oder auch wohl durch das Scheidenge- wölbe, Behufs der Entleerung des in der Bauchhöhle entwe- der schon während der Schwangerschaft liegenden, oder erst in dieselbe durch Zerreißung des Uterus oder der Vagina über- getretenen Kindes.
§. 1292.
Zeigen ſich indeß demungeachtet Fieberzuſtaͤnde und Ent- zuͤndungszufaͤlle, ſo muß der ſtaͤrkere antiphlogiſtiſche Heilap- parat, oͤrtliche oder allgemeine Blutentziehung, Nitrum und kleine Doſen des verſuͤßten Queckſilbers, ohne zu aͤngſtliche Ruͤckſicht auf ſchwaͤchliche Conſtitution (denn leichter toͤdtet die Entzuͤndung als Schwaͤche) in Gebrauch gezogen werden und uͤberhaupt die ſpaͤter zu eroͤrternde Behandlung des Puerpe- ralfiebers eintreten. Sollte dagegen in den ſpaͤtern Ta- gen, in Folge unkraͤftiger Reproduktion uͤbele Beſchaffenheit des Eiters und Sinken der Kraͤfte bemerkt werden, ſo wird es noͤthig, theils durch eine nahrhaftere Diaͤt, theils durch die innerlich und aͤußerlich angewendete China, theils durch maͤßi- gen Genuß eines guten Weins, dieſen zu begegnen.
§. 1293.
Geht nun die Heilung gluͤcklich von Statten, ſo iſt es gleichwohl noͤthig die Wicke im untern Winkel der Bauchwunde immer noch liegen zu laſſen, bis der Ausfluß voͤllig aufgehoͤrt hat; ferner, auch wenn die Wunde ganz geſchloſſen iſt, doch noch alle Anſtrengungen vermeiden und nach Oſiander’s Rath eine gut anſchließende Bauchbinde noch laͤngere Zeit tra- gen zu laſſen, welches insbeſondere, wenn der Einſchnitt mehr ſeitwaͤrts gemacht worden war, vorzuͤglich nothwendig iſt.
2. Vom Bauchſchnitte. (Gastrotomia.)
§. 1294.
Wir verſtehen unter dieſer Operation, welche man auch mit dem Namen des unvollkommenen Kaiſerſchnittes zuweilen belegt hat, die Eroͤffnung der Bauchhoͤhle, entweder durch die Bauchdecken oder auch wohl durch das Scheidenge- woͤlbe, Behufs der Entleerung des in der Bauchhoͤhle entwe- der ſchon waͤhrend der Schwangerſchaft liegenden, oder erſt in dieſelbe durch Zerreißung des Uterus oder der Vagina uͤber- getretenen Kindes.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><pbfacs="#f0410"n="386"/><divn="9"><head>§. 1292.</head><lb/><p>Zeigen ſich indeß demungeachtet Fieberzuſtaͤnde und Ent-<lb/>
zuͤndungszufaͤlle, ſo muß der ſtaͤrkere antiphlogiſtiſche Heilap-<lb/>
parat, oͤrtliche oder allgemeine Blutentziehung, Nitrum und<lb/>
kleine Doſen des verſuͤßten Queckſilbers, ohne zu aͤngſtliche<lb/>
Ruͤckſicht auf ſchwaͤchliche Conſtitution (denn leichter toͤdtet die<lb/>
Entzuͤndung als Schwaͤche) in Gebrauch gezogen werden und<lb/>
uͤberhaupt die ſpaͤter zu eroͤrternde Behandlung des Puerpe-<lb/>
ralfiebers eintreten. Sollte dagegen in den ſpaͤtern Ta-<lb/>
gen, in Folge unkraͤftiger Reproduktion uͤbele Beſchaffenheit<lb/>
des Eiters und Sinken der Kraͤfte bemerkt werden, ſo wird es<lb/>
noͤthig, theils durch eine nahrhaftere Diaͤt, theils durch die<lb/>
innerlich und aͤußerlich angewendete China, theils durch maͤßi-<lb/>
gen Genuß eines guten Weins, dieſen zu begegnen.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 1293.</head><lb/><p>Geht nun die Heilung gluͤcklich von Statten, ſo iſt es<lb/>
gleichwohl noͤthig die Wicke im untern Winkel der Bauchwunde<lb/>
immer noch liegen zu laſſen, bis der Ausfluß voͤllig aufgehoͤrt<lb/>
hat; ferner, auch wenn die Wunde ganz geſchloſſen iſt, doch<lb/>
noch alle Anſtrengungen vermeiden und nach <hirendition="#g">Oſiander’s</hi><lb/>
Rath eine gut anſchließende Bauchbinde noch laͤngere Zeit tra-<lb/>
gen zu laſſen, welches insbeſondere, wenn der Einſchnitt mehr<lb/>ſeitwaͤrts gemacht worden war, vorzuͤglich nothwendig iſt.</p></div></div><lb/><divn="8"><head>2.<lb/><hirendition="#g">Vom Bauchſchnitte</hi>. (<hirendition="#aq">Gastrotomia.</hi>)</head><lb/><divn="9"><head>§. 1294.</head><lb/><p>Wir verſtehen unter dieſer Operation, welche man auch<lb/>
mit dem Namen des <hirendition="#g">unvollkommenen Kaiſerſchnittes</hi><lb/>
zuweilen belegt hat, die Eroͤffnung der Bauchhoͤhle, entweder<lb/>
durch die Bauchdecken oder auch wohl durch das Scheidenge-<lb/>
woͤlbe, Behufs der Entleerung des in der Bauchhoͤhle entwe-<lb/>
der ſchon waͤhrend der Schwangerſchaft liegenden, oder erſt<lb/>
in dieſelbe durch Zerreißung des Uterus oder der Vagina uͤber-<lb/>
getretenen Kindes.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[386/0410]
§. 1292.
Zeigen ſich indeß demungeachtet Fieberzuſtaͤnde und Ent-
zuͤndungszufaͤlle, ſo muß der ſtaͤrkere antiphlogiſtiſche Heilap-
parat, oͤrtliche oder allgemeine Blutentziehung, Nitrum und
kleine Doſen des verſuͤßten Queckſilbers, ohne zu aͤngſtliche
Ruͤckſicht auf ſchwaͤchliche Conſtitution (denn leichter toͤdtet die
Entzuͤndung als Schwaͤche) in Gebrauch gezogen werden und
uͤberhaupt die ſpaͤter zu eroͤrternde Behandlung des Puerpe-
ralfiebers eintreten. Sollte dagegen in den ſpaͤtern Ta-
gen, in Folge unkraͤftiger Reproduktion uͤbele Beſchaffenheit
des Eiters und Sinken der Kraͤfte bemerkt werden, ſo wird es
noͤthig, theils durch eine nahrhaftere Diaͤt, theils durch die
innerlich und aͤußerlich angewendete China, theils durch maͤßi-
gen Genuß eines guten Weins, dieſen zu begegnen.
§. 1293.
Geht nun die Heilung gluͤcklich von Statten, ſo iſt es
gleichwohl noͤthig die Wicke im untern Winkel der Bauchwunde
immer noch liegen zu laſſen, bis der Ausfluß voͤllig aufgehoͤrt
hat; ferner, auch wenn die Wunde ganz geſchloſſen iſt, doch
noch alle Anſtrengungen vermeiden und nach Oſiander’s
Rath eine gut anſchließende Bauchbinde noch laͤngere Zeit tra-
gen zu laſſen, welches insbeſondere, wenn der Einſchnitt mehr
ſeitwaͤrts gemacht worden war, vorzuͤglich nothwendig iſt.
2.
Vom Bauchſchnitte. (Gastrotomia.)
§. 1294.
Wir verſtehen unter dieſer Operation, welche man auch
mit dem Namen des unvollkommenen Kaiſerſchnittes
zuweilen belegt hat, die Eroͤffnung der Bauchhoͤhle, entweder
durch die Bauchdecken oder auch wohl durch das Scheidenge-
woͤlbe, Behufs der Entleerung des in der Bauchhoͤhle entwe-
der ſchon waͤhrend der Schwangerſchaft liegenden, oder erſt
in dieſelbe durch Zerreißung des Uterus oder der Vagina uͤber-
getretenen Kindes.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/410>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.