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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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zeuge, wo immer möglich, zu vermeiden, so muß auch die
im Folgenden näher zu beschreibende Operation durchaus nur
für wenige unvermeidliche Fälle aufgespart, gegen das unbe-
hutsame und nicht durch Vorhandenseyn aller dazu erforder-
lichen Indicationen gerechtfertigte Unternehmen derselben hin-
gegen, ernstlich gewarnt werden. Der noch nicht hinlänglich
Erfahrene nämlich sieht nur allzuleicht hierin ein Mittel, in
Fällen wo eben seine eigene Geschicklichkeit nicht
ausreicht
um die Geburt auf eine schonendere Weise zu
beendigen, demungeachtet die Entbindung zu bewerkstelligen;
Schiefstände des Kopfs (welche entweder zuvor die tiefere
Hereinleitung desselben oder die Wendung auf die Füße er-
fordert hätten), ja selbst die nicht hinlängliche Eröffnung des
Muttermundes und dergleichen, werden ihm nach fruchtlosen,
oft gleichfalls ungeschickten Zangenversuchen, zur Anzeige für
die Excerebration, und (es ist schrecklich zu sagen) zur Ver-
anlassung ein vielleicht noch nicht abgestorbenes Kind umzubrin-
gen, oder der Mutter durch unvorsichtige Führung der Instrumente
die gefährlichsten Verletzungen zuzufügen. Gründe genug wel-
che jeden angehenden Geburtshelfer bestimmen sollten, eine Ope-
ration, welche doch wirklich nur in sehr seltnen Fällen unum-
gänglich nöthig wird, *) nie ohne Berathung mit einem an-
dern erfahrenen Geburtshelfer zu unternehmen.

§. 1239.

Bevor wir nun die Indicationen, welche das Unterneh-
men dieser Operation rechtfertigen, ausführlicher durchgehen,
ist es zunächst als unerläßliche Bedingung für dieselbe aufzu-
stellen, daß man von dem Tode des Kindes unbe-
streitbar sichere Zeichen vorgefunden habe
; eine
Bedingung von welcher nur diejenigen Verunstaltungen und
krankhaften Zustände des Kindes, welche schon an sich auf

*) Unter ohngefähr 1000 Geburten, welche nacheinander in 51/2 Jah-
ren in meiner Entbindungsanstalt vorkamen, war sie nur einmal
unvermeidlich nothwendig.

zeuge, wo immer moͤglich, zu vermeiden, ſo muß auch die
im Folgenden naͤher zu beſchreibende Operation durchaus nur
fuͤr wenige unvermeidliche Faͤlle aufgeſpart, gegen das unbe-
hutſame und nicht durch Vorhandenſeyn aller dazu erforder-
lichen Indicationen gerechtfertigte Unternehmen derſelben hin-
gegen, ernſtlich gewarnt werden. Der noch nicht hinlaͤnglich
Erfahrene naͤmlich ſieht nur allzuleicht hierin ein Mittel, in
Faͤllen wo eben ſeine eigene Geſchicklichkeit nicht
ausreicht
um die Geburt auf eine ſchonendere Weiſe zu
beendigen, demungeachtet die Entbindung zu bewerkſtelligen;
Schiefſtaͤnde des Kopfs (welche entweder zuvor die tiefere
Hereinleitung deſſelben oder die Wendung auf die Fuͤße er-
fordert haͤtten), ja ſelbſt die nicht hinlaͤngliche Eroͤffnung des
Muttermundes und dergleichen, werden ihm nach fruchtloſen,
oft gleichfalls ungeſchickten Zangenverſuchen, zur Anzeige fuͤr
die Excerebration, und (es iſt ſchrecklich zu ſagen) zur Ver-
anlaſſung ein vielleicht noch nicht abgeſtorbenes Kind umzubrin-
gen, oder der Mutter durch unvorſichtige Fuͤhrung der Inſtrumente
die gefaͤhrlichſten Verletzungen zuzufuͤgen. Gruͤnde genug wel-
che jeden angehenden Geburtshelfer beſtimmen ſollten, eine Ope-
ration, welche doch wirklich nur in ſehr ſeltnen Faͤllen unum-
gaͤnglich noͤthig wird, *) nie ohne Berathung mit einem an-
dern erfahrenen Geburtshelfer zu unternehmen.

§. 1239.

Bevor wir nun die Indicationen, welche das Unterneh-
men dieſer Operation rechtfertigen, ausfuͤhrlicher durchgehen,
iſt es zunaͤchſt als unerlaͤßliche Bedingung fuͤr dieſelbe aufzu-
ſtellen, daß man von dem Tode des Kindes unbe-
ſtreitbar ſichere Zeichen vorgefunden habe
; eine
Bedingung von welcher nur diejenigen Verunſtaltungen und
krankhaften Zuſtaͤnde des Kindes, welche ſchon an ſich auf

*) Unter ohngefaͤhr 1000 Geburten, welche nacheinander in 5½ Jah-
ren in meiner Entbindungsanſtalt vorkamen, war ſie nur einmal
unvermeidlich nothwendig.
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[355/0379] zeuge, wo immer moͤglich, zu vermeiden, ſo muß auch die im Folgenden naͤher zu beſchreibende Operation durchaus nur fuͤr wenige unvermeidliche Faͤlle aufgeſpart, gegen das unbe- hutſame und nicht durch Vorhandenſeyn aller dazu erforder- lichen Indicationen gerechtfertigte Unternehmen derſelben hin- gegen, ernſtlich gewarnt werden. Der noch nicht hinlaͤnglich Erfahrene naͤmlich ſieht nur allzuleicht hierin ein Mittel, in Faͤllen wo eben ſeine eigene Geſchicklichkeit nicht ausreicht um die Geburt auf eine ſchonendere Weiſe zu beendigen, demungeachtet die Entbindung zu bewerkſtelligen; Schiefſtaͤnde des Kopfs (welche entweder zuvor die tiefere Hereinleitung deſſelben oder die Wendung auf die Fuͤße er- fordert haͤtten), ja ſelbſt die nicht hinlaͤngliche Eroͤffnung des Muttermundes und dergleichen, werden ihm nach fruchtloſen, oft gleichfalls ungeſchickten Zangenverſuchen, zur Anzeige fuͤr die Excerebration, und (es iſt ſchrecklich zu ſagen) zur Ver- anlaſſung ein vielleicht noch nicht abgeſtorbenes Kind umzubrin- gen, oder der Mutter durch unvorſichtige Fuͤhrung der Inſtrumente die gefaͤhrlichſten Verletzungen zuzufuͤgen. Gruͤnde genug wel- che jeden angehenden Geburtshelfer beſtimmen ſollten, eine Ope- ration, welche doch wirklich nur in ſehr ſeltnen Faͤllen unum- gaͤnglich noͤthig wird, *) nie ohne Berathung mit einem an- dern erfahrenen Geburtshelfer zu unternehmen. §. 1239. Bevor wir nun die Indicationen, welche das Unterneh- men dieſer Operation rechtfertigen, ausfuͤhrlicher durchgehen, iſt es zunaͤchſt als unerlaͤßliche Bedingung fuͤr dieſelbe aufzu- ſtellen, daß man von dem Tode des Kindes unbe- ſtreitbar ſichere Zeichen vorgefunden habe; eine Bedingung von welcher nur diejenigen Verunſtaltungen und krankhaften Zuſtaͤnde des Kindes, welche ſchon an ſich auf *) Unter ohngefaͤhr 1000 Geburten, welche nacheinander in 5½ Jah- ren in meiner Entbindungsanſtalt vorkamen, war ſie nur einmal unvermeidlich nothwendig.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/379>, abgerufen am 21.11.2024.